Rottach-Egern:
Brennpunkt Popperwiese: Über Menschen und Hunde

Ein Mann wurde vorgestern an der Popperwiese von einem Hund angegriffen. Vor einem halben Jahr wurde ein Dackel von einem Jagdhund getötet. Haben wir unsere Hunde nicht im Griff?

Spielplatzidyll. Hier sind Hunde nicht erlaubt. Kratzt aber nicht alle, was man auch an Familien beobachten kann, die ihre Hunde auf dem Spielplatz freilaufen lassen. Foto: Redaktion.

Ein Spaziergänger, getrieben von der senilen Bettflucht, möchte den Tegernsee in seinen frühen Morgenstunden genießen. Er wählt dazu die Popperwiese. Es ist kurz vor sieben. Er flaniert über den Kiesweg Richtung Strand, setzt sich auf eine Bank, steht auf und sieht dann einen massiven Jadghund auf ihn zustürmen. Vom Kiosk sei er gekommen, gerade soll ihn sein Frauchen von der Leine gelassen haben. Einen Weimaraner will er darin erkennen. Der Modehund der Rottacher und Tegernseer In-Szene. Erst Anfang dieses Jahres hat ein Jagdhund ein Reh gerissen.

Dem Mann pocht der Puls. Doch erfahren, wie er ist, schaut er dem Hund direkt in die Augen und schnauzt ein lautes “Hau ab”. Der Hund bremst ein paar Zentimeter vor ihm im Kies. Zur Dame schimpft der Mann: “Nehmen Sie den Hund an die Leine, sonst kriegen sie Ärger!” Er kommt mit dem Schrecken davon.

Dass es manchmal nur wenige Sekunden sind, die man hat, wenn ein “Hund im Tunnel” ist, erläutert Kerstin Lühr, Hundeexpertin aus Rottach-Egern. Dann sind vor allem die Besitzer gefragt: Wie tickt mein Hund? Was passiert, wenn ich ihn von der Leine lasse? “Hinschauen”, sagt Lühr und dass ein Spaziergang ein Miteinander sei. Mit dem Hund und auch mit allen, die da so entgegenkommen.

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Weimaraner

Historisch stammt der Weimaraner aus Deutschland, wo er im frühen 19. Jahrhundert am Hof von Weimar für die Großwildjagd gezüchtet wurde. Seine genauen Ursprünge sind unklar, aber man glaubt, dass er von Bloodhounds, deutschen und französischen Jagdhunden abstammt. Ursprünglich für die Jagd auf Großwild wie Bären und Hirsche gezüchtet, wurde der Weimaraner später auch als Vogelhund beliebt. Seine Vielseitigkeit, Intelligenz und Ausdauer machten ihn zu einem bevorzugten Jagdbegleiter.

Der Weimaraner ist nicht für Menschen geeignet, die wenig Zeit oder Interesse an regelmäßiger körperlicher Aktivität und mentaler Stimulation haben. Er ist nicht ideal für Erstbesitzer von Hunden, da er eine konsequente Erziehung und starke Führung benötigt.

Anschließend geht der Mann zur Polizei. Er sähe dauernd Leute, die mit zu großen Hunden unterwegs seien und ärgert sich besonders über das Mantra der Hundebesitzer: “Der will doch nur spielen”.

Eine Dackel-Dame und ganz viel Liebe. Foto: Archiv.

Spielen geht tödlich aus

Dass auch das “Spielen” tödlich ausgehen kann, musste eine Hundebesitzerin aus Waakirchen leidvoll erfahren. Sie beobachtete auf ihrem täglichen Spaziergang mit ihrer Dackeldame zwei Jagdhunde, die ohne Leine über die Wiese tollten. Weil sie sich nicht wohl dabei fühlt, hat sie ihre Dackel-Freundin auf den Arm genommen. Die Dame, die an diesem Tag mit den beiden Jagdhunden unterwegs war, soll dann gesagt haben: “Gar kein Problem, die sind ganz lieb, die können spielen”.

Die Frau vertraut der Aussage und lässt den bald zweijährigen Rauhaardackel auf den Boden. Dann geht es schnell. Der eine Hund verbeißt sich in ihren Nacken und schüttelt sie. Als der Jagdhund loslässt, sieht die Dackeldame erstmal noch ok aus. Dann schrumpft sie zusammen. Sie fährt sofort zum Tierarzt. Da stellt sich heraus, dass die Luftröhre und die Lungen zerfetzt sind. Der Dackel hatte keine Chance. Sie schluchzt als sie die Geschichte schildert und fügt hin zu: “Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich die doch nie spielen lassen”.

Dabei ist es nicht ihre Verantwortung. “Du vertraust ja auch”, sagt Hundefachfrau Lühr und dann “lässt man das ja zu”. Die Tragik liegt in der Fehleinschätzung der verantwortlichen Hundebesitzer, die sich auch sofort entschuldigen, als sie vom Tod des Dackels erfahren. Es sind zwei Faktoren, die Lühr zum Nachdenken bringen: Dass es zwei Hunde waren und dass viele unterschätzen, dass der “Trend zum Zweithund” nicht bedeutet, man bekommt nochmal den gleichen in Grün, sondern hier eine ganz neue Dynamik entsteht. Und: Dass am besagten Tag gar nicht Herrchen oder Frauchen mit den Hunden unterwegs war. Sondern eine Verwandte.

“Unsere Hunde müssen nicht mehr töten”, erklärt Hundefachfrau Lühr abschließend. Aber dass das Schütteln in jedem Hund drin sei und Hunde auch “25 Tausendmal am Tag ihr Spielzeug umbringen.” Es ist der Rest vom Wolf im Hund, der durchs Schütteln seine Beute tötet. Die Popperwiese als Problemzone? Das sieht Lühr anders: “Hier treffen sich zehn bis zwölf Hunde zum Morgenspaziergang” und da gehe das alles wunderbar.

Übrigens: Das Jagdhunde-Ehepaar lässt die beiden Hunde nach wie vor frei laufen.

Hundeverordnungen:

Nach der Satzung der Gemeinde Rottach-Egern sind bestimmte Zonen für Hunde tabu. Dazu zählen alle Kinderspielplätze, das See- und Warmbad und das Freibad-Gelände Schorn. Wer “die Anlage mit einem Hund betritt oder seinen Hund frei laufen lässt”, der riskiert ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro. Keine Kleinigkeit auch für die Rottacher Damen und Herren nicht. Zum Vergleich: wer mit seinem Lkw durch die Nacht trotz Verbot humpelt, muss nur 100 Euro aus dem Portemonnaie nehmen. Auch die Gemeinde Waakirchen hat eine klare Hundesatzung und umreißt klar, welche Hunde leinenpflichtig sind (alle ab 50 cm Schulterhöhe).

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