Er ist kein Laut-Sprecher. Der Gmunder Bürgermeister Alfons Besel suchte selten Streit, immer den Konsens. Er steht jetzt zur Wiederwahl. Wir haben ihn getroffen.
An der Wand ein Bild von Ludwig Erhard. Auf den Fenstersimsen fristen einige Topfpflanzen ein eher tristes Dasein. Vom Eck schaut der gekreuzigte Jesus auf Besels Schreibtisch. Bürgermeister-Büros könnten in jeder Stromberg-Serie auftauchen. Funktional und eher nüchtern. So, als könne jederzeit ein anderer einziehen. Das Interview findet am Besprechungstisch statt. In der Mitte eingearbeitet ist das Wappen der Gemeinde. Alfons Besel nimmt sich Zeit.
Herr Besel, sechs Jahre sind Sie jetzt im Amt. Warum soll Ihnen die Gmunder Bürgerschaft eine weitere Amtszeit „spendieren“?
Den Begriff ‘spendieren’ empfinde ich als unpassend. Gmund ist eine wunderbare Gemeinde, in der nicht gejammert, sondern wo angepackt wird. Da bin ich von meinem Werteverständnis einfach der richtige, um das zu unterstützen, zu begleiten und tatkräftig mitzugestalten.
Etwas schwammig. Konkret: Welche Erfolge können Sie vorweisen?
Wir haben massiv unsere Infrastruktur angepackt. Der Mangfall-Steg ist neu gebaut worden, wir haben die Seestraße saniert, die Kinderkrippe wurde erweitert.
Viele Grundstücke konnten für die Gemeinde erworben werden: Bauland, Entwicklungsflächen, insgesamt über 8.500 Quadratmeter sind so aus privater in kommunale Hand übergeführt worden und geben uns so Gestaltungsspielraum für die Zukunft – ob für den Ausbau der Kinderbetreuung oder für bezahlbaren Wohnraum. Zudem investierte die Gemeinde die letzten sechs Jahre kräftig in den Ausbau der Fahrradinfrastruktur. Zu sehen ist dieser Erfolg in der Zertifizierung zur fahrradfreundlichen Kommune im Jahr 2023.
Lassen Sie uns zur Kita-Frage später kommen und gestatten Sie uns einen Rückblick. In Ihren sechs Amtsjahren gab es zwei große Krisen. Das eine war die Pandemie, und das andere war der Überfall Russlands auf die Ukraine und die damit verbundenen Konsequenzen für unser Land, für unsere Kommunen.
Wir hatten zeitweilig bis zu 70 Personen aus der Ukraine aufgenommen. Hier konnte man sehen, wie sehr der Ort in Krisen auch zusammenhält. Wohnungsbesitzer, auch Zweitwohnungseigentümer, haben ihren Wohnraum zur Verfügung gestellt. Der Helferkreis, der bereits 2015 die Flüchtlinge begleitet hat, wurde reaktiviert.
Es war eine mächtige Herausforderung, aber wir haben sie mit Zusammenhalt, so finde ich, sie im Ort sehr gut gelöst. Alfons Besel, 1. Bürgermeister Gemeinde Gmund
Sie sprachen über Infrastruktur. Seltsamerweise kam in dieser Aufzählung die Digitalisierung nicht vor. In Ortsteilen wie Moosrain oder Finsterwald ist der Ausbau mehr als dürftig und selbst im Gmunder Ortsmitte-Bereich ist es gerade Mittelmaß. Das hat ja zum Beispiel auch Auswirkungen, auf örtliche Firmen zum Beispiel.
Grundsätzlich bauen private Anbieter in den Hauptorten eigenwirtschaftlich das Glasfasernetz aus. Die außerorts liegenden Gebiete werden durch die Gemeinde erschlossen. Letzten November hat die Gemeinde Gmund einen Bewilligungsbescheid in Höhe von 12 Millionen Euro bei einem Fördersatz von 90 % bekommen und kann nun die bisher ungenügend versorgten Bereiche weiter erschließen. Wir forcieren das Ganze zusätzlich, in dem wir bei Straßenbaumaßnahmen, mit der vorausschauenden Mitverlegung von Speedpipes den schnellen Ausbau von Glasfaser unterstützen. Darin können auch die privaten Anbieter ihre Glasfaserleitungen verlegen. Aber sicher: Ich wünsche mir auch, dass alles schneller gehen würde.
