Urteil Luxus-Chalet Bad Wiessee
Alm-Oase: Bitte wegmachen!

Seit zwei Jahren streitet sich das Landratsamt mit einem Unternehmer um seine schicke Alm oberhalb von Bad Wiessee. Gestern stieg die Justiz zu Berge, um ein Urteil zu sprechen: Die Alm muss weg.

ausblick luxus-chalet bad wiessee 2024
Ausblicke können sie: Wieder eine Alm an einem großartigen Ort oberhalb von Bad Wiessee. Foto: Redaktion

Und so begab es sich, dass das Münchner Verwaltungsgericht auf Wanderschaft ging. Zu einer kleinen Almhütte, einst eine Tenne, jetzt das kleine Glück eines Münchners; mit einem fantastischen Ausblick über den Tegernsee – aus dem Hot-Tub.

Doch die Freude über die kleine Klause am Berg hat ihre Schattenseiten. Denn das Landratsamt, die oberste Baubehörde, sieht darin einen illegalen Bau, und der soll weg. Der Besitzer, Sohn eines Unternehmers, klagte dagegen.

Dafür wurde gestern ein “Augenscheintermin” anberaumt: reingucken in die Prachtalm wollen die Juristen vom Münchner Verwaltungsgericht und die Abgesandten des Landratsamtes Miesbach. An die 25 Leute treffen sich vor der Alm-Oase oberhalb von Bad Wiessee. Einige in Anzug oder Kostüm, andere in türkiser Funktionskleidung und Wanderrucksack. Statt des Sohnemanns, der aus Studiengründen dem Spektakel fernbleibt, soll Papa das jetzt richten.

Anzeige

Der ist ein schlanker Mann: Hut auf dem Kopf, Sonnenbrille auf der Nase, rotes Einstecktuch an der Brust. Gestützt auf zwei Teleskop-Stöcken beobachtet er meist sitzend die Verhandlung. Er wirkt charmant und gelassen, wird aber auch als vehement und durchsetzungsstark beschrieben.

Geschichte einer Waldarbeiterhütte

Die Presse wartet auf dem breiten Forstweg. Derweil geht die Herren-Gesellschaft vor die Hütte, blickt nach oben und nach unten, tritt hinein und wieder heraus. Steigt dann hinauf, um sich ein Bild vom Zaun zu machen, der das Luxus-Chalet einrahmt; denn der soll auch weg. Muss er dann aber doch nicht. Das alles dauert etwas mehr als eine Stunde. Denn vor etwa vier Jahren wurde die Hütte umgebaut. Ein Badezuber auf die Terrasse, eine neue Holzummantelung, größere Fenster; ein Chalet soll es sein, keine Alm.

“Der Balken war da”

Der öffentliche Teil wird noch länger und zum Teil heiter. Weil sich die Juristen vom Landratsamt, Kläger und Richter alle in die nächste Instanz frotzeln, so der Eindruck der anwesenden Laien.

Inhaltlich geht es vor allem darum, ob die Tenne einen Bestandschutz gehabt habe. Nein, sagt das Landratsamt. Ja, sagt die Klägerseite. In den späten 50er Jahren fanden hier Waldarbeiter Unterstand, wenn es regnete oder der Wind ins Gesicht blies. Eine Chalet war es damals nicht, da sind sich alle einig. Aber eine Hütte war da und eben “nicht vom Himmel gefallen”, sagt der Richter. Das ist deswegen wichtig, weil ein heimlicher Bau im Außenbereich illegal hoch zwei ist.

Aber Bestandsschutz? Wenn ja, dann sind Holzverschalung, Fenstereinbauten, Terrasse – solange sie in den Maßen des ursprünglichen Gebäudes bleiben – großteils genehmigungsfrei. Für die Frage, ob der gilt oder nicht, muss ein Balken herhalten.

Der Anwalt der Almbesitzer pocht auf seine statische Relevanz (dann muss man sich das genehmigen lassen). Die Gegenseite entwirft daraus eine Art Deko-Element, das kein Dach halte. Das birgt die Chance für die Angeklagten noch ein Fachgutachten zu zimmern und den Prozess “ad Infinitum” (bis in die Ewigkeit, Anmerkung der Redaktion) zu ziehen, so der Richter weise, der genau das nicht will.

Schwarzbauten drumherum

Spannend ist der Fall deswegen, weil im Landstrich der Gemeinde Bad Wiessee jüngst ein anderer Schwarzbau von sich reden machte. Die Saurüsselalm ist seit dem Rückzug der Baugenehmigung gleichfalls höchst illegal. Das veranlasst den Richter zum freundlichen Wink an die Streitparteien: “Das, was hier gemacht wurde, ist im Vergleich zu anderen Änderungsarbeiten in der Gegend bei weitem nicht der schlimmste Fall.”

Gleich elf illegale Bauten will der Anwalt der Angeklagten im Tal kennen. Einig wird man sich in diesen Stunden auf der Terrasse nicht. Das Landratsamt zeigt sich in dem Fall als unbarmherzig, will durchziehen, was es mit seinem Bescheid vor zwei Jahren bereits versucht hat.

Heute hat das Bayerische Verwaltungsgericht in der Hauptsache die Klage abgewiesen – nämlich die Beseitigung der Alm. Sprich: Die charmante Holzhütte muss weg.

P.S. Nein, der Jacuzzi lässt sich nicht per Fernbedienung steuern.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Berge und Almen Eilmeldung

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner