Kapazitäten jetzt schon am Limit

Die Ankerzentren in Bayern kommen an ihre Aufnahmegrenzen. Doch gerade für den Winter wird mit steigenden Zahlen der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gerechnet. Auch die Zahl der ankommenden Asylbewerber steigt. Vor welchen Herausforderungen steht der Landkreis?

2016 – In Rottach-Egern entsteht eine Flüchtlings-Unterkunft. Auch 2022 plant das Landratsamt zusätzliche, Unterkünfte in Containerdörfern in Holzkirchen und Hausham. / Quelle: Archiv

In der Kreistagssitzung am Dienstag stand unter anderem ein aktueller Bericht zur Situation der Flüchtlinge im Landkreis auf der Tagesordnung. Abteilungsleiterin Teresa Nitsch aus dem Miesbacher Amt für Öffentliche Sicherheit und Kommunales, stellte den Räten die neuesten Zahlen zur Aufnahme sowie einen Bericht über die Betreuung der Flüchtlinge vor.

Dank an die Mitarbeiter im Landratsamt

Zuvorderst richtete Nitsch ihren Dank an das gesamte Team in Landratsamt, das in den zurückliegenden neun Monaten Großartiges geleistet habe. Die Herausforderungen seien vielfältig gewesen. Von der Aufnahme, der Registrierung, der Unterbringung bis hin zur Antragsstellung für die finanzielle Unterstützung. Diesem Dank schloss sich auch Landrat Olaf von Löwis sowie die Kreisräte in ihren Beiträgen ausdrücklich an.

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Die Abteilungsleiterin aus dem Bereich Amt für Öffentliche Sicherheit und Kommunales betonte, dass man im Landkreis zwischen zwei unterschiedlichen Flüchtlingsgeschehen unterscheide. Zum einen seien da die Menschen aus der Ukraine und vermehrt auch aus Russland, die aufgrund des Krieges in der Ukraine Schutz suchen. Zudem gebe es auch verstärkt wieder eine Flüchtlingsbewegung aus dem Süden. Das Ankerzentrum in Bayern habe schon signalisiert, an seine Unterbringungskapazitäten zu gelangen.

Somit sei bald wieder, wie die Abteilungsleiterin ausführt, mit der Zuweisung von Asylsuchenden im Landkreis zu rechnen. Auch bei den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine werde sich das Geschehen nach einer Entspannung im Sommer wieder deutlich verstärken. Schon aktuell werde ein Anstieg der Zahlen beobachtet, die sich zum Winterbeginn noch deutlich erhöhen werden, ist Nitsch sich sicher.

Hoffnung liegt auf Containerdörfern in Hausham und Holzkirchen

Allerdings sei der Landkreis, auch ohne die Erreichung der festgelegten Aufnahmequote des Landes, fast schon am Limit der Aufnahmemöglichkeiten angekommen. Zumal neben der reinen Unterbringung in den Notunterkünften in den beiden aktuell genutzten Sporthallen im Landkreis immer auch berücksichtigt werden müsse, welcher Flüchtling, wo und mit wem zusammen untergebracht werden kann. Und ob es sich zum Beispiel um Familien oder Einzelpersonen handele. Es seien sehr viele Faktoren, die bei der Unterbringung durch ihre Mitarbeiter berücksichtigt werden müssen.

Aktuell sei man auf der dringenden Suche nach weiteren Wohnmöglichkeiten für Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind, informiert die Abteilungsleiterin. Allein 300 bis 400 Plätze fehlen aktuell im Kreis, da auch viele Flüchtlinge, die zu Beginn der Fluchtwelle aus der Ukraine privat oder in Ferienwohnungen Zuflucht gefunden haben, dort nicht länger bleiben können. In diesem Zusammenhang richtet Nitsch einen dringenden Appell an die Anwesenden Räte:

Wenn sie freien Wohnraum, Häuser oder auch Grundstücke haben, melden Sie sich bitte bei uns.

Entlastung erhofft sich der Landkreis von zwei geplanten Sammelunterkünften in Holzkirchen und in Hausham, die sich aktuell in der Genehmigungs- und Kostenübernahmephase befinden, wie der Landrat informierte.

