Neustart mit Cornelia Fischer
Fränkische Vibes am Tegernsee

Wenn das Restaurant Überfahrt eine neue Chefköchin einstellt, schaut die deutschlandweite Gastro-Szene ins Tegernseer Tal. Doch Cornelia Fischer bleibt cool. Im Restaurant Überfahrt ist sie keine Unbekannte.

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Die neue Herrin in der Überfahrt-Küche. / Foto: Wolfgang Stahr

Cornelia Fischer leitet seit September das Gourmet-Restaurant Überfahrt. Eine zierliche und kleine Frau, die einen halben Meter wächst, sobald sie über ihre Kreationen spricht, auf fränkisch natürlich. Kerzengerade steht sie vor der Food-Presse und den weiteren Gästen: dunkel gerahmte Brille, die rötlichen Haare in einen festen und strengen Dutt gebändigt, schwarze Kochschürze über einem dunkelgrünen Oberteil.

Rückblick

“Ich gehe kurz was kochen, wir sehen uns später wieder,“ verabschiedet sie sich leichtfüßig. Wir wollen uns weiterentwickeln“, begrüßt Hoteldirektor Vincent Ludwig dann seine Gäste. Der musste das Restaurant Überfahrt durch eine holprige Zeit führen, nachdem im Mai 2023 heftige Vorwürfe gegen den Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens bekannt wurden und die Überfahrt ihn kurzerhand vor die Tür setzte. Seit dem Jürgens-Skandal blieb die Küche im Gourmet-Restaurant kalt, nur unterbrochen von einem Auftritt des Berliner-Szene-Kochs Le Duc Ngo im Sommer 2023.

Hintergrund

Die gebürtige Unterfränkin war Sous-Chefin beim Drei-Sterne-Koch Andreas Caminada in der Schweiz. Dann ging es für sie 2021 zurück in die Heimat. Sie verantwortete als Küchenchefin im Hotel Zur Schwane zwei Restaurants, darunter das mit einem Michelin-Stern gekürte „Weinstock“.
Von 2015 bis 2017 war Fischer Patissière bei Christian Jürgens.

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Jetzt ruhen große Erwartungen auf Cornelia Fischer. Sie steht für eine Küche, die Nachhaltigkeit und Saisonalität ins Zentrum rückt – „inspiriert vom Kreislauf der Natur“ und die dennoch an der Gourmet-Vergangenheit des Hauses gemessen werden wird.

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Blick auf das Hotel Überfahrt. / Foto: Frederik Dulay

Fünf mal zwei

Fünf Gänge werden an diesem Abend serviert. Eigentlich zehn, weil Cornelia Fischer vor jedem Gang einen Vorboten schickt. Ein Teaser quasi, der ganz nebenbei Fischers Fähigkeit zeigt, aus den gleichen Komponenten unterschiedliche Geschmackserlebnisse zu zaubern. Balanciert werden die Gänge von einem herausragend freundlichen Service-Personal, das wirkt, als habe es Spaß bei der Arbeit hat und das auf Nachfrage zugänglich und zuverlässig sein Wissen um Wein und Speisen abrufen kann. 

Jeder Gang ist ein kleines Kunstwerk, der von den Food-Journalisten gebührend gefeiert, zelebriert und für den Social-Media-Kanal des Vertrauens aufbereitet wird. Erst dann geht die Gabel zum Mund.  

Saisonales Gemüse mit Farbkonzept

Das vegetarische Menü ist herausfordernd: für die Köchin und für den Vergleich. So lässt sich etwa der beeindruckende Zaubertrick, ein Lamm in einer Cherry-Tomate verschwinden zu lassen, im vegetarischen Szenario schwer imitieren. Kein Miniatur-Schaf-Dumpling, das in einer Algen-Gras-Deko weidet, kein Fischfilet mit Segelschiff-Deko. Dafür viele Farben: Das Rot der gleichnamigen Beete, die mal als würziges Süppchen überzeugt, sich mal als Sud verkleidet um die Linsentartelettes und an den Gaumen schmiegt. Hier eine kross gegrillte Schwarzwurzel, die in einer Haselnuss-Hollandaise badet, in der Mitte eine goldene Spiegelei-Insel. Dort ein kräftiges Grün dank viel Petersilie.

Der grüne Gang kommt mit etwas zu viel Würz für meinen Geschmack und auch dass zweimal suppiges recht dicht aufeinander folgt, schmälert das Glück kurz. Dennoch überrascht jeder Bissen dank Textur und Aroma. Die Weinauswahl ist perfekt auf die Gänge abgestimmt und intensivieren das Geschmackserlebnis.

Schokolade und Fluff

Zum Dessert ist der Teaser eine Quitten-Komposition, die mich nicht ganz überzeugt, weil die Quitte sich nur hartnäckig schneiden lässt. Das ist aber so quittenart und ich bin kein großer Fan der Frucht, auch wenn sie in heimischen Gärten wächst. Das soufflig-aufgeblasene Küchlein, das von Zimt und Zwetschgen-Mousse begleitet wird und das eigentliche Dessert ist, tröstet mich flott darüber hinweg.

Ganz zum Schluss tritt Fischer nochmal an den Tisch. Mitgebracht hat sie selbstgemachte Schokolade, falls jemand nicht satt geworden ist. “Schokolade am Ende darf nicht fehlen”, so die neue Küchenchefin augenzwinkernd. Die Erleichterung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Vorne an der Schürze baumelt etwas, das wie eine lange Pinzette aussieht und ihr die Autorität einer Chefärztin verleiht. Und tatsächlich, Präzision und Konzentration sind in beiden Berufen unverzichtbar – Eigenschaften, die Cornelia Fischer an diesem Abend eindrucksvoll bewiesen hat.

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