Der Berg kreißte und gebar eine Maus

Vier Jahre Ermittlungen und fünf Monate Prozess, annähernd eine Million Euro Ermittlungs- und Prozesskosten. Und das Ergebnis? Es wäre auch mit weniger Aufwand gegangen, meint Klaus Wiendl. Sein Kommentar.

Während Ex-Sparkassenchef Georg Bromme statt einer Geldstrafe Sozialarbeit leisten würde, hoffen die Mitangeklagten auf Urteile am untersten Rahmen. Morgen wird das Urteil fallen.

Ein Kommentar von Klaus Wiendl:

Egal ob die beiden Hauptverantwortlichen der Sparkassenaffäre morgen nun Haftstrafen mit oder ohne Bewährung oder nur noch Geldstrafen bekommen: Georg Bromme und Jakob Kreidl müssen sich für ihr Prassen auf Kosten der Kreissparkasse verantworten. Doch dafür wäre dieser Mammutprozess mit annähernd 30 Verhandlungstagen nicht notwendig gewesen. Hätte die Staatsanwaltschaft genauer hingesehen, wären die Tatvorwürfe weniger umfangreich geworden. Und jeder Prozesstag hätte nicht allein Anwaltskosten von etwa 5.000 Euro für einen Angeklagten veruracht. Denn die Anklagepunkte wie Bestechung und Bestechlichkeit sind schon länger vom Tisch. Zuletzt erklärte die Wirtschaftskammer, dass sie auch keine Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme mehr sehe.

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Hundert Beamte waren bei der Durchsuchungsaktion 2014 aktiv, über Monate wurden Personen und Objekte überwacht, sogar Telefongespräche mitgeschnitten. Nach unzähligen Zeugenbefragungen füllten über 10.000 Seiten die Ermittlungsakten. Schnell hatten die Ermittler eine Schadenssumme von 1,25 Millionen Euro ausgemacht, die sich am Ende des Prozesses jedoch auf 300.000 Euro reduzierte.

Für sie müssen sich Ex-Sparkassen-Chef Bromme, sein Aufseher als Verwaltungsrat, der ehemalige Landrat Jakob Kreidl und in geringerem Maße Brommes Nachfolger Martin Mihalovits nun verantworten. Von den großen Brocken der ursprünglichen Anklage ist aber wenig geblieben.

Kreidls Geburtstagssause hatte sich früh erledigt

Die vermutete Bestechung mit einer Spende von einer halben Million Euro bei einem Grundstücksgeschäft in Holzkirchen musste die Staatsanwaltschaft ebenso kassieren wie Brommes Beratervertrag. Dieser wurde doch mit Leben erfüllt, nachdem man noch eine Kiste im Sparkassenkeller mit Belegen dafür fand. Auch die Sanierung von Räumen im Landratsamt auf Kosten der Sparkasse ließ sich als gemeinnützig einstufen.

Und selbst die rund 120.000 Euro teure und zu einem großen Teil von der Sparkasse bezahlte Feier zu Kreidls 60. Geburtstag im August 2012, die die ganze Affäre ins Rollen brachte, fällt nicht mehr ins Gewicht. Die Party war schon vor der Anklage der Staatsanwaltschaft vom Finanzamt als rechtmäßige Betriebsausgabe anerkannt worden und nicht als Zuwendung an Kreidl persönlich. Dennoch fand sich Kreidls Geburtstag in der Anklage wieder. Er passte gut ins Bild eines gescheiterten Landrats, der es auch sonst nicht so genau nahm, wie mit seiner Doktorarbeit, seinem „Schwarzbau“ oder der Beschäftigung seiner Frau auf Staatskosten.

Brommes Verteidiger stufte diesen Prozess daher als „politisches Verfahren“ mit einseitigen Ermittlungen ein. Ein schwerwiegender Vorwurf, der bei genauerer Betrachtung fragwürdig ist. Nicht „Stimmungsmache“ der Staatsanwaltschaft war es, sondern ihre Ermittlungen bis ins kleinste Detail, bis hin zu Füllhaltern, die Brommes Spendierhosen auf Sparkassenkosten belegen sollten. Unnötig viel Zeit wurde auch darauf verwendet, den Verbleib einer Fotodose und eines Bleistifthalters in Kreidls Amtszimmer aus dem Jahr 2009 ausfindig zu machen.

Vor lauter Wald sah man anfangs die Bäume nicht mehr

Vor lauter Wald sah man anfangs die Bäume nicht mehr, die wahren Fälle von Untreue. Ob dies die teuren und dekadenten Fahrten des Verwaltungsrats mit Ehefrauen nach Österreich, die Bürgermeisterfahrt nach Interlaken für 85.000 Euro ins Grandhotel, die 55.000 Euro teure Geburtstagsfeier für den damaligen Vizelandrat Arnfried Färber oder um Brommes Spenden an seine Tiroler Jagdfreunde waren. Nirgends, wie auch das Gericht schon erkennen ließ, hätte die Sparkasse einen direkten Nutzen daraus gehabt.

Vielmehr war es in den 30 Jahren von Brommes Zeit als Vorstand “gelebte Tradition” und jahrzehntelange Praxis gewesen. Keine Aufsichtsbehörde schritt ein, die Kontrollmechanismen versagten. Niemand wagte es, sich mit dem „Alleinherrscher“ von Miesbach anzulegen, wenn er wieder das „Geld nur so raushaute“. Und Mihalovits, der als Sanierer geholt wurde, versäumtes es wohl, mit Amtsantritt im April 2012 gleich das „System Bromme“ zu knacken. Stattdessen nahm er noch an Fahrten und dem Entenessen 2013 in der Weißach-Alm teil. Dafür beantragte der Strafverfolger eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Das Gericht hingegen deutete nur noch eine Geldstrafe an.

Wie auch immer die Kammer unter Vorsitz von Alexander Kalomiris morgen urteilen wird, eines haben die jahrelangen Ermittlungen wenigstens bewirkt: Ein üppiges Sponsoring wird sich keine Sparkasse mehr erlauben. Fraglich bleibt zudem, ob das abgetrennte Verfahren gegen die damaligen Verwaltungsräte vor Gericht kommt. Statt einer wochenlangen Verhandlung hätte wohl ein Strafbefehl die gleiche Wirkung, wenn das Gericht die Untreue noch aufrechterhält. Der Richterspruch morgen wird es weisen.

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