SPD gegen Ausbau der A8 zwischen München und Rosenheim
Wer Straßen sät, wird Stau ernten

Im Verkehrswegeplan ist alles fix: Die Salzburger Autobahn zwischen Hofolding und Holzkirchen wächst um vier Spuren. Doch die SPD-Ampel-Koalitionskollegen vor Ort wollen lieber mehr ÖPNV. Ein Überblick.

A8 und übliche Blechlawine/ Quelle: Archiv

Zehn Kilometer liegen zwischen den beiden Anschlussstellen. Wald und Wiesen sind es meist. 80 Hektar Land sollen versiegelt werden, vier Spuren und ein Standstreifen dazukommen, so der Traum der Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Südbayern. So sagt ihr Sprecher Josef Seebachers: „Der Abschnitt ist stauträchtig, weil wir unendlich viel Verkehr haben, der dann Richtung Tegernsee abzweigt.“ Also, her mit den Streifen.

Alexander Radwan träumt von noch mehr Spuren

Denn später sollen noch einige Kilometer dazukommen: von der Leitzachsenke über den Irschenberg bis Dettendorf (Landkreis Rosenheim). Kosten aktuell prognostiziert: 350 Millionen Euro. Man kann aber bei der üblichen staatlichen Budgetbetreuung wohl getrost von einer halben Milliarde Euro ausgehen. Ist es das wert? Alexander Radwan, CSU-Bundsestagsabgeordneter, antwortet mit einem sicheren „Ja, wir unterstützen das schon lange.“ Sein Kollege von den Grünen, Karl Bär, sieht das anders: „Mehr Fahrspuren halte ich für grundfalsch, das darf so nicht passieren.“ Schon die neue Autobahnbrücke an der Ausfahrt Holzkirchen ist für ihn nicht erklärbar: Sie kostet mehr als 20 Millionen Euro, ist schon für vier Spuren ausgelegt. Damit werden für Karl Bär schon „Schritt für Schritt Tatsachen geschaffen.“

Die SPD Miesbach will lieber ÖPNV

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Bruno Peetroons, SPD-Landtagskandidat

Die SPD im Landkreis Miesbach spricht sich jetzt gegen den Ausbau aus. Sie forderte heute „den Landrat auf, sich gegenüber der Landes- und Bundesregierung gegen den Ausbau einzusetzen.“ Der SPD Kreisvorsitzende Bruno Peetroons, der in Holzkirchen wohnt, dazu: „Als der Ausbau beschlossen wurde, waren mehr Straßen die Standardlösung gegen Stau – heute wissen wir: Wir müssen mehr auf den ÖPNV setzen und den Individualverkehr reduzieren, statt immer mehr Natur für Straßen zu opfern!“ Die SPD-Kreistagsfraktion beruft sich in einem Antrag an den Kreistag nicht nur auf die Klimapolitik, die ein Umsteuern in der Mobilität erzwingen würde, sondern zweifelt auch den Nutzen eines Autobahnausbaus an.

Was sagt die Studienlage?

Es ist eine Binse, dass mehr Straßen mehr Stau erzeugen. Warum? Nachweislich machen neue Autobahnen den Individualverkehr noch attraktiver und führen damit zu einem größeren Verkehrsaufkommen. Zu diesem Ergebnis kommen inzwischen die meisten Studien. Kurz: Wer Straßen sät, wird Stau ernten. Aber es sind nicht nur die Urlaubs-Lustigen, die ins Tal fahren, oder es einfach als Abkürzung nehmen. Auch die Zahl der Pendler, die aus unserem Landkreis, wie aus dem Nachbarlandkreis Rosenheim nach München täglich die Autobahn befahren, steigt kontinuierlich in den letzten Jahren.

Zu viel Geld gleich zu viel Mobilität gleich zu viel CO₂

Mehr Wohlstand führt zu einem steigenden Wohnraumbedarf pro Person. Ebenso wie er dazu führt, dass mehr Menschen sich Fahrzeuge leisten können und mehr unterwegs sind. „Vor dem Hintergrund der CO₂-Zielsetzungen ist das definitiv zu viel Mobilität“, sagt Tobias Kuhnimhof, Professor am Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr von der Uni Aachen. „Wollten wir unsere Zielsetzungen erreichen, müssten wir unsere Fahrleistung wieder auf das Niveau vor 20 Jahren zurückschrauben.“ Die meisten Staus, weiß die Verkehrsforschung heute, entstehen nur zu bestimmten Tageszeiten, wenn die Nachfrage kurzfristig die Streckenkapazität deutlich übersteigt, etwa aufgrund des Pendlers oder touristischen Verkehrs. „Theoretisch könnten wir Autobahnen bauen, an denen so etwas nie passiert – aber die meiste Zeit des Jahres würden die Kapazitäten die Nachfrage in irrwitziger Weise überschreiten“, sagt Professor Kuhnimhof. Der volkswirtschaftliche Schaden einer solchen Überdimensionierung wäre enorm, die notwendige Flächen-Versieglung ebenfalls. „Bereits heute sind fünf Prozent der Flächen in Deutschland für Verkehrswege asphaltiert“, betont der Verkehrsforscher. Das entspricht der Fläche des Bundeslandes Sachsen. Es rächt sich, dass in den vergangenen Jahren eine nachhaltige und robuste ÖPNV-Lösung in unserem Landkreis von den Verantwortlichen eher lustlos angegangen wurde. Politikerinnen wie Ilse Aigner oder der gewesene Verkehrsminister Andi Scheuer kümmerten sich nicht um Züge, lieber waren den beiden CSUlern Straßen. Letztlich wissen alle Beteiligten, dass die Zeiten eines exzessiven Ausbaus vorbei sind.

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