Hat das Bauamt die “Jagdhütte” vergessen?

Eine einst im Wald über Bad Wiessee verfallende Jagdhütte, die heute als Luxus-Chalet daherkommt, schickt sich an, zum lokalen Sommerlochfüller 2022 zu mutieren. Nun beantwortet das Landratsamt in Miesbach – mit deutlicher Verspätung – die Fragen der TS zum Luxus-Chalet. Bringt das die erhoffte Aufklärung?

Die Vorher/Nachher Betrachtung. Links das neue Chalet im Jahr 2022 und rechts die Ausgangshütte ungefähr im Jahr 2013.

Seit einem Artikel in der TS im März diskutiert das Tal teilweise sehr kontrovers über eine neue Luxushütte im Bergland westlich von Bad Wiessee. Der Bauherr scheint augenscheinlich der Überzeugung gewesen zu sein, dass er sich baurechtlich nichts zuschulden hat kommen lassen, als er die ehemalige Jagdhütte in ein „Familien-Ferien-Domizil“ mit allerlei angenehmen und luxuriösen Schnickschnack verwandeln ließ. Das Landratsamt und auch die Gemeinde Bad Wiessee sollen angeblich frühzeitig informiert worden sein und hätten keine Einwände erhoben.

Das wiederum erscheint keineswegs vereinbar mit dem baurechtlichen Verfahren, das vom Miesbacher Landratsamt gegen den Bauwerber aus Waarkirchen auf den Weg gebracht wurde. Ziel des Verfahrens ist, so die frühere Information des Landratsamtes, der Abriss des beanstandeten Gebäudes. Doch wie ist der aktuelle Stand? Die Pressestelle in Miesbach hat unsere Fragen nach längerem Zögern beantwortet.

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Wurde das Landratsamt je über die geplanten Sanierungsmaßnahmen der Jagdhütte informiert und hat es im Januar 2021 keinerlei Einspruch gegen den Fortlauf des Umbaus gegeben?

Pressestelle LRA: Das Landratsamt wurde von den Bauherren nicht informiert, Erkenntnisse wurden lediglich durch Baukontrollen gewonnen.

Haben weitere Baukontrollen im Frühjahr 2021 – ohne Schnee – stattgefunden, um die weiteren im Januar nicht sichtbaren Baumaßnahmen zu prüfen?

Pressestelle LRA: Über Art und Umfang von Baukontrollen kann während eines laufenden Verfahrens grundsätzlich keine Aussage getroffen werden.

Welche Aussagen zur Sanierung wurden im Bericht der Prüfung aus dem Januar 2021 getroffen?

Pressestelle LRA: Wie bereits bekannt, wurden im Rahmen der Kontrolle einzelne Baumaßnahmen festgestellt, u. a. die Erneuerung eines Anbaus sowie die Sanierung des Daches.

Bei der Dachsanierung war noch nicht erkennbar, welchen Umfang diese hatte.

Die Erneuerung des Anbaus als separater Gebäudeteil hätte für sich betrachtet den Bestandsschutz gegen die gesamte Hütte aber nicht zwingend gefährdet. Es war also aufgrund dieser Umstände keineswegs zwingend eine sofortige Einstellung der Bauarbeiten geboten, da die Maßnahmen für sich betrachtet teilweise nicht genehmigungspflichtig waren und das letztendliche gemeinsame Ausmaß der Baumaßnahmen nicht absehbar war.

Es heißt: „teilweise nicht genehmigungspflichtig“. Gab es dann genehmigte Baumaßnahmen? Und welche Baumaßnahmen bedurften noch einer Genehmigung damals? Die Dacherneuerung zum Beispiel?

Pressestelle LRA: Nein, es gab keine vom Landratsamt genehmigten Maßnahmen. Jedoch bedarf auch nicht jede Baumaßnahme einer baurechtlichen Genehmigung; es gibt auch regelmäßig „genehmigungsfreie“ bzw. „verfahrensfreie“ Baumaßnahmen. Bei einer Dachsanierung kommt es auf den Umfang der Sanierung an.

Eine Pressevertreterin des LRA sagt in der TS am 21.03.2022: Grundsätzlich hätte das Gebäude aufgrund des hohen Alters unabhängig von einer Genehmigung Bestandsschutz genossen bzw. hätte zumindest geduldet werden müssen.

In so einem Fall dürfen aber nur verfahrensfreie Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, also Arbeiten, für die es keiner baurechtlichen Genehmigung bedarf. Damit hätte doch schon im Januar 2021 klar sein müssen, dass die Hütte ihren Bestandschutz verliert, oder nicht?

Pressestelle LRA: Nein, nicht zwingend. Wie bereits ausgeführt, waren in diesem Fall eben gerade nicht nur einzelne Veränderungen an der Hütte ausschlaggebend für die letztliche Entscheidung des Landratsamtes hinsichtlich der Eröffnung eines bauaufsichtlichen Verfahrens, sondern vielmehr ihre Gesamtheit, welche praktisch einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichkommt.

Genau dies war aber im Januar 2021 so noch nicht erkennbar.

Wurde der Bauherr auf diese Rechtslage hingewiesen?

Pressestelle LRA: Nein, da die Ausführungen in ihrer Gesamtheit zur Eröffnung eines bauaufsichtlichen Verfahrens führten und diese Gesamtheit zum Zeitpunkt der Kontrolle (Anmerkung der Redaktion – Januar 2021) nicht erkennbar war.

Und ganz allgemein: Wer ist in der Vorlagepflicht bei den Baumaßnahmen – der Bauherr oder das Bauamt?

Pressestelle LRA: Es ist nicht Aufgabe des Bauamtes, den Bauherrn engmaschig zu überwachen und ihn vor Übertretungen der Vorschriften zu bewahren. Der Bauherr ist zur Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften verpflichtet.

Wenn also ein Bauherr Instandhaltungsmaßnahmen bei einem Gebäude vornimmt und dabei auch umbaut und die Nutzung ändert, muss er dann, wie im vorliegenden Fall der Jagdhütte, eine Genehmigung einholen und Pläne einreichen?

Pressestelle LRA: Instandhaltungsmaßnahmen sind regelmäßig verfahrensfrei, Nutzungsänderungen sind in fast allen Fällen genehmigungspflichtig.

Liegt es in der Verantwortung der Bauaufsicht, die Bauarbeiten zu begleiten und darauf zu achten (schon in der Bauphase), dass alle Vorgaben eingehalten werden?

Pressestelle LRA: Selbstverständlich ist alleine der Bauwerber für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften verantwortlich.

Wir danken der Pressestelle des Landratsamtes in Miesbach für die Beantwortung unserer Fragen.

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