Einziger Landkreis, der Flüchtlinge in Turnhallen unterbringt

In den geplanten Containerunterkünften sollen bis zu 300 zusätzliche Unterbringungsplätze geschaffen werden, wie schon während der Flüchtlingswelle 2015/16 unter anderem in Rottach-Egern. Von Löwis hofft auf ein schnelles Verfahren zur Nutzung der neuen Unterkünfte. Gleichzeitig bedankt sich der Landrat für die Unterstützung der beiden Landkreisgemeinden.

Von Löwis ließ keinen Zweifel daran, dass man zudem dringend über die hohe Zuteilung von Asylbewerbern auf der Grundlage des Königssteiner Schlüssels reden müsse. Dies sei auch ein Ergebnis der regelmäßigen Gespräche mit seinen Landratskollegen in Oberbayern gewesen. Wobei sich, auch das stellte von Löwis deutlich im Kreistag heraus, die Situation im Kreis Miesbach ungleich dramatischer darstelle als in den Nachbarkreisen:

Wir sind der einzige Landkreis, der schon auf die Unterbringung in Turnhallen zurückgreifen muss. Wobei wir noch nicht einmal die für uns festgelegte Quote an Flüchtlingen erreicht haben.

Aktuell leben hier 990 Flüchtlinge aus der Ukraine und rund 1.451 Asylbewerber. Wobei, wie die Mitarbeiterin des Landratsamtes deutlich macht, dieses nur ungefähre Zahlen seien, da durch Abwanderung auch ins Ausland oder Rückkehr in die Heimat die genauen Daten kaum zu ermitteln seien.

Unter den Flüchtlingen befinden sich zudem viele Kinder, wie Nitsch auf Nachfrage eines Kreisrates bestätigt. In der Altersgruppe bis 5 Jahre kommen 70 aus der Ukraine und 58 aus anderen Kriegsgebieten. Bei Kindern bis zu 10 Jahre leben im Landkreis 84 aus der Ukraine und dazu 31 anderer Nationalität. Besonders hoch sei die Zahl auch bei den Jugendlichen. Hier kommen 147 aus der Ukraine und 32 aus dem Bereich Asyl.

Fehlende Kinderbetreuung verschärft die angespannte Lage

Durch die hohen Zahlen bei den Kindern und Jugendlichen ergebe sich, so Nitsch, eine weitere riesige Herausforderung für den Landkreis und die betroffenen Familien. Sei es schon in normalen Zeiten für Einheimische schwierig, einen Betreuungsplatz für die Kinder zu finden, ständen die Flüchtlinge und die Mitarbeiter des Amtes hier vor einer fast unlösbaren Aufgabe.

Dem stimmte auch der Landrat zu. Schon jetzt bringe der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz mit sich, dass sich das Landratsamt mit einigen Klagen von heimischen Eltern konfrontiert sehe. Auch seien, so von Löwis, die ersten Klagen erwartungsgemäß vor Gericht verloren worden. Man fühle sich in dieser Frage von der Politik alleingelassen, auch wenn in allen Gemeinden des Kreises gerade die höchsten Anstrengungen unternommen werden, neue Betreuungsplätze zu schaffen.

Denn so, wurde ebenfalls berichtet, sei es nur schwer für die Mütter unter den Flüchtlingen, eine Festanstellung anzunehmen und somit von der staatlichen Förderung unabhängig zu leben. Zum Abschluss unterstrich Nitsch ausdrücklich, dass es ihren Mitarbeitern, trotz eines hohen Krankenstands, aktuell gelinge, die priorisierten Aufgaben im Rahmen des Ausländerrechtes zu meistern. Dafür bleiben zwar weniger zeitkritische Aufgaben unerledigt, aber man müsse in diesen Zeiten Prioritäten setzen, räumt die Mitarbeiterin ein. Das gesamte Haus sei momentan vollumfänglich gefordert.

Es sind und bleiben wohl herausfordernde Zeiten für die Mitarbeiter des Landratsamtes und auch für die vielen Helfer in den beteiligten karitativen Organisationen im Landkreis.

Zumal Ende des Jahres erneut die Bearbeitung der Anträge für die Verlängerung des Rechtskreiswechsels im Dezember ansteht. Alle ukrainischen Flüchtlinge im Landkreis sind daher aufgefordert, zeitnah die dazu nötigen Anträge auszufüllen und im Landratsamt Miesbach einzureichen.

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