Urteil Luxus-Chalet Bad Wiessee
Alm-Oase: Bitte wegmachen!

Seit zwei Jahren streitet sich das Landratsamt mit einem Unternehmer um seine schicke Alm oberhalb von Bad Wiessee. Vorgestern stieg die Justiz zu Berge, um ein Urteil zu sprechen: Die Alm muss weg.

ausblick luxus-chalet bad wiessee 2024
Ausblicke können sie: Wieder eine Alm an einem großartigen Ort oberhalb von Bad Wiessee. Foto: Redaktion

Und so begab es sich, dass das Münchner Verwaltungsgericht auf Wanderschaft ging. Zu einer kleinen Almhütte, einst eine Tenne, jetzt das kleine Glück eines Münchners; mit einem fantastischen Ausblick über den Tegernsee – aus dem Hot-Tub.

Doch die Freude über die kleine Klause am Berg hat ihre Schattenseiten. Denn das Landratsamt, die oberste Baubehörde, sieht darin einen illegalen Bau, und der soll weg. Der Besitzer, Eduard Schwaab, klagte dagegen.

Dafür wurde am Mittwoch ein sogenannter “Augenscheintermin” anberaumt: reingucken in die Prachtalm wollten die Juristen vom Münchner Verwaltungsgericht und die Abgesandten des Landratsamtes Miesbach. An die 25 Leute trafen sich vor der Alm-Oase oberhalb von Bad Wiessee. Einige in Anzug oder Kostüm, andere in türkiser Funktionskleidung und Wanderrucksack. Statt des Sohnemanns, der aus Studiengründen dem Spektakel fernblieb, muss Papa das jetzt richten.

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Denn vor etwa vier Jahren wurde die Hütte umgebaut. Ein Badezuber auf die Terrasse, eine neue Holzummantelung, größere Fenster; ein Chalet sei es, keine Alm und dazu heimlich verschönert, so der Vorwurf.

Rudolf Schwaab ist ein schlanker Mann: Hut auf dem Kopf, Sonnenbrille auf der Nase, rotes Einstecktuch um den Hals. Gestützt auf zwei Teleskop-Stöcken beobachtet er meist sitzend die Verhandlung. Er wirkt charmant und gelassen, wird aber auch als vehement und durchsetzungsstark beschrieben. Er hat mehrere Familienunternehmen gegründet, die mit Campingplätzen und Freizeitanlagen Geld machen; oder vielmehr machten. So ist der Umsatz des größeren Familienverbundes, der Cher GmbH deutlich zurückgegangen.

Geschichte einer Waldarbeiterhütte

Die Presse wartet auf dem breiten Forstweg. Derweil geht die Herren-Gesellschaft vor die Hütte. Zur Hütte führt ein breiter Zufahrtsweg, eine Schranke trennt den Privatgrund ab. Links und rechts sind Bäume gewachsen, die den Blick auf den Streitgegenstand stark einschränken. Die Herren blicken nach oben und nach unten, treten hinein und wieder heraus. Steigen dann hinauf, um sich ein Bild vom Zaun zu machen, der das Luxus-Chalet einrahmt; denn der soll auch weg. Denn auch Wald gehört zum Besitz der Familie Schwaab. 14 HA Wald ist auch im Familienbesitz, im Vergleich zu Franz Josef Haslberger, der an die 500 HA Wald in Bad Wiessee besitzt, nur ein kleiner Fisch oder halt Reh.

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Tief eingeschneit; so sah die alte Tenne aus. Quelle: Landratsamt Miesbach, staatliches Bauamt.

“Der Balken war da”

Der öffentliche Teil wird lang und zum Teil heiter. Weil sich die Juristen vom Landratsamt, Kläger und Richter alle in die nächste Instanz frotzeln, so der Eindruck der anwesenden Laien.

Inhaltlich geht es vor allem darum, ob die Tenne einen Bestandschutz gehabt habe. Nein, sagt das Landratsamt. Ja, sagt die Klägerseite. In den späten 50er Jahren fanden hier Waldarbeiter Unterstand, wenn es regnete oder der Wind ins Gesicht blies. Eine Chalet war es damals nicht, da sind sich alle einig. Aber eine Hütte war da und eben “nicht vom Himmel gefallen”, sagt der Richter. Das ist deswegen wichtig, weil ein heimlicher Bau im Außenbereich illegal hoch zwei ist.

Aber Bestandsschutz? Wenn ja, dann sind Holzverschalung, Fenstereinbauten, Terrasse – solange sie in den Maßen des ursprünglichen Gebäudes bleiben – großteils genehmigungsfrei. Für die Frage, ob der gilt oder nicht, muss ein Balken herhalten.

Der Anwalt der Almbesitzer pocht auf seine statische Relevanz (dann muss man sich das genehmigen lassen). Die Gegenseite entwirft daraus eine Art Deko-Element, das kein Dach halte. Das birgt die Chance für die Angeklagten noch ein Fachgutachten zu zimmern und den Prozess “ad Infinitum” (bis in die Ewigkeit, Anmerkung der Redaktion) zu ziehen, so der Richter weise, der genau das nicht will.

Schwarzbauten drumherum?

Spannend ist der Fall deswegen, weil im Landstrich der Gemeinde Bad Wiessee jüngst ein anderer Schwarzbau von sich reden machte. Die Saurüsselalm ist seit dem Rückzug der Baugenehmigung gleichfalls höchst illegal. Das veranlasst den Richter zum freundlichen Wink an die Streitparteien: “Das, was hier gemacht wurde, ist im Vergleich zu anderen Änderungsarbeiten in der Gegend bei weitem nicht der schlimmste Fall.”

Gleich elf illegale Bauten will der Anwalt der Angeklagten im Tal kennen. Einig wird man sich in diesen Stunden auf der Terrasse nicht. Das Landratsamt zeigt sich in dem Fall als unbarmherzig, will durchziehen, was es mit seinem Bescheid vor zwei Jahren bereits versucht hat.

Gestern hat das Bayerische Verwaltungsgericht in der Hauptsache die Klage abgewiesen – nämlich die Beseitigung der Alm. Sprich: Die charmante Holzhütte muss weg.

P.S. Nein, der Jacuzzi lässt sich nicht per Fernbedienung steuern.

Randnotiz, 27. September 2024

Wir haben gestern eine erstere kürzere Fassung online gestellt und sie heute mit weiteren Infos ergänzt.

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