Protest gegen Gmunder Flächenversiegelung
Besel greift für Kinder ins Finanzpolster

Für einen Krippen-Neubau in Gmund soll fast ein Hektar einer Wiese in Dürnbach plattgemacht werden. Dagegen regt sich Widerstand. 

Die Kinderkrippe “Zwergenburg” wird zu klein / Archivbild

Von wegen Altersheim Tegernseer Tal: In Gmund brauchen sie mehr Platz für Kinder. Das jedenfalls glaubt der Gemeinderat und sein Bürgermeister Alfons Besel. 20 Kinder stünden auf der Warteliste, es müsse dringend eine Lösung her. 2012 hatte sein Vorgänger Georg von Preysing eine vier Hektar große Wiese in Dürnbach von der Familie Schörghuber gekauft. Sie sollte als Polster für schlechte Zeiten dienen. Jetzt ist es soweit. Auf etwa 800 Quadratmetern will die Gemeinde, so Besels Plan, Platz erst für ein Container-Provisorium bereitstellen. In drei Jahren soll dann dort eine Krippe stehen. 40 Kinder könnten dann dort betreut werden, langfristig sei eine Krippe mit fünf bis sechs Gruppen für rund 60 Kinder das Ziel.

Aber nicht jeder in der nördlichen Talgemeinde findet das gut: Ein Ehepaar aus Gmund hat sich nun an den Bürgermeister in einem Brief gewandt, der unserer Redaktion vorliegt: “Mit Entsetzen haben wir erfahren, dass in der Gemeinderats-Sitzung am 28.2.23 beschlossen werden soll, erneut 1.6 ha Grünfläche in Dürnbach zu versiegeln – … gegen alle seinerzeitigen Wahlversprechen und auch ständigen Beteuerungen, Natur zu erhalten und zu schützen.”

Das Ehepaar, das nicht namentlich genannt werden möchte, um Anfeindungen zu vermeiden (wer stellt sich schon gern gegen Kinderbetreuung?), glaubt, “dass es sich beim Dürnbacher Feld um eine intensiv landwirtschaftlich genutzte Wiese handelt”, und dass in den letzten Jahren den hiesigen Landwirten leider bereits große Flächen zur Nutzung entzogen wurden.

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Ist das jetzt nur ein vorgeschobenes Argument? Fakt ist: 2022 sind im Freistaat jeden Tag 10,3 Hektar vormals freies Land in Baugrund für Wohnen, Gewerbe und Verkehrswege umgewandelt worden – trotz des gegenteiligen Versprechens von CSU und Freien Wählern in ihrem Koalitionsvertrag von 2018. Alfons Besel von den Freien Wählern ficht das nicht an. Er hat schon Moosrain für die Firma Stang Platz für mehr Versieglung geschaffen. Klar, so hält man Unternehmen am Ort, und bleibt als Gemeinde dank der Steuereinnahmen vermögend und somit flexibel.

Aber im Fall des Dürnbacher Felds sehen die Kritiker Alternativen. Sie fordern eine Erweiterung der Krippe “Zwergenburg” in der Bichlmairstraße. Auch die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal hat sich dazu eingeschaltet. Angela Brocksitter-Fink: “Mir erscheint das Verfahrenstempo als sehr schnell und wenig transparent. Die Frage ist doch, ob man den Standort in der Bichlmairstraße nicht ausbauen könne, vielleicht gar aufstocken.”

Davon hält der Bürgermeister nichts. “Die Verkehrssituation dort sei schon jetzt sehr angespannt”, und spielt auf die Elterntaxis an. Die Kleinen könne man ja nicht mit dem Schulbus schicken. Zudem könne man nicht aufstocken, “da steht der Brandschutz dagegen”, so Besel. Er kenne keine KITA oder Krippe, die zweigeschossig sei.

Also wird die Wiese versiegelt? “Erst einmal muss ich wissen, was der Gemeinderat will, dann kann ich die Bürger informieren”, meint Besel. Heute Abend soll erst einmal ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan erfolgen. Die Wiese liege in einem Flächennutzungsplan, der eine “gemeindliche und soziale Nutzung” erlaube. Ob er neben den 600 Quadratmetern noch mehr Fläche dort verbauen will, hält Besel offen. “Ich kann mir dort Wohnraum für Angestellte der  Krippe, wie auch Häuser für ein Einheimischenprogramm vorstellen”, sagt Besel der Tegernseer Stimme gegenüber. Aber das sei noch Zukunftsmusik.

Wie er den Bau finanzieren will? Im Gegensatz zu den armen Verwandten im Süden des Tals kann Gmund aus dem Vollen greifen. “Hinter Holzkirchen, Miesbach stehen wir auf Platz drei bei der Kreisumlage”, betont Nettoeinzahler Alfons Besel stolz. Es gebe Rücklagen, Fördergelder und den Rest mache man mit Krediten. Da müsse keine Fläche aus der Wiese für private Bauträger verscheuert werden.

Es ist kein Zufall, dass sich Alfons Besel mit der Beschlussfassung beeilt und sie heute im Gemeinderat durchwinken lassen will: Am Donnerstag steht er den Bürgern in einer Versammlung Rede und Antwort, und da macht sich so ein KITA-Neubau ganz gut.

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