Gegen das Nicken im Tal

Eine Maklerfirma sucht für einen Kunden eine Almhütte mit einem besonderen Clou aus der Makler-Marketingkiste: Sie wirbt mit dem Satz “Wir verhandeln nicht, wir nicken nur, wenn das Angebot vom Besitzer kommt”. Das könnte man als maximal peinlich und neureich abtun. Aber es wirft wieder ein grelles Schlaglicht auf eine jahrelange Entwicklung in unserem Tal.

Gegen die Hyänen im Tal… / Quelle li.: Screenshot Blitz

Ein Kommentar von Martin Calsow:

Wieder und wieder wird es von vielen am Stammtisch beklagt, immer leicht mit einem fremdenfeindlich-dumpfen Sound verbunden. Die Zugroasten kaufen alles weg. Sagt der Schlammhuber zum Zechelbauer und trinkt den Rest seines Bieres. Aber verändert wird nichts. Weil beide wissen: Zu süß klingelt die Kasse in den Köpfen der Hiesigen. Schimpfen darf man über sie, aber die Hand aufhalten eben auch.

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Die zwei Seiten der Medaille

Immer kaufkräftigere Gruppen sammeln im Tal Grund, Häuser und Wohnungen. Das ist ihr gutes Recht. Denn sie erzeugen ja nur eine Nachfrage, und die Angebote kommen von einheimischen Menschen, egal wie lange diese schon hier lebten. Und es ist für sehr viele ein lohnendes Geschäft – kurzfristig:

  • Der Makler, der nach einer halbjährigen “Ausbildung” und einem Gewerbeschein, ohne viel Risiko mit wenigen Vertragsabschlüssen sein Jahreseinkommen sichert.
  • Der Alt-Eigentümer, der über Nacht mit einer baufälligen Hütte zum Millionär wird, zuweilen mehrfach.
  • Der neue Eigentümer, der weiß, dass der Wert des Grunds sich jedes Jahr steigern lässt.
  • Die Handwerker, die vor lauter Umbauen massive Stundensätze fordern können.
  • Der Bauträger, der, eben noch kleiner Angestellter bei einer Maklerklitsche, jetzt schon in Geld schwimmt. Das ist doch alles schön, meint man. Alles wunderbar. Besser als Leerstand.
  • Die Sparkassen und Banken, die sonst nicht mehr viel zu tun haben.
  • Der Notar, der mit diesem Kauf-Aufkommen morgens erst einmal in einen Geldspeicher steigen darf.

Ein einziger Geldregen geht über das Tal hernieder. Da ist das Schmier- und Schwarzgeld noch nicht einmal mitgerechnet. Die andere Seite der Medaille wird gern vergessen:

  • Hohe Preise für Wohnraum, gleich welcher Größe, treiben die Sätze für eine Erbschaftsberechnung anderer Grundstücke in der Nähe.
  • Hohe Preise sorgen dafür, dass selbst Wohnraum, der maßgeblich ideal für Mittelschichtsfamilien wäre, wegfällt.
  • Eben jene Handwerksfamilien, die noch im Tal wohnen konnten, müssen raus aus dem Paradies, fahren somit jeden Tag zur Arbeit rein und raus. Das gilt letztlich für alle, die für die neuen Reichen im Tal die Arbeit machen.
  • Hohe Preise für Wohnraum ziehen sehr reiche Menschen an. Die können mit hohen Lebenshaltungskosten gut leben. Seien es die Güter für den täglichen Bedarf, seien es Leistungen wie Pflege oder Hausversorgung.
  • Reiche Menschen bringen reiche Kinder in Kitas und Schulen. Und so kommen die Kleinen schon einmal nach Hause und fragen, warum sie kein Pferd oder kein Urlaub in der Karibik machen, während die Eltern beide arbeiten, um das Leben im Tal finanzieren zu können. Da schlägt dann schon einmal ein Vater in einer Elternversammlung vor, im Rahmen einer Klassenfahrt nach New York zu reisen oder in ein Golfresort nach Spanien.

Und die Einheimischen? Die stehen da und lassen alles zu. Einige staunen. Viele, wie die CSU in Bad Wiessee, applaudieren, wenn Geldige im Außenbereich munter alles zupflastern und betonieren. Toll, der Mann investiert ja. Da verbeugen wir uns gern. Das ist erschreckend peinlich, aber blanke Realität. Andere granteln und werden zornig. Denn nicht alle profitieren tatsächlich davon, viele leiden darunter. Aber werden sie in den Gemeinderäten gehört? Dort, wo nach und nach die Profiteure der o.g. Entwicklung sitzen?

Wird ja alles bezahlt …

Kurzfristig ist für viele interessierte Gruppen im Tal der schnelle Umsatz sicher. Mittelfristig frisst diese Entwicklung den Boden der Heimat – im eigentlichen wie auch im übertragenen Sinne. Wir spritzen Betonmassen an Hänge, graben uns in die Berge, verlegen Abwässerkanäle in entlegene Gebiete – wird ja alles bezahlt.

Aber warum gehen z.B. in den Vereinen die Mitgliederzahlen in den Keller? Hängt es damit zusammen, dass jene, die kommen, zum einen in den Vereinen nicht willkommen geheißen werden, andererseits auch eine Feuerwehr als selbstverständlich ansehen? Oder: Warum haben wir einen solchen Quellverkehr? Weil zunehmend das dienstbare Personal ins Tal pendeln muss und eben nicht nur die bösen Tagestouristen unsere Straßen belasten?

Heimat ist kein Trachtendisneyland

Wer glaubt, Heimat sei ein wenig Trachtentanz, Blasmusi und Gebirgsschützen-Auflauf denkt unterkompelx. Heimat ist die Idee des Bewahrens einer ideellen sowie einer geografischen Region für die nachfolgende Generation. Unser Handeln ist also mehr ein Handeln als ein Ausrauben.

Heimat ist kein Trachtendisneyland und hohes Heckenghetto. Wer das Ende dieser Entwicklung sehen will, fliegt nach Sylt. Die haben ihre Insel schon verzockt. Jetzt sind wir dran.

Das Maklerbüro Füsser hat nur folgerichtig gehandelt, eben nur das geschrieben, was eh schon längst im Tal der Standard ist. Ihnen ist nichts vorzuwerfen. Sie makeln nur Maßlosigkeit.Das Geld ist billig, jeder will in die Idylle. Und die so sonst so selbstbewussten Einwohner der Idylle machen auch bereitwillig mit beim Ausverkauf.

Aber so düster soll man in diesen Zeiten nicht enden. Der Fall Füsser ist ja nur bekannt geworden, weil die junge Bürgerbewegung “Blitz” aus Rottach-Egern das auf ihrer Facebook-Seite angeprangert hatte. Wenn jetzt überparteilich und talweit von Grün bis Schwarz sich mehr Menschen zusammenfänden, hätten die notorischen Nicker nicht mehr so ein leichtes Spiel. Die wahren Konservativen von “Blitz” haben einen Anfang gemacht. Das stimmt zuversichtlich. Wir sollten ihnen häufiger Gehör schenken.

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