Silvesternacht im Tegernseer Tal
“Die Dummheit der Menschen kennt keine Grenzen”

Für die Polizei war es eine ruhige, normale Silvesternacht. Die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal ist jedoch maßlos enttäuscht. Die Dummheit der Menschen sei grenzenlos. Sogar mehrere Hilferufe gingen ein.

Silvester nach Corona: Polizei und Vereine ziehen ein unterschiedliches Fazit. / Quelle: Redaktion

Nach zwei Jahren “stillem Silvester” während der Corona-Pandemie durfte an diesem Jahreswechsel wieder geböllert werden. Das bayerische Landeskriminalamt warnte zuvor, was zu beachten ist (wir berichteten). Die Polizei Bad Wiessee erklärt auf Nachfrage, dass es für sie eine ruhige Silvesternacht gewesen sei. Lediglich ein Baum in Gmund sei aufgrund eines Feuerwerkskörpers in Brand geraten.

Auf die Frage, ob viel geschossen wurde, verkündete ein Sprecher der Wiesseer Polizeidienststelle, dass alle begeistert gewesen seien, dass es doch wieder so viel zu sehen gegeben hat. “Die Silvesternacht war eher normal”, lautet auch das Fazit der Miesbacher Polizei.

In Holzkirchen stand hingegen ein Einfamilienhaus in Flammen, zig Feuerwehren und Einsatzkräfte waren vor Ort. Die Brandursache ist noch immer unklar. Laut dem Pressebericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd sei der Jahreswechsel insgesamt im Oberland von vielen Einsätzen geprägt gewesen. “Die Nacht auf den Jahreswechsel 2023 verlief im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd einsatzreich. In der Silvesternacht wurden die Beamtinnen und Beamten der Polizeidienststellen im südlichen Oberbayern zu 274 Einsätzen gerufen.”

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Entgegen der Aussagen der örtlichen Polizei hinsichtlich der Freude über die vielen Feuerwerke, hat Angela Brogsitter-Finck von der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) die Silvesternacht alles andere als ruhig erlebt. Sie findet deutliche Worte:

Wir sind maßlos enttäuscht. In Zeiten, wo wir täglich die grauenhaften Bilder aus der Ukraine sehen und die Menschen jammern, sie hätten kein Geld, wird so viel geschossen. Anstatt, dass wir froh sind, dass uns keine Bomben auf den Kopf fallen. Die Dummheit der Menschen kennt keine Grenzen mehr. Angela Brogsitter-Finck, Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal

Der Verein habe bereits vor Jahren die Initiative “Feiern ohne Feuern” gegründet, um die Menschen zu sensibilisieren und der Knallerei vorzubeugen. Doch laut der Vorsitzenden habe dies nicht geholfen. Sie sei regelrecht schockiert, wie intelligente Menschen so rücksichtslos sein können. “Die Leute tun immer so, als seien sie auf die Umwelt bedacht oder tierlieb, aber wenn es um das eigene Vergnügen geht, vergessen sie all das”.

Die Polizisten nennen es eine friedliche Nacht. Wollen die noch mehr Krieg? Ich bin unfassbar wütend. Angela Brogsitter-Finck, Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal

Laut ihrer Aussage seien im Bundesgebiet neunzehn Millionen Euro ausgegeben worden für Feuerwerkskörper, dabei seien knapp zwei Millionen von München vor Weihnachten in den Urlaub geflogen. “Und das, wo die Leute jammern, sie hätten kein Geld und noch mehr Hilfen vom Staat fordern”.

Johanna Ecker-Schotte, Vorsitzende des Tierschutzvereins Tegernseer Tal, sieht es ähnlich. “Es war eine Katastrophe. Wir brauchen uns bei dieser Ignoranz der Menschen nicht mehr als Ökomodellregion und Landschaftsschutzgebiet bezeichnen”, äußert sie sich ebenso wütend. Mit einem Begrüßen des neuen Jahres habe dies nichts mehr zu tun.

Mehrere Hilferufe aus dem Tal

Neben den Giftstoffen und dem Müll dürfe man auch die Tiere nicht vergessen. Jedes Jahr entlaufen viele Hunde aus Panik vor dem lauten Feuerwerk. Laut dem Tierschutzverein Tegernseer Tal habe es glücklicherweise heuer keinen bekannten Zwischenfall gegeben. Einige Hilferufe aus dem Tal erreichten Brogsitter-Finck dann aber doch noch.

Eine Tal-Bewohnerin beispielsweise habe eine E-Mail geschrieben und berichtet, es sei in Rottach-Egern so schlimm gewesen, dass morgens kein einziger Vogel zur Futterstelle kam und auch die Wildkatze habe sich nicht blicken lassen. “Für das eigene Vergnügen vergessen die Leute sogar die Tiere und am allerschlimmsten oftmals auch ihre eigenen Haustiere”, so die Vorsitzende.

Ein engagierter Wiesseer schrieb: “Der Start in das neue Jahr war hier in Bad Wiessee in Sachen Feuerwerk eine wirkliche Katastrophe. Bereits am Nachmittag waren die ersten Böller zu hören. Später dann ein nicht enden wollender Dauerbeschuss mit Raketen, wie ich es hier noch nicht erlebt habe. Für die gesamte Fauna vom kleinen Vogel bis zum Hirsch ein wahnsinniges Drama”.

Kreuth als Vorbild

Die Gemeinde Kreuth hat als eine der wenigen Gemeinden im Landkreis Miesbach bewiesen, dass es auch anders geht. Hier wurde erneut im Ort aufgefordert, auf das Feuerwerk zu verzichten. Stattdessen wurde eine Lasershow angeboten. Bürgermeister Josef Bierschneider zeigte sich sehr zufrieden mit der Nacht. Rund 500 Besucher seien vor Ort gewesen. Im Vorfeld habe es an einer Großleinwand einen Jahresrückblick mit Bildern gegeben, bevor dann der Jahreswechsel mit einer Lasershow eingeleitet wurde.

Im Vergleich zu den Vorjahren wurde erheblich weniger geschossen. Wir sind zufrieden! Josef Bierschneider, Bürgermeister der Gemeinde Kreuth

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