Die Zuschauerreihen im Tegernseer Ratssaal waren dicht gedrängt. Vermutlich verfolgten viele der 23 betroffenen Anwohner, ob ihre Einwände gegen das Vorhaben Greithers am Ende der Olaf-Gulbransson-Straße Gehör finden und wie sie berücksichtigt werden. Aber auch Behörden übten Kritik an der ursprünglichen Planung. Vor allem das Landratsamt hatte angesichts der Größe des Projekts Bedenken.
Grundsätzlich sei es zwar begrüßenswert, wenn der Tourismus gefördert werde, aber hier sei es zu viel des „Guten“. Die bauliche Anlage mit der unter- und überbauten Fläche von weit mehr als 10.500 Quadratmetern sei rund sechsmal größer als der derzeitige Baubestand. Insgesamt erreiche die gesamte Anlage von der Terrasse bis zur Traufe der Berghäuser eine Höhe von 35 Metern, verteilt auf zehn Geschosse. Der Grundsatz im Städtebau, dass „weniger mehr ist“, sei beim Entwurf des Bebauungsplanes „offensichtlich nicht beachtet“ worden.
Keine öffentliche Bewirtschaftung
In der Abwägung der Stadt wird darauf erwidert, dass die Planung in Abstimmung mit dem Kreisbaumeister überarbeitet wurde. Die Baumassen seien so verteilt worden, dass sie nun „orts- und landschaftsverträglicher“ seien. Der Stadt sei bewusst, „dass ein Hotel dieser Größenordnung und dieser Qualität für einen wirtschaftlichen Betrieb eine bestimmte Baumasse erfordert, um den Anforderungen an einen modernen Tourismus Rechnung zu tragen“.
Die Einwände, Hinweise und Abwägungen erstrecken sich über 29 Seiten. Um dies leichter zu erfassen, bat die Tegernseer Stimme Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) im Nachgang der Sitzung nochmals um eine Kurzfassung des langwierigen Verfahrens. Die erste Auslegung für den ursprünglichen Masterplan habe 2013 stattgefunden. Danach seien viele Einwendungen eingegangen und ein Gerichtsverfahren im November 2016 erfolgt. Anschließend haben laut Hagn Gespräche mit Behörden stattgefunden, vorrangig mit dem Naturschutz und dem Kreisbaumeister. Auf dessen Vorschlag sei auch der vorhandene Turm gestrichen worden.
Zurückgenommen worden seien auch die vorgesehenen Bauten zum westlich gelegenen Westerhofgraben, ebenso vorhandene und geplante Wege. Verändert worden sei auch die Tiefgaragenzufahrt. Sie war zunächst am Ende der Olaf-Gulbransson-Straße in der Nähe von Anwohnern geplant. Nun soll die Zufahrt am hinteren Ende des Grundstücks am Westerhofgraben mit einem Wendehammer stattfinden. Hagn betont:
Aus dem langgestreckten Hotelkomplex und den dahinter liegenden Einzelhäusern wurden nun zwei längsgezogene Gebäude, die auf einer Ebene stehen.
Daher sei auch vom See nur noch ein Gebäude zu sehen und nicht zwei. Den Befürchtungen der Anlieger, dass dort großer Terrassenbetrieb stattfinde und sie in ihrer Ruhe gestört werden könnten, „wurde Rechnung getragen. Es wird keine öffentliche Bewirtschaftung stattfinden“, versichert der Bürgermeister. Dies sei auch im Bebauungsplan so festgeschrieben worden.
Mehr Verkehr bringt Verschlechterung
Mehrfach geändert worden seien auch nach den vielen Einwänden die Zufahrts- und Vorfahrtssituationen. Den größten Aufwand habe die Verkehrsermittlung erfordert. Über ein halbes Jahr sei das Aufkommen mit Radar repräsentativ gemessen worden. Daraus wurde dann vom zuständigen Fachreferat anhand der 134 geplanten Zimmer und der Nutzung des Hotels hochgerechnet, ob der Verkehr von der Olaf-Gulbransson-Straße aufgenommen werden kann.
Gleichwohl muss die Stadt in ihrer Abwägung einräumen, „dass hier durch den Mehrverkehr Verschlechterungen gegenüber der bisherigen Situation eintreten werden“. Dass aber die Straßen weiteren Verkehr aufnehmen könnten, sei „verkehrsgutachterlich bestätigt worden“. Und Hagn betont, dass aus seiner Sicht durch die vorgelegten Einwendungen von Behörden und Bürgern die Planungen insgesamt verbessert werden konnten.
Dies sahen nicht alle im Stadtrat so. Mit zwölf gegen vier Stimmen wurde das “Tegernseer Leuchtturmprojekt” genehmigt, denn, so Hagn weiter, es müsse „mal ein Schlussstrich gezogen werden“. Doch nach diese Hürde kommt nun die nächste. Denn laut dem Tegernseer Rathauschef erfolge „die zweite Auslegung des Bebauungsplans in den nächsten zwei bis drei Wochen“. Danach dürfte es wieder zahlreiche Einwendungen geben, „da sich Behörden und Bürger mit der neuen Situation auseinandersetzen müssen“, so der Rathauschef.
Diese neuerlichen Einwendungen müssten dann wieder von allen Fachbehörden abgewogen und durch die Planer umgesetzt werden. „Dann kommt möglicherweise erst der Satzungsbeschluss“, so der Bürgermeister. Wann dies der Fall sein könnte, dazu wagt Hagn nun nach Jahren der Planung keine Prognose mehr. Auch auf die Frage, ob das Projekt je umgesetzt wird, will sich der Bürgermeister nicht gestlegen. Dazu kenne er Herrn Greither zu wenig. Allerdings glaubt Hagn angesichts der bisher immensen Planungskosten, dass das Projekt realisiert werde. „Das Geld wäre sonst verloren“.
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