Am Wochenende wurde in Rottach-Egern ein Fuchs von drei Hunden gerissen. Hundetrainerin, Kerstin Lühr, erklärt uns, warum der Frühlingsspaziergang mit dem Vierbeiner die Beziehung auf die Probe stellt.
Am vergangenen Wochenende haben drei Hunde einen Fuchs gerissen, was ist hier schiefgelaufen?
Eine Stellungnahme, ohne den genauen Hergang zu kennen, ist natürlich nur mutmaßlich. Bin ich als Hundehalter mit drei frei laufenden Hunden unterwegs, muss jeder ‘einzelne’ für mich kontrollierbar sein. Drei Hunde abzurufen verlangt mehr als nur einen Hund zu rufen. Ich muss schon vorher wissen, ist der Bezug zu jedem einzelnen Hund da? Wenn er nicht da ist, werde ich in einer Situation wie dieser Schwierigkeiten bekomme.
Drei Hunde bilden ein Rudel, damit ist es deutlich schwerer, sie abzurufen, da sich eine Eigendynamik unter den Hunden entwickelt. Kerstin Lühr, Hundecoach
Das kann blitzschnell gehen und ist für ein ungeübtes Auge kaum wahrnehmbar. Mit einem, zwei, oder mehreren Hunden unterwegs zu sein, heißt für mich als Hundebesitzerin immer achtsam und aufmerksam die Umgebung ‘im Auge’ zu haben, um es zumindest zu ermöglichen, in Gefahrensituationen noch eingreifen zu können.
Wenn ein Hund ein Tier reißt, ist das dann menschliches Versagen?
Grundsätzlich ist der Mensch in der Aufsichtspflicht und gerade in Waldgebieten ist besondere Aufmerksamkeit gefragt. Dennoch haben wir es mit einem Tier zu tun, das, wie in diesem Fall, über Generationen genau dafür gebraucht wurde – zur Jagd. Als Hundehalter sollte ich mir dieser Verantwortung bewusst sein. Wenn einem Hund ein Hase vor die Nase läuft, dann reagiert er oft instinktiv. Auch ein gut erzogener Hund, kann erstmal hinterherspringen.
Dennoch haben wir es mit einem Tier zu tun, das (…) über Generationen genau dafür gebraucht wurde – zur Jagd.
Kerstin Lühr, Hundecoach
Woran erkenne ich, dass mein Hund und ich ein gutes Team sind?
Der Hund achtet beim Spazierengehen auf mich. Der Job des Hundes ist es, darauf zu achten, was ich tue. Wenn ich umdrehe, kommt er mit. Gerade, wenn sie klein sind, haben sie einen ausgeprägten Folgetrieb. Irgendwann hört das auf. Das muss man permanent fördern. Rufen ist für die Fälle vorbehalten, in der der Hund wirklich horchen muss.
Also erkenne ich, dass wir kein gutes Team sind, weil der Hund tut, was er will?
So kann man das sagen. Ich erkenne das, wenn der Hund ständig an der Leine zieht. Er achtet nicht auf seine Leute. Und: Er kommt nicht, wenn er gerufen wird. So ein Hund kennt keine Grenzen. Das passiert klassischerweise, wenn man dem Hund ständig die Entscheidung überlässt. Es geht aber darum, dass mir mein Hund vertraut. Viele Leute denken, der Hund vertraut mir, wenn ich alles für ihn tue. Dabei geht es darum, klare Grenzen zu ziehen, damit sie verstehen, dass ich entscheide.
Warum passieren solche Unfälle gerade im Frühling?
Die Gräser wachsen und viele Wildtiere nisten hier. Auch am See, im Schilf oder eben in den Wiesen im Wald. Jetzt geht es darum, dem Hund beizubringen, bleib auf dem Weg. Ich muss schon vorher gelernt haben, dem Hund Grenzen zu setzen.
Jetzt geht es darum, dem Hund beizubringen, bleib auf dem Weg. Ich muss schon vorher gelernt haben, dem Hund Grenzen zu setzen. Kerstin Lühr, Hundecoach
Sie haben auch zwei Hunde, wie gehen sie damit um, wenn ihnen beim Spaziergang z.B. eine Familie mit Kleinkindern entgegenkommt?
Kommt mir eine Familie mit Kindern oder eine Joggerin entgegen, ist es für mich selbstverständlich, dass ich meine Hunde an die Leine nehme.
Wann sollte ich mir Hilfe holen?
Viele Hundebesitzer holen sich erst dann Hilfe, wenn der Leidensdruck sehr hoch ist. Sinnvoll ist es spätestens dann, wenn ich merke, da passiert was mit meinem Hund. Oder eben, wenn mir von außen der Spiegel vorgehalten wird und mich die Situation nicht mehr alleine betrifft. Wichtig ist, dass man die Hilfe annehmen kann, sonst bringt das nichts.
Noch ein Anliegen?
Ich glaube, dass wir die Diskrepanz zwischen Hundebesitzern und Nicht-Hundebesitzern verbessern können, indem wir gut miteinander umgehen und aufeinander achten.
Vielen Dank, Kerstin Lühr, für das Gespräch.
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