Bleiben wir daheim!

Jenseits von Panikmache ahnen wir: Die Welle rollt heran. Das Corona-Virus ist zur Zeit Herr des Geschehens. Wie wir als Gemeinschaft jetzt reagieren, ist für viele von uns existenziell.

Letzten Sonntag auf der Neureuth – die Redaktion ist sprachlos

Ein Kommentar von Martin Calsow

Es war ein absurdes Bild. Hunderte von Touristen und Ausflüglern in Biergärten und Eiscafés. Die Sonne schien. Und eine Stunde Luftlinie davon entfernt werden in Italien 80-jährige Patienten die Atemmasken vom Gesicht gezogen, um wenigstens 60-Jährige überleben zu lassen. Hier die Ruhe vor dem Sturm, dort der blanke Horror, wo Menschen allein sterben müssen, weil ihre Angehörigen sie nicht besuchen dürfen und weil Ärzte und Pflegekräfte bis zur völligen Erschöpfung damit zu tun haben, Kranke zu versorgen.

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Über die Bilder aus dem Bräustüberl mit den vollen Bierbänken regen sich viele Leser auf. Es passt so gut. Die Städter nutzen die „Corona-Zwangsferien“, und hier machen sich viele Wirte nochmal die Taschen voll. Aber das ist zu kurz gesprungen. Für die allermeisten passen die Bilder nicht zusammen: Hier die Idylle, die gesunden Menschen, die eigene Fitness. Dort die Warnungen, die Empfehlungen und die Einschränkungen.

Viele fürchten um ihre berufliche Existenz

Im Journalismus gibt es den Begriff der Text-Bild Schere. Man sieht etwas, aber der Text passt nicht dazu. Wenn man es zynisch auf die Corona-Krise verkürzt, fehlen die Bilder von Särgen und Massenbeerdigungen. Erst wenn die Erkrankungszahlen nach oben schnellen, wenn die Überlastung der Krankenhäuser auch bei uns real wird, werden wohl die Menschen daheimbleiben. So könnte es sein. Denn es steht ja nicht nur die persönliche Freiheit auf dem Spiel. Viele müssen ganz konkret um ihre berufliche Existenz fürchten. Diese Abwägung ist ein schlimmes Dilemma.

Mache ich den Laden dicht, schicke die Mitarbeiter heim? Wann wird das enden? Werde ich im Sommer ohne Arbeit dastehen? Es ist pure Unsicherheit. Das führt zu Fehlern. Besserwisserei hilft nicht, das Klagen über unvernünftige Menschen, das schnell den Ton des Mobs annimmt, ist sinnlos. Wir müssen uns auf Politiker und Experten verlassen, nicht auf Youtube-Videos. Wir sind nicht Einzelne, wir sind eine Gemeinschaft, die vor etwas steht, was wir noch nie in unserem Leben erlebt haben. Gerade wir hier müssen solidarisch sein: Im Tal leben überproportional viele ältere Menschen. Sie müssen geschützt werden.

Bleiben wir daheim …

Zum Schluss ein paar persönliche Anmerkungen: Der Schulunterricht ist nicht ohne Grund ausgesetzt worden. Wenn Teenager in vielen Beziehungen Rechte wie Erwachsene einfordern und oft auch zugestanden bekommen, müssen sie sich auch erwachsen verantwortlich zeigen. Das heißt, sich von Treffen und („Corona“)-Partys freiwillig und aus Verantwortungsbewusstsein fernhalten. Wenn diese Einsicht fehlt, müssen die Erwachsenen ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen und ihre Kinder nicht auf Partys gehen lassen. Dazu gibt es keine Alternative, wenn man seine Familie, Freunde und Nachbarn schützen will. Auch wer trotz Quarantäne und Beschluss des Landratsamtes seinen Laden öffnet, agiert im Grenzbereich der Straftat. Corona ist kein Kinderspiel.

Wer aber Ideen hat, wie wir alle unsere Gastronomen, Buchhändler und anderen in den nächsten Wochen helfen können, ist eingeladen, Vorschläge zu machen. Wir verbreiten gern. Auch richtet die TS eine extra Seite ein. Bleiben wir daheim, lernen wir wieder Bücher zu lesen (völlig eigennütziger Vorschlag!), Spiele mit den Kindern zu spielen oder schlicht in Ruhe zu kochen. Einatmen. Ausatmen.

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