Berufung Saurüsselalm:
Jetzt geht’s um die Sau

Heute geht es im Bayerischen Verwaltungsgerichtshof um die Wurst, pardon Sau. Denn das Verfahren könnte das Ende der Saurüsselalm einleiten oder eben den Anfang zur Luxus-Bergwelt. Drei Fakten zur Einordnung.

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Hunger? Durst? Wanderer, die auf die Aueralm oder den Fockenstein wollen, landen selten bei der Saurüsselalm. Argumentiert wird dennoch, dass hier Bergsteigerinnen versorgt werden. / Foto: Redaktion

#1 – Wer streitet?

Der Verein zum Schutz der Bergwelt (VzSB) und die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) klagten im Sommer 2022 gegen das Landratsamt. Das hatte nämlich den Umbau der einst landwirtschaftlich betriebenen Söllbachaualm hin zu einer Event-Location genehmigt. Obgleich die Hütte im Landschaftsschutzgebiet (LSFG) Tegernsee und Umgebung liegt, pardon lag. Das Landratsamt genehmigte Hüttenabende bis 22.00 Uhr und 15 sogenannte Sonderveranstaltungen, die auch beinhalten, die gutaussehende Gästeschar nachts durch den Wald zu shutteln. Wieder ein einfacher Gewinn für den Alm- und Betonbaron Haslberger. Denn dem gehören neben der Saurüsselalm auch der Bauer in der Au und die Söllbachklause und etwa 480 Hektar Jagdrevier.

Das Verwaltungsgericht München hat die Klage dann abgelehnt. Die 15 Partynächte mit Shuttle-Service waren der Justiz nicht zu vermitteln.

Achtung: Beklagter ist der Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt und die Gemeinde Bad Wiessee. Denn auch der König der Almen brauchte einst eine Baugenehmigung. Die hat er zuerst vom Gemeinderat Bad Wiessee bekommen, und dann von der eigentlichen Instanz, dem Landratsamt Miesbach. Das ist nämlich die oberste Baubehörde. Wenn das Urteil heute aufgehoben wird, darf man sich schon fragen, ob es nicht für alle Parteien schlauer gewesen wäre, die Diskussion schon an der Basis hart zu führen.

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#2 – Party-Sause für jede Almwiese

In der heutigen Berufung überprüft der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, ob das so stimmig war, was das vorherige Gericht entschieden hat. Damit steht alles wieder auf dem Prüfstand: Die eine Seite macht sich Hoffnung, dass daraus ein Urteil mit Strahlkraft wird, die andere will die Party-Kutsche zur Alm klarmachen.

VzSb und SGT formulierten das einst so: “Ob unsere Almlandwirtschaft entweder bewahrt oder verkauft wird!” (Quelle: Pressemitteilung VzSb und SGT, September 2021). Denn der schöne Tegernsee ist voller Möglichkeiten: zum Beispiel 18 herzogliche Almen.

#3 – Durstige Wanderer, fleißige Landwirte

Auch das Argument für eine sogenannte Privilegierung im Außenbereich wird heute eine Rolle spielen. Sehr grobkörnig kann man das übersetzen mit: auf der grünen Wiese bauen ist verboten, außer man jobbt als Landwirtin oder Förster. Und auch dann ist der Bau auf den Zweck ausgerichtet, eine Scheune, ein Unterschlupf für die Tiere, etc.

Das Landratsamt Miesbach behauptet, dass auch Alm-Gaststätten eine Privilegierung erhalten können, wenn sie etwa erschöpfte Wanderer versorgen. Doch hier geht es nicht um ein Radler und ein Wurstbrot. Auf der Saurüsselalm gibt es “Frühaufs Kälberne Fleischpflanzerl” und eine Almbrotzeit für 22,30 Euro (Quelle: Speisekarte). Der ehemalige Koch von Helmut Kohl ist kein Pausenbrotbäcker. Die VzSB schreibt in einer E-Mail an Ministerin Michaela Kaniber, man könne bei der Saurüsselalm nicht davon ausgehen, dass sie für die Versorgung von Erholungssuchenden notwendig sei (Quelle: vom VzSB). Zum einen war die Söllbachaualm bis zum kreativen Straßenbau von Haslberger nicht mal auf einer Wanderkarte verzeichnet.

Zum andern ist es ein Zirkelschluss:

Die Argumentation, die durstenden Bergsteigerinnen zu versorgen, klingt freundlich, ist aber falsch: Denn da war niemand vorher. Die Lust auf Speisen und Getränken in einem der idyllischsten Flecken am Tegernsee wurde mit der Saurüsselalm erschaffen. Seit Dezember 2021 gehen Menschen den Berg hoch oder lassen sich kutschieren, um in den Genuss der Küche von Frühauf zu kommen. Vorher nicht.

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