Heißes Eisen Feuerwehrhaus

Schon der Antrag der Initiative PRO Feuerwehrhaus zur Bürgerversammlung ließ erahnen, dass er zu heftigen Kontroversen kommen dürfte. Entsprechend war das Interesse der Tegernseer Bürger. Man merkte, auf welcher Seite sie standen.

Großes Interesse an der Bürgerversammlung im Quirinal/Foto: Klaus Wiendl

Zwar stand der Rechenschaftsbericht von Bürgermeister Johannes Hagn im Mittelpunkt der Bürgerversammlung im Quirinal-Saal. Doch die meisten Emotionen wurden bei den vier Anträgen von Bürgern freigesetzt. Vor allem, als es um die Zukunft des Feuerwehrhauses ging. Interessiert verfolgten zahlreiche junge Feuerwehler die Diskussion, die sich am Antrag der Initiative entzündete. Sie wollte genauere Zahlen von Teilnehmern an Schulungen und Einsätzen der Feuerwehr.

Nur sie könnten die Grundlage für künftige Planungen sein. Wortführer Marcus Staudacher geht es um den Erhalt und Umbau des Feuerwehrhauses aus dem Jahr 1928. Wenn man beurteilen wolle, ob man das Feuerwehrhaus weiter nutzen könne, dann müsse man diese Zahlen für den Schulungsraum kennen. Man baue doch auch keine Schule, wenn man nicht weiß, wie viele Kinder es in der Gemeinde gebe, betonte nochmals Staudacher.

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Ihm würden „keine expliziten Zahlen vorliegen“, erwiderte Hagn. Derzeit gebe es 64 Aktive bei der Feuerwehr, darunter vier Frauen. Für die Stadt sei entscheidend, wie viele Leute für die Fahrzeuge gebraucht werden. Bei der Jugendfeuerwehr sei maßgeblich, wie viele kommen und bleiben. Erst dann würde sich zeigen, „wie viel Platz wir brauchen“. Wenn man das Feuerwehrhaus tatsächlich besichtigt hätte, sagte Hagn zur Initiative, würde man wissen, dass die Ausbildung derzeit in einem unzureichenden Stüberl abgehalten werde. Bei 50 Teilnehmern müssten diese auf verschiedene Räume aufgeteilt werden.

Einstimmiger Beschluss des Stadtrats

Hagn verwies nochmals auf die Stadtratssitzung vom 6. November. Dort sei der Raumbedarf das Maß aller Dinge für die Kubatur des Gebäudes gewesen. „Schulungsräume sind in keiner Variante im Erdgeschoß vorgesehen“. Für die Nutzung des Obergeschosses müsse noch ein Grundsatzbeschluss zu den angedachten Wohnungen gefasst werden. Erst dann könne bei den Varianten L oder K die Größe des Obergeschosses bestimmt werden. „Der Stadtrat hat dies auch mit den Stimmen der Bürgerliste einstimmig so beschlossen“. Von seiner Seite, so Hagn, „ist dem nichts hinzuzufügen“. (langer Beifall) Doch er wurde noch länger gefordert.

Isotte Herb von der Bürgerinitiative gab sich damit nicht zufrieden. Sie bedauere sehr, beklagte sie sich bei Hagn, „dass man ihre Initiative in eine bestimmte Ecke gestellt und sich nicht einmal in Ruhe zusammengesetzt hat“, bevor es zu diesen „bösartigen Auseinandersetzungen auch im Stadtrat gekommen ist“. Dort seien die Mitglieder teils „beleidigend aufeinander losgegangen“. Sie habe das Einschreiten und einen Spruch von Hagn vermisst: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Obwohl sich der Stadtrat schon seit Jahren mit dem Feuerwehrhaus beschäftige, seien noch keine Zahlen erhoben worden, wie viele Leute zu welchem Einsatz notwendig waren. Erst danach hätte eine Planung mit einer DIN-Größe erfolgen können. „Warum ist dies nicht geschehen“, fragte Herb. „Klipp und klar“ wollte Herb auch feststellen, dass das alte Gebäude ausreiche, wenn man nur 50 oder 60 Aktive habe.

“Keine Diskussion auf emotionaler Ebene”

Da sah sich auch Feuerwehrkommandant Wolfgang Winkler gefordert. Die Fahrzeughalle entspreche weder einer DIN-Norm noch den Unfallverhütungsvorschriften. Die Zahlen aktiver Mitglieder würden sich ständig ändern. Denn eine seiner größten Aufgaben sei es, Leute für die Feuerwehr zu rekrutieren. „Unser Ziel muss es sein, dass wir einmal wieder 80 Aktive haben“. Die würden dann eben 1,2 Quadratmeter zum Umziehen brauchen. Und dies könne nicht auf einem Verkehrsweg stattfinden.

„Jeder, der den Erhalt des alten Gebäudes fordert, nimmt billigend in Kauf, dass Feuerwehrler verletzt werden“, ergänzte Hagn, „das will und kann ich nicht zulassen“. (langer Beifall). Hagn legt Wert darauf, dass dieses Thema nur auf der fachlichen und nicht auf der emotionalen Ebene diskutiert werde. Für ihn gelte nur der einstimmige Stadtratsbeschluss.

