Brunnenweg: Gemeinde soll Entscheidung rückgängig machen

Datiert war das Schreiben vom 2. Oktober. Drei Tage später hatte es die Waakirchner Gemeinde auf dem Tisch. Gestern Abend erhitzte der Inhalt des Schriftstücks die Gemüter der Gemeinderäte.

Dank Erweiterung des Gewerbegebiets am Brunnenweg möglich: Auf dieser grünen Wiesenfläche würde Biolink (im Hintergrund) gerne neu bauen. Die Verhandlungen laufen. / Foto: N. Kleim

Das Schreiben wurde gestern Abend in der Waakirchner Gemeinderatssitzung unter dem Tagesordnungspunkt „Wünsche und Anträge“ behandelt. Eingereicht und unterschrieben hatten es zwei Waakirchner Bürger: Uwe Kirschmer und Reinhardt Lange. Darin fordern sie eine Aufhebung des Bebauungsplans zur Erweiterung des Gewerbegebiets am Brunnenweg und setzen eine Frist: Bis zum 4. November soll die Gemeinde ihre Forderung umgesetzt haben. Eine „relativ kurze Frist“, wie Waakirchens Bauamtsleiter Christoph Marcher anmerkte.

Was der Bürgermeister beim Verlesen des Briefes nicht erwähnte: „Sämtliche“ Anwohner, etwa 20, hatten erneut Bedenken angemeldet und das Schreiben verfasst. Das zumindest teilt Reinhardt Lange auf telefonische Nachfrage hin mit.

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Wie berichtet, konnte die etwa fünf Hektar große Fläche im Industriegebiet am Brunnenweg – dank des Flächendeals mit Gemeinderat Andreas Hagleitner – um etwa 15 Prozent vergrößert werden. Die Fläche musste aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden. Für die Gemeinde ein Schachzug. Jetzt gehört ihr die komplette Gewerbefläche. Sie hat es also in der Hand, welche Firmen sich im Gewerbegebiet ansiedeln und welche nicht.

Einwände prallen ab

Einwände gegen die Erweiterung gab es insbesondere seitens einiger Grundstückeigentümer. Deren Zweifel und Bedenken diskutierte der Gemeinderat bereits im März dieses Jahres. Was Bürgermeister Josef Hartl damals in Rage brachte: „Wo sollen wir innerorts Gewerbe hinbringen? Wo soll die Verdichtung stattfinden?“ fragte der Bürgermeister sein Gremium damals. Die Kritik und der Widerstand mache ihn „nicht nur wütend“, sondern erschüttere ihn.

Was folgte, war eine erneute öffentliche Auslegung. Im Juli musste sich der Gemeinderat dann mit weiteren Einwänden und einem 19-Punkte-Fragenkatalog eines Anwohners auseinandersetzen. Wie berichtet, bekam Amtsleiter Christoph Marcher daraufhin einen trockenen Mund – und Bürgermeister Hartl – wieder einmal – das Kopfschütteln.

Schließlich sei es das Ziel der Gemeinde, im Gewerbegebiet am Brunnenweg Arbeitsplätze und Lehrstellen für Einheimische zu schaffen. Einstimmig und ohne Diskussion wurde der Bebauungsplan sodann ein zweites Mal abgesegnet. Es folgte die dritte öffentliche Auslegung.

Aufregung im Gremium

Gestern nun musste sich das Gremium erneut mit Protest aus der Bevölkerung auseinandersetzen. Die beiden Waakirchner fühlen sich „in ihren Rechten und Interessen“ nicht wahrgenommen, wie sie schreiben, und fordern deshalb, der Gemeinderat möge den Bebauungsplan aufheben. Marcher wies darauf hin, dass alle Einwände bereits am 10. Juli behandelt worden seien. Das Verfahren sei abgeschlossen.

Eine Rückabwicklung ist nicht möglich.

Der dritte Bürgermeister Rudi Reber (ABV), der bereits im Vorfeld immer wieder kritisiert hatte, die Leute würden sich nur melden, wenn sie selbst betroffen seien, zeigte sich auch gestern verärgert: „Das tut weh. Das tut richtig weh.“ Alle hätten Arbeit, die Gesellschaft werde immer reicher. „Diejenigen, die sich beschweren, wohnen einen halben Kilometer vom Gewerbegebiet entfernt und regen sich auf, wenn ihnen der Blick versperrt wird“.

Hartl unterbrach ihn: „Reg` Dich nicht auf Rudi, Du hast heute Geburtstag!“ Als „absolut unbegreiflich“ empfand es auch Günther Jeske (FWG). „Da baut man eine Straße ins Gewerbegebiet, um die Bürger zu entlasten, und die regen sich trotzdem auf, obwohl sie nicht mehr betroffen sind“. Robert Englmann (CSU) brachte zwar Verständnis für die legitimen Einwände auf, machte aber deutlich, dass das Ganze inzwischen „querulantorische Züge“ annehme.

Abgeschlossen ist abgeschlossen

Hartl griff diese Anmerkung auf, um noch einmal zu betonen, dass „Waakirchen keine Schlafgemeinde werden will“. All das, was eine Gemeinde leisten könne und müsse, wolle man (Anmerk.d. Red.: mithilfe der Gewerbeeinnahmen) „selbst meistern“ – ohne „betteln“ zu müssen. Was habe er sich dafür von der Presse „durch den Dreck“ ziehen lassen müssen, so Hartl kopfschüttelnd.

Als „Schlawiner“ und „treuherziger Hund“ sei er betitelt worden, als es darum ging, die Firma Biolink durch eine Erweiterung des Gewerbegebiets am Standort zu halten. Unerwähnt ließ er nicht, dass man aktuell wieder mit Biolink verhandele. Seinen Dank sprach er den Grundstückseigentümern aus, die die Vergrößerung des Gewerbegebiets am Brunnenweg erst möglich gemacht haben. „Nur so können wir uns entwickeln und selbst bestimmen, wer sich dort ansiedelt.“

Und das Interesse am Gewerbegebiet sei – entgegen aller Unkenrufe – vorhanden. 27 Exposés seien verschickt worden, soHartl. Drei seien bereits Retour. „So unattraktiv ist das Gewerbegebiet Waakirchen also nicht.“
Jetzt konnte sich Balthasar Brandhofer (ABV) nicht mehr zurückhalten: „Freut mich, dass Ihr Euch aufregt. Normalerweise ist das doch mein Part.“ Der darauffolgende, kurze Lacher entspannte die Gemüter. Das Votum war einstimmig: Eine Aufhebung des Bebauungsplans kommt nicht in Frage.

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