Eigentlich war der Tagesordnungspunkt „Aufstellung eines Bebauungsplans“ für die Klinik von Martin Marianowicz unverdächtig. Seine Erweiterungspläne sind seit April bekannt. Der Unternehmer möchte seine Behandlungs- und Patientenzimmer mit einem Erweiterungsbau nach Osten von 80 auf 95 aufstocken.
Außerdem sollen noch ein Therapiebad mit einem Flachdach und eine Tiefgarage entstehen. Etwas konkreter sind nun die Planungen des Betreibers auch für das gegenüberliegende Grundstück Am Schmerbachgrund. Dort will der 63-Jährige ein Gebäude mit zwölf Wohneinheiten für Betreutes Wohnen, eine kleine Pflegestation und eine Tiefgarage mit 15 Stellplätzen errichten. Für das leerstehende Grundstück gegenüber bestand bereits ein Baurecht.
„Träumen sie ruhig weiter“
Erlaubt ist ein 20 auf 10 Meter großes Gebäude mit einer Wandhöhe von sieben Metern und einer Tiefgarage, sowie die Nutzung als Betreutes Wohnen. Die Bebauung dieses leerstehenden Grundstücks will Marianowicz laut Bauamtsleiter Helmut Köckeis so schnell als möglich realisieren. Der Eingabeplan soll bereits am 4. Dezember im Bauausschuss vorgestellt werden. Anlieger befürchten allerdings, wie nun im Gemeinderat bekannt wurde, dass die Jägerstraße noch weiter zugeparkt werde und es zu „verkehrsrechtlichen Spannungen komme“.
Deshalb werde im Bebauungsplan die Optimierung der Stellplätze „voll ausgeschöpft“, so Köckeis. Er gehe davon aus, dass sich die Stellplatzproblematik dann auch in der Jägerstraße verbessern wird. „Träumen sie ruhig weiter“, warf Ingried Versen (CSU) ein. „Man muss positiv denken“, erwiderte Köckeis. „Man soll nicht blöd sein, das ist der Unterschied“, so Versen darauf. Sie kenne die Situation dort seit 43 Jahren. „Mir brauchen sie nichts zu erzählen“.
Köckeis verwies darauf, dass die Klinik schon seit Jahrzehenten bestehe und Stellplätze seinerzeit noch kein Thema waren. „Jetzt aber stehen wir mit der Gestaltungssatzung vor diesen Stellplatzproblemen“, rechtfertige sich der Bauamtsleiter. Einziger Ausweg sei oft nur noch eine Stellplatzablöse. Er hoffe, so Köckeis, „dass sich alles zum Guten wenden wird“.
Grundstücke werden bis auf den letzten Zentimeter ausgequetscht.
Da hatte er aber die Rechnung ohne Klaudia Martini (SPD) gemacht. Denn die Einwände zum Bebauungsplan kamen vor allem von Amt für Wasser- und Bodenschutzrecht des Landratsamtes, das im Extremfall ein Georisiko für die „flachgründige Hanglage“ sieht. Da sich das Bauvorhaben auch im Heilquellenschutzgebiet befinde, werde auch hier ein Risiko gesehen. Das Thema Wasser bewegte auch Martini. Sie verwies auf die Grundwasserproblematik bei weiteren Tiefgaragen. „Sie kann es aus wasserrechtlichen Gründen nicht mehr um jeden Preis geben“, forderte Martini.
Wenn wir überall Tiefgaragen zulassen, verengen wir den Wasserlauf im unteren Bereich.
Damit werde „ein Fass für die gesamte Gemeinde und die biologische Bodensituation aufgemacht“. Es könne nicht sein, dass Eigentümer ihr Grundstück bis auf den letzten Cent ausnützten, nach dem Motto: „Stellplätze mache ich unten rein“. Die Gemeinde sollte die Genehmigungsbehörden auf die wasserwirtschaftliche Problematik aufmerksam machen. Man sehe doch, welche Auswirkungen das bei dem Boden von Bad Wiessee habe.
„Das Problem ist grundsätzlich wirklich dramatisch“, musste auch Köckeis einräumen. Beste Beispiele seien der Neubau im Siedlungsgebiet und der Lindenplatz mit dem Bau des Wohn- und Geschäftsgebäudes samt Tiefgarage anstelle des Hauses Ursula. Martin Wendler von der MW Eigenheimbau wollte dort schon im Oktober mit dem Rohbau beginnen. Doch derzeit tut sich nichts. Es klafft immer noch eine Baugrube, mit Grundwasser gefüllt.
Das aktuelle Problem schilderte Köckeis auf Nachfrage. „Das Thema Grubenverbau ist immer noch nicht ausgestanden“. Der Eigentümer habe zwar versichert, alle Gutachten eingeholt zu haben, aber dem Landratsamt würden noch „belastbare Unterlagen“ fehlen, ob der Baugrubenverbau so erfolgt, wie er statisch erforderlich ist. „Bevor dies nicht vom Landratsamt geprüft ist, kann der Bau auch nicht weitergehen“, so Köckeis. Auch der Verbleib des Wassers aus der Baugrube sei noch nicht geklärt. Hier ist zum Verbringen auch noch eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich.
Martini sieht grundsätzlichen Handlungsbedarf: „Wir brauchen ein Gutachten über die Gesamtsituation für den Ort. Denn es sind schließlich noch viele Tiefgaragen in der Planung“. Dafür sollte ein „Szenario“ entworfen werden. Wenn diese alle gebaut würden, entwickle sich die Wassersituation ganz anders und es entstehe eine „ganz kritische Situation“. Schließlich kommen die Wasserläufe aus den Bergen. Irgendwann würden die Leute dann im Rathaus vorstellig werden, dass bei ihnen das Wasser „unten raussprudelt“. Deshalb sollte hier das Wasserwirtschaftsamt ein „ganz klares Wort sprechen“. Dann könne man eben „nicht alles zubauen“.
Bachläufe suchen sich ihren Weg
Auch Köckeis war der Meinung, dass man dieses Thema gesondert diskutieren sollte. Dies müsste auch für die Bauherren nicht von großem Nachteil sein, gab Bürgermeister Peter Höß (FWG) zu bedenken. Denn die immensen Kosten einer Tiefgarage stünden nicht immer einer gesamtwirtschaftlichen Rechnung gegenüber. Unterirdische Bachläufe würden sich immer ihren Weg suchen. „Beim Aufgraben kommen sie dann zum Vorschein“.
Der Bebauungsplan für die Klinik-Erweiterungen soll laut einstimmigen Beschluss nochmals öffentlich ausgelegt werden. Die abschließende Beratung könnte spätestens im Februar erfolgen.
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