Zu Wort meldete sich auch die Tegernseerin Franziska Falkenberg, die sich in die Unterschriftenliste der Initiative eingetragen hatte. Doch in den vergangenen Wochen habe sie auch die Argumente der anderen Seite gesehen. „Heute würde ich nicht mehr unterschreiben“. Sie hoffe, dass der Streit einmal beendet werde. (langer Beifall)

„Vorgezogener Kommunalwahlkampf“

Manfred Holthoff sagte bei seiner Wortmeldung, dass er die Wortführer der Initiative in keiner Bauausschuss- oder Stadtratssitzung gesehen habe. „Ich habe dort miterlebt, wie über einen langen Zeitraum detailliert die Argumente ausgetauscht wurden“. Was er nicht verstehe, dass erst jetzt die Initiative PRO Feuerwehrhaus in Erscheinung trete. Schon lange seien die Planungen bekannt gewesen. Es „stinke im deshalb“, weil er dieses Vorgehen für einen „vorgezogenen Kommunalwahlkampf“ halte.

Denn bereits Hagns Vorgänger, Peter Janssen, habe schon 2007 von der Regierung von Oberbayern „mitbekommen“, wo es bei dem Feuerwehrhaus im Argen liege „und nichts hat er damals gemacht“. Doch jetzt wolle man dem Bürgermeister und dem Stadtrat „ans Schienbein treten“. Zu einer Initiative gehöre, dass man offen und ehrlich auftrete und Unterschriftenlisten auch abgebe, was nicht geschehen sei. „Wir leben hier am Tegernsee und nicht in Saudi-Arabien oder Katar, wo Repressalien zu befürchten sind“. (langer Beifall)

Ob die Debatte um das Tegernseer Feuerwehrhaus nach dem gestrigen Abend ein Ende findet? / Foto: N. Kleim

Michael Haller, bis 2016 Kommandant der Feuerwehr: „Wir bauen nicht für gestern ein Feuerwehrhaus, sondern für morgen“. Überall sei man in der Machbarkeitsstudie unter dem Ansatz der geforderten Fläche geblieben. Es sei „unglaublich“, dass seinem Nachfolger Winkler angekreidet werde, er baue sich hier seine Berufsfeuerwehr.

Sein Grundwissen „ist für Tegernsee Gold wert“ und das ganze Tal könne froh um solche Leute sein. Zumal Winkler auch Rettungsassistent sei und der Rettungsdienst in diesen Zeiten „zurückgefahren“ werde.  Der angegebene Flächenbedarf zu den Jugend- und Ausbildungsräumen sei „absolut“ notwendig. „40 Quadratmeter für den Jugendraum sind ein Witz“, schimpfte Haller. (langer Beifall)

„Ihr steht jetzt ganz allein da“

Nachdem Staudacher nicht klein beigeben wollte, fiel ihm Hagn ins Wort. „Wir haben nach fünf Jahren nun ausdiskutiert. Ihr steht ganz allein da“. Er sei für die Feuerwehr ganz allein verantwortlich, betonte Hagn und erinnerte an die Unglücke in Bad Reichenhall mit der Eishalle und Schneizelreuth. „Ich werde nichts tun, was einen Feuerwehrmann auch nur annähernd gefährden würde“.

Das Arbeiten im alten Feuerwehrhaus sei „saugefährlich“, gab die ehemalige Stadträtin Manuela Brandl von der BürgerListe zu bedenken. Es sei auch für sie schwer, sich davon zu trennen, doch man müsse eben nun mal Kompromisse schließen und nun konstruktiv miteinander an einer zukunftsfähigen Lösung arbeiten. (langer Beifall)

Dies sei für ihn fast das „Wort zum Sonntag“ gewesen, meldete sich auch Pfarrer Walter Waldschütz zu Wort. Der Streit müsse enden, wenn man auf „das Ganze“ schaue. Seit 35 Jahren sei er Feuerwehrseelsorger, er wisse, wovon er rede. „Wir müssen die Jungen motivieren“, denn sie würden in der Nacht ausrücken. „Ist denn die Materie höher zu schätzen, als das Leben und die Freude der Menschen“, fragte er angesichts der vielen Jungfeuerwehrler im Saal. „Wenn sie einen halben Quadratmeter mehr bekommen, „dann haben sie es verdient“. Er bedankte sich bei den Aktiven mit „einem großen Vergelt‘s Gott“.

Der Stadtrat wird am 4. Dezember eine Grundsatzentscheidung treffen, ob die Neubauvariante K oder L zum Zug kommt. Laut Hagn sei der Baubeginn für “2020 angepeilt”. Nach dieser Bürgerversammlung dürfte ein angedachtes Bürgerbegehren der Initiative nur noch wenige Chancen haben.

Ein weiterer Bericht zur Bürgerversammlung folgt.

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