Der „Hype“ um Biker

Ein fahrradfreundliches Klima im Ort und eine Stärkung des Radl-Verkehrs wünscht sich die Freie Wählergemeinschaft (FWG). Ihr Antrag zur Mitgliedschaft in der AGFK Bayern als „fahrrad-freundliche“ Kommune stieß jedoch auch auf Kritik. Denn Radler seien „nicht alleine auf der Welt“.

Rottach-Egern will „Radlerfreundlicher“ werden

Gmund hat sich schon erklärt, Bad Wiessee auch, so wollte man auch in Rottach-Egern nicht zurückstehen. Zumindest nicht die FWG im Gemeinderat, die dort einen Antrag auf Mitgliedschaft bei der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e.V. (AGFK Bayern) stellte, um den Titel „fahrrad-freundliche“ Gemeinde zu erlangen. Die AGFK will dazu beitragen, dass der Radverkehrs-Anteil in Bayern steigt und dass Radfahren sicherer wird.

Städte und Gemeinden müssen sich zum Ziel der Förderung des Fahrradverkehrs bekennen. Innerhalb von vier Jahren nach Antragstellung muss eine Gemeinde die Erfüllung der Aufnahmekriterien nachweisen. Voraussetzung für eine dauerhafte Mitgliedschaft ist die Auszeichnung als „Fahrradfreundliche Kommune in Bayern“. Die Bewertung erfolgt durch eine Kommission. Jedes Mitglied muss sich nach sieben Jahren erneut einer Prüfung unterziehen. Die Mitgliedschaft im AGFK kostet 1.000 Euro pro Jahr.

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Die Initiative dafür ergriff Georg Höß (FWG) bereits Ende Juli im Rottacher Gemeinderat. 62 Mitgliedsgemeinden gebe es bereits. Eine Expertengruppe würde nach zahlreichen Auflagen, einer „Beradelung“ und einer „Hauptbereisung“ dann eine Kommune als radlerfreundlich einstufen. Das Siegel werde vom Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr verliehen. Die zu schaffenden Radwege sollten einen interkommunalen Ansatz haben und nicht in der nächsten Kommune enden, so Höß. Auch eine Vereinheitlichung der Markierungen in den Gemeinden will man damit erreichen.

„Rottach radelt“

„Rottach radelt“, war die Ursprungsidee von Höß. Nun soll mit dem Antrag etwas angeschoben werden, „was wir ohnehin wollten“. Damit hofft man, so die Antragsteller, dem örtlichen Verkehrsaufkommen mit besseren Radwegen entgegenwirken zu können. Denn bisher sei „in dieser Richtung“ noch nichts unternommen worden, beklagte Höß.

„Grundsätzlich“ habe er nichts gegen eine solche Mitgliedschaft, meinte Bürgermeister Christian Köck (CSU) zum Antrag der FWG. Er finde es sogar gut, dass man sich des Themas annehme. Allerdings fehle ihm bei dem allgemeinen Hype ums Radfahren, dass sich auch Radfahrer bereit erklären müssten, gewisse „Verhaltensregeln auf den Prüfstand zu stellen“. Denn die Radler würden für sich in Anspruch nehmen, dass sie „alleine auf der Welt sind“.

Pro Woche erreichten das Rathaus drei bis vier Beschwerden, in denen die Rücksichtslosigkeit von Bikern auf Gehwegen beklagt werde. Gerade durch die zunehmende E-Mobilität verschärfe sich die Lage für Fußgänger. Auch denen sei eine Lobby zu geben und nicht alles dem Radeln „unterzuordnen“.

„Große Sprünge“ dauern

Schon im Rahmen eines Verkehrsgutachtens zu den Tempo-30-Zonen sei der Gemeinde bestätigt worden, schöne Radwege zu haben. Für ihn stelle sich daher die Frage, so Köck, ob man immer der Hauptstraße entlang radeln müsse. Denn es gebe auch schöne Ausweichrouten auf Nebenstraßen. Abtretungen von „sehr hochwertigen Seegrundstücken“ für neue Radwege seien „ungeheuer schwierig“ und eher nur über einen „langen Prozess“ denkbar. Er halte es aber nicht für „unmöglich“, so Köck, man müsse aber der Realität ins Auge schauen. Daher könne er sich nach einem Beitritt zur AGFK nicht vorstellen, dass Rottach hier bald „große Sprünge“ machen würde. Auch die Radfahrer müssten verstehen, nicht die Einzigen zu sein. Das beste Beispiel sei Bad Wiessee. Dort sei das Radeln an der Seepromenade „nach schlechten Erfahrungen nun wieder zurückgenommen“ worden.

Kein Radeln auf dem Gehsteig

Höß entgegnete, man sollte sich nicht nur „an den Verrückten orientieren“. Es gehe um ein vernünftiges Miteinander, denn „wir richten uns nicht nach den Rowdys“. Der Antrag sei auch kein „aggressiver Akt“, sondern ein langfristiges Ziel, für Einheimische wie Gäste etwas zu tun. Denn er glaube nicht, meinte Höß, dass das Radeln ein „vorübergehender Trend“ sei. Der Radweg müsse nicht an der Seestraße entlangführen, man könne sie auch umfahren, meinte Herrmann Ulbricht (FWG) als Mitunterzeichner des Antrags. Wichtig seien für ihn die Anbindungen an die anderen Gemeinden. Johanna Ecker-Schotte (FWG) verwies als Beispiel an den Millstätter See in Kärnten, dort würde das Miteinander sehr gut funktionieren.

Ziel müsse eine „Ausgewogenheit für alle Verkehrsteilnehmer“ sein, ergänzte Fraktionskollegin Gabriele Schultes-Jaskolla. „Als Tourismusgemeinde steht es uns gut an, alle Möglichkeiten auszuschöpfen“, meinte Thomas Forche (CSU), schließlich seien auch ältere Radfahrer und Kinder unterwegs. Thomas Tomaschek (Grüne) warb dafür, „den Druck vom Radeln auf dem Gehsteig“ mit Alternativen rauszunehmen. „Positives“ nach den Gesprächen mit ihren Gästen hatte Anastasia Stadler (CSU) zu berichten. „Die sind begeistert über die gute Ausschilderung und den Zustand der Radwege“.

Einstimmig beschloss der Gemeinderat durch den Beitritt zur AGFK aber noch „fahrrad-freundlicher“ zu werden.

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