Der Winter und seine “Experten“

Es ist Winter, und da kommen die üblichen Verdächtigen aus den Löchern. Unser Kommentator Martin Calsow hat sich nach der irren Schneehölle vom Oberland mal an eine Typologie gesetzt und vier Expertengruppen ausgemacht.

Besserwisser oder doch eher Klima-Prophet? Wenn’s schneit, gibt’s vier ‘Experten-Typen’.

Ein Kommentar von Martin Calsow:

Der Taltrapper

„Das ist eben Winter“, schießt der Taltrapper aus der Hüfte in die Kommentarspalten. Und vom Sound liegt das zwischen knorrigen Zitaten eines Reinhold Messners und eines Leonardo di Caprios in „The Revenant“. „Kenn ich schon, ist halt so. Ich bin vorbereitet“, ruft der erfahrene Wintermann und lässt jeden, der sorgenvoll in den Schnee blickt, als Volldeppen aus Flachlandhausen dastehen.

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Untergattung des Taltrappers: Der ewige Talinsasse. Er verweist darauf, dass man ihn damals noch, „ois olle zammad in d‘ Shui ganga san“, auf den Weg in die Schneewinde geschickt hat. Überhaupt damals… „Da waren die Winter noch härter, da fuhr die Bahn immer pünktlich, und Stoderer standen an der Gass in Gmund nicht im Weg. Platz da. Ich weiß, wie es geht. Ich habe den Winter 1947 überlebt“ und rumpelt mit seinem grünen Subaru weiter in die weiße Hölle oder zur Bodega.

Die Hysterischen

Schneeräumen – alle zwei Stunden. Ausfall von Schulzeit. Da hyperventiliert die besorgte Talmutti, und die Perlenkette verrutscht schon am Morgen. Wenn der Landkreis nicht rechtzeitig unterrichtsfrei gibt, fährt sie dennoch mit zitternden Händen, bebender Unterlippe und im zweiten Gang die kostbare Kinderschar verzweifelt und dennoch todesmutig in die Schule. Später wird sie ihrem Mann von diesem Abenteuer so erzählen, als sei sie am Vormittag vor den heranrückenden Russen über’s Haff geflohen.

Die Klima-Propheten

Ein Abendessen in jungen Bienenretter-Bürgerfamilien: „So viel Wetter – erst der heiße Sommer, dann der kalte Winter: Das kann ja nur ein Zeichen des Klima-Armageddon sein.“ Diese „Experten“ sitzen bei Tofu-Wurst und käsefreiem Käse erst still, dann aber ziemlich hochfahrend und referieren über unsere Sünden, die erst dieses „irre Wetter ermöglichen.“ Wetter ist doch nicht Klima, wendet ein Viertelexperte zart ein und wird danach bis zum zuckerfreien Dessert mit gefühlten Argumenten sturmreif geschossen.

Danach ist der Abend im Eimer, weil alle ein schlechtes Gewissen haben und mindestens einen Eisbären adoptieren wollen, aber der Wetterprophet fährt vergnügt nach Hause und glaubt, ein klein wenig die Welt verbessert zu haben. Auf der anderen Seite wandeln die Klimawandel-Leugner. Sind meist Männer mit nächtlicher Bettflucht und viel Zeit im Netz. “Draußen schneit’s. Seht her, wird doch nicht warm.” Auch hier fehlt die Kenntnis über den Unterschied von Wetter und Klima. Aber Fachkenntnis macht das schönste Geschwätz kaputt.

Die Bahnexperten

Man fährt mit der Bahn, also kennt man sich aus. Schuld ist immer, wirklich immer: Die BOB. Fällt ein Baum (oder aktuell ein Auto) auf die Gleise, verstopft extremer Schnee eben jene, wird auf das Zugunternehmen gezeigt. Warum tut denn da keiner was? Ja, warum eigentlich nicht? Weil der CSU-FW-Regierung der ÖPNV ziemlich wurscht ist? Frau Aigner kommt immer ins Büro, nicht wahr? Ach was. Es sind die schlimmen Bahnmanager. Früher war mehr Lametta und wurde mehr geräumt. Da entblöden sich manche Feierabend-Politiker nicht und stellen Videos von Schweizer Bahnräumfahrzeugen ins Netz. Da erklären Menschen mit Minitrix-Expertise, welche Züge man einsetzen müsste. Bahnexperten überall.

Nun geht in wenigen Wochen der Winter, aber auch der Sommer hat seine Experten. Freuen Sie sich schon jetzt auf Sätze wie “So eine Hitze war noch nie” oder “früher war mehr Sommer”.

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