Ein verlassener Hof, ein abgetauchter Verdächtiger

Im Juni 2015 verstarb der Waakirchner Bauer Quirinus Staudinger. Nach seinem Tod brachen Unbekannte mehrmals in seinen Hof ein. Eine Blutspur führte zu dem Angeklagten, der eigentlich gestern vor Gericht hätte erscheinen sollen.

Wohl im Schutz der Dunkelheit kommen immer wieder Einbrecher auf den Staudingerhof in Georgenried.
In den Staudingerhof in Georgenried wurde immer wieder eingebrochen. /Archivbild

Als der Waakirchner Bauer Quirinus Staudinger am 6. Juni 2015 verstarb, kümmerte sich der Nachlasspfleger Stefan Brandmair um das Hab und Gut des Verstorbenen. Ein benachbarter Bauer sollte laut Testament dessen hinterbliebenen sechs Kühe versorgen. Von Mitte Juli bis Mitte Oktober 2015 brachen dann ein oder mehrere Unbekannte mindestens vier Mal in den verlassenen Hof in Georgenried ein.

Es verschwanden unter anderem wertvolle Pferdegeschirre, die Staudinger im Jahr 1975 für Leonhardifahrten von dem Gmunder Sattler Karl Stecher hatte fertigen lassen. 6.105 Deutsche Mark hatte Staudinger damals für ein Doppelgeschirr gezahlt. Desweiteren kamen abhanden: Kuhglocken, Silberbesteck, eine alte Bibel, Heukörbe, eine Handbohrmaschine, Bilder und ein Koffer voller Kleidung. Brandmaier erstattete Anzeige bei der Polizei.

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Nachlasspfleger setzt 500 Euro Belohnung aus

Etwa zur gleichen Zeit – genauer gesagt Mitte August – versuchten Unbekannte in mehrerenn Nacht-und-Nebel-Aktionen die Kühe zu befreien, die sich noch auf dem Hof befanden. An der Stalltür klebte damals ein Zettel: „Kühe bitte auf die Weide, bis alles geklärt ist. Es ist genug Weide da.“ Unterzeichnet war die Notiz mit „Tierrettung“. Ende August spazierten die Kühe erneut auf der Straße herum.

Bei einer der letzten Tierbefreiungsaktionen brach sich eine der übriggebliebenen Kühe das Bein. Sie musste eingeschläfert werden. Wieder erstattete Brandmaier Anzeige. Und wieder ließen Unbekannte die nunmehr letzten zwei Kühe laufen. Brandmaier ging dieses Mal davon aus, dass man die Kühe nicht nur freigelassen, sondern abtransportiert hatte. Er setzte eine Belohnung von 500 Euro aus. Kurze Zeit später fand man die Kühe im Freien.

DNA nicht Beweis genug

Da sich bei einem dieser Einbrüche einer der Täter an einer zerbrochenen Fensterscheibe verletzt hatte, konnte die Polizei anhand der Blutspur dessen DNA sicherstellen, wie Brandmaier auf Nachfrage mitteilt. Zwei Jahre später wurde woanders eingebrochen: Zufällig bei dem heute Tatverdächtigen. Ein DNA-Abgleich mit der Blutspur von einst ergab eine Übereinstimmung mit dem Angeklagten. Als Beweis habe sie jedoch nicht ausgereicht, weil die Blutspur nicht innen, sondern an der äußeren Seite des Fensters gefunden worden war, so Brandmaier.

Der Nachlasspfleger war gestern vor dem Miesbacher Amtsgericht samt Videomaterial erschienen, um den Angeklagten endlich zu überführen. Zwei Frauen und zwei Männer hatte er mit einer Wildkamera dabei gefilmt, wie sie im September 2015 die Kühe aus dem Stall ließen. Er ist davon überzeugt, dass es sich bei einer der vier Personen um den Angeklagten handelt.

Einspruch wird kostenpflichtig verworfen

Nachdem die Staatsanwaltschaft aber mangels Beweisen das Verfahren eingestellt hatte (bei einer Hausdurchsuchung des Tatverdächtigen konnte kein Diebesgut sichergestellt werden), reichte Brandmaier eine Beschwerde ein. Daraufhin legte der Angeklagte Einspruch ein. Gestern sollte die Verhandlung stattfinden. Wer aber gestern nicht vor Gericht erschien, war der Angeklagte selbst. Dessen Verteidiger Max-Josef Hösl hatte nach eigener Aussage mehrmals versucht, diesen zu kontaktieren. Vergeblich. Aus diesem Grund wollte er ihn auch nicht vertreten. Trotz Vollmacht, die ihm der Angeklagte vor langer Zeit einmal ausgestellt hatte.

Richter Walter Leitner urteilte wie folgt: Der Einspruch gegen den Strafbefehl vom 29. August dieses Jahres wird verworfen. Damit ist der Angeklagte rechtskräftig verurteilt. Jetzt kann Brandmaier Schadensersatz für die Einbruchsschäden und die tote Kuh verlangen. Was er auch tun werde, wie er auf Nachfrage sagt. Schließlich habe allein die Kuh einen Wert von 810 Euro.

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