Wohnraum. Bezahlbarer Wohnraum. Ein Dauerthema. Sucht man auf einschlägigen Immobilienseiten, findet man für Zwei-Zimmerwohnungen Angebote ab 1.000 Euro…
Ja, ich bin mir der Situation sehr bewusst. Wir als Kommune versuchen mit diversen Programmen dagegen zu steuern. Einerseits kaufen wir Baugrund. Da ist zum Beispiel eine 6000 Quadratmeter Fläche an der Bernöcker Siedlung, die wir erworben haben, um sie ressourcenschonend für junge Familien als Bauland auszubauen. Wir haben zudem 105 Gemeindewohnungen. Aber uns als Kommune sind da auch Grenzen gesetzt. Wir können selber bauen und Familien Raum für das Bauen zur Verfügung stellen.
Mir war und ist es wichtig, Wohnraum für junge Familien zu schaffen, damit Gmund nicht überaltert. Das wiederum schafft aber neue Herausforderungen… Alfons Besel, 1. Bürgermeister Gemeinde Gmund
Das ist eine schöne Überleitung. Denn junge Familien wollen KITA-Plätze. Erst jüngst haben sie einen Hort schließen müssen. So richtig dufte ist das für junge Familien nicht.
Ja, uns fehlt derzeit ein/e Erzieher/in in der Hortgruppe. Eine Kinderbetreuung ist in Deutschland ohne Fachkraft nicht erlaubt. Wir mussten daher improvisieren, um für die 23 Kinder aus dem Hort kurzfristig eine Lösung zu finden: Wir werden sie in die Mittagsbetreuung erst einmal integrieren.
Für das nächste Jahr planen wir für die Kinderbetreuung eine erweiterte Übergangslösung mit drei Containern in der Nähe der Realschule an. Dazu stehe ich gerade in Verhandlungen mit dem Landwirt für die Fläche.
Was ist denn aus der großen Lösung für das Dürnbacher Feld geworden? Das wurde vor über einem Jahr ja recht klar angekündigt. Irgendwie hört man da nichts mehr.
Doch, das ist noch nicht vom Tisch. Der Bau wird sich nach Osten verschieben, aber generell wollen wir dort eine moderne Einrichtung für die Kinderbetreuung bauen. Es bietet sich auch aus logistischen Gründen an, das Piusheim nicht auszubauen, sondern in Dürnbach etwas Neues zu schaffen. Die Kinder aus Finsterwald, Festenbach, Moosrain und Dürnbach haben dorthin kürzere Wege und die Verkehrsbelastung am jetzigen Standort wird reduziert werden.
Warum schließt sich Gmund nicht einfach an den evangelischen KITA-Verbund im restlichen Tegernseer Tal an? Man spart Verwaltungskosten, könnte in Fragen des Personals Synergien schaffen…
Man muss halt einfach mit spitzem Bleistift überlegen. Und weiter gilt es zu hinterfragen, ob zwei unterschiedliche Systeme gut parallel bestehen können. Ich stehe beiden Lösungen offen gegenüber.
Sie selbst bezeichnen sich als Brückenbauer. Und die ein oder an der Brücke ist ja gelungen. Nur, am östlichsten Zipfel der Gemeinde, an der Grenze zu Wall, klafft eine Lücke. Die Bewohner an der Mangfall müssen seit Monaten riesige Umwege in Kauf nehmen, wenn sie von oder nach Miesbach fahren wollen. Was ist da passiert? Und wann wird diese kleine Brücke endlich fertiggestellt?
Ja, das ist ein rechtes Ärgernis! Fakt ist: Die Brücke konnte nicht im Zeitplan fertiggestellt werden. Die Baufirma, die das abgewickelt hat, ist bei anderen Projekten perfekt gewesen, hat immer alles super abgewickelt. Der Fehler liegt bei den instabilen Fertigteilträgern. Zusammen mit der Gemeinde Warngau haben wir die beteiligten Unternehmen aufgefordert, neue Träger zu liefern, damit die Brücke fertiggestellt wird.
Herr Besel, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Infos zum Kandidaten
Herr Alfons Besel, geboten am am 17. März 1966 in Tegernsee. Zwei erwachsene Söhne.
Seit 2000 bei der FWG (Freien Wähler Gemeinschaft). Diplom Verwaltungswirt (FH) und Verwaltungsbetriebswirt (BVS). Master of Mediation (Fernuni Hagen).
SOCIAL MEDIA SEITEN