Jammern kostet Kraft

Im Stimmkreis Miesbach haben über elf Prozent der Wahlberechtigten die AfD gewählt. Das mag nicht jedem aus den verschiedensten Gründen, moralischen wie wahltaktischen Gründen, schmecken. Wegschweigen geht nicht.

Foto: Redaktion

Links von der Mitte herrscht in Bayern aktuell Totenstille. Die SPD – einstellig komatös. Die Grünen ordentlich gerupft, vom 20+ Ziel meilenweit entfernt. FDP und Linke in die außerparlamentarische Ödnis verbannt. Dafür mischen die Freien Wähler mit über 15 Prozent weit oben mit. Woran liegts?

Bei uns im Stimmkreis fing es in der Pandemie an. Die CSU und die Grünen, Verfechter eines strikten Lockdowns, verloren bei vielen Bürgerinnen und Bürgern, zwischen Bayrischzell und Waakirchen, an Akzeptanz. Das merkten schon die Kandidaten der Bundestagswahl. Schiere Wut schlug ihnen von einigen entgegen. Nun kam erneut die Migrationskrise hinzu, die irgendwie aus der Kontrolle zu geraten scheint. Im Fernsehen sah man junge Menschen festgeklebt auf der Straße. Man akzeptiert in Oberbayern viele bunte Vögel, nur Chaos und Unterganggetöse mag man nicht. Das aber wurde und wird noch immer transportiert. Mit einer unglaublichen Wahlkampf-Anstrengung konnte die CSU, allen voran Ilse Aigner, das Schlimmste verhindern, für eine halbwegs seriöse Politik begeistern. Aber es bleiben schwere Verwerfungen – auch bei uns im Stimmkreis – zurück.

Nur – Jammern über diesen Zustand kostet Kraft. Eine Partei wie die AfD ist nicht zu ignorieren. Sie ist jetzt eine ernstzunehmende Kraft, auch wenn ihre Funktionäre oft rechtsextrem auftreten, eine widerliche Nähe zu Despoten zeigen und völkischen Müll absondern. Also, holen wir sie raus aus der selbtgebastelten Märtyrer-Ecke, konfrontieren wir sie mit Sachfragen, entgehen so der sinnfreien Moraldebatte. Sind die Herrschaften zuweilen widerlich? Klar. Aber Politik bedeutet eben auch, sich zuweilen die Hände im Diskurs schmutzig zu machen, die sich dauerhaft selbst bestätigende Bubble zu verlassen und vielleicht unangenehme Themen aktiv anzugehen, statt Sprechverbote auszustellen.

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Es hilft nicht, sich immer wieder zu entrüsten. Das tut zwar im Moment gut, fördert langfristig eine Trotzhaltung bei vielen Wählerinnen und Wählern. Generell wäre es hilfreich für viele Menschen, auch Journalisten (Grüße gehen raus an die SZ), vom moralischen Ross abzusteigen und Probleme aktiv zu benennen. Das gilt für die Apokalyptiker von der Letzten Generation wie auch für das drängende logistische, wie auch gesellschaftliche Problem der Migration in unseren Landkreis und unser Land. Wegschauen funktioniert nicht mehr.  

Und dann ist da die CSU. Wahlkampf können sie. Wo immer etwas eröffnet wurde, durchschnitten oder jemand geehrt werden musste: Ilse war da. Sie hat mit einem sehr langen, sehr intensiven Wahlkampf bei uns für die CSU das Schlimmste verhindert. Sie polarisiert nicht, ist kompetent und hat, so wirkte sie zumindest auf uns, einen klaren moralischen Kompass. Der war nicht bei jedem in diesem Wahlkampf zu erkennen. Aigners Engagement wurde von einer ebenso extrem präsenten Wahlkampfcrew unterstützt. Sie haben durchsichtiges Populismus-Gekreische weitestgehend vermieden. Und auch wenn sie damit unter 39 Prozent blieben, und damit weit von einstigen Erfolgen entfernt sind, hat der Landkreis augenscheinlich eine gute Vertretung in den Landtag gewählt.

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