Wo jetzt an der Wilhelminastraße noch drei Tennisplätze vorhanden sind, plant SME gegenüber dem neuen Jodbad ein Wohnheim für die Mitarbeiter des ins Stocken geratenen Aktivitätshotels samt Medizinzentrum. Was grundsätzlich als Schaffung von Personalwohnraum begrüßt wurde, konnte gestalterisch nicht überzeugen. Auf dem Ratstisch lag der Bauantrag von SME zur Errichtung eines Gebäudes mit 86 Zimmern. Ihre Größe betragen laut Bauamtsleiter Helmut Köckeis zwischen 15 und 25 Quadratmetern. Zwar könnten Wohngebäude im Genehmigungsfreistellungsverfahren behandelt werden, doch hier würde es sich um einen Sonderbau nach dem Bayerischen Baugesetzbuch handeln, bei dem der Brandschutz eine besondere Stellung einnehme. Wenn auch Höhe, Länge und Breite des u-förmigen Gebäudes gesetzeskonform seien, so ist für Köckeis die Baugestaltung nicht „so ganz glücklich“, als er die Südansicht auflegte. Über drei Geschoße reihte sich ein Fenster ans andere.
„Wie eine Kaserne“, urteilte Fritz Niedermaier (Wiesseer Block), „unglücklich und grauslig“, befand auch Klaudia Martini (SPD). Ob der Entwurf etwa gar von Architekt Matteo Thun stamme, fragte Kurt Sareiter (CSU). Doch damit würde sich das von Thun beauftragte Planungsbüro an die Ortsgestaltungs-Satzung halten, auch wenn es laut Köckeis trotzdem „nicht schön ausschaut“. Überall an dem Gebäude seien Fenster und Zimmer genormt. SME habe dafür auch keine Balkone vorgesehen, denn die Mitarbeiter könnten eine große Terrasse nutzen. Auf seine Rückfrage, so Köckeis, ob es von SME gestalterische Verbesserungen gebe, habe er „noch keine Rückmeldung bekommen“.
Sondersitzung mit SME im Juni
Rolf Neresheimer (ranBW): Nachdem es ohnehin „bald eine Baustillstand gibt“ und das Hotelprojekt „neu evaluiert werde“, könne man dieses Bauvorhaben getrost zurückstellen. So lange, bis es überarbeitet ist und im Kontext der Gesamtplanung dem Gemeinderat in einer angekündigten Sondersitzung vorgestellt werde. Dann könne man die Verhandlungsbereitschaft zur Gestaltungsänderung ausloten.
Gegenüber Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block) hätten sich die Vertreter von SME bereit erklärt, „dem Gemeinderat im Juni“ Rede und Antwort zu stehen. Er verwies auch darauf, dass noch kein Baustillstand bestehe. Es würden noch einige Gewerke fertig gestellt. „SME ist nach wie vor an der Verwirklichung des Konzepts mit Hochdruck dran“, so Höß. Aber es seien zwei wesentliche Punkte aufgetreten. Zum einen der Denkmalschutz bei der Wandelhalle, die einst nicht so gegründet wie erhofft worden sei. „Da sind extrem teure Maßnahmen zur künftigen Nutzung als Gastronomiebereich notwendig“. Zum anderen sei es der Untergrund von Bad Wiessee. Vor allem die Moorböden seien immer wieder mit Öladern versetzt. Zu sehen sei dies auch in der Finner-Bucht mit einem gelegentlichen Ölfilm, „der aus der Natur kommt“. Solches Erdreich werde aber als kontaminiertes Material behandelt, was den Aushub „extrem“ verteuere. „Oberstes Ziel“ von SME aber sei, „das Projekt wie geplant umzusetzen“, verdeutlichte Höß. Die Investoren haben bis jetzt schon sehr viel Geld in die Hand genommen. Höß sprach von einem annähernd „zweistelligen Millionenbetrag“.
Überarbeitung der Pläne gefordert
Kurt Sareiter wollte nicht voraussagen, was im Kurviertel in einem halben Jahr passiere. Wenn SME nicht mehr weitermachen wolle, wäre auch das Personalwohnheim nicht mehr sinnvoll. Was auch immer auf dieser Sondersitzung von SME „erzählt“ werde, man wisse nicht, „ob die das dann auch einhalten“. Er sei inzwischen misstrauisch geworden, so Sareiter, er habe ein „schlechtes Gefühl“.
Köckeis verwies darauf, dass die Gemeinde zu Bauanfragen innerhalb von acht Wochen eine Stellungnahme abgeben müsse, sonst könne sich der Bauwerber direkt ans Landratsamt wenden. Ob der Bauantrag für das Personalhaus ein oder zwei Monate später behandelt werde, dürfte angesichts des angekündigten Baustopps nicht von großer Bedeutung sein, meinte Köckeis.
Wenn der Bauwerber sage würde, so Bernd Kuntze-Fechner (SPD), die Pläne für das Personalhaus „auf Halde“ zu legen, „dann wäre das wunderbar“. Doch der Bauausschuss sollte einen Beschluss fassen, „dass er sich mit dieser Art von Gestaltung nicht anfreunden kann“. Dies sollte das „klare Signal“ des Gemeinderats sein. Markus Trinkl (Wiesseer Block) möchte „keine Kaserne“ gegenüber dem neuen Jodbad: „Das kann’s nicht sein“, wo man dort doch „gestalterisch unterwegs“ sei. Der Bauwerber sollte das ganze Konzept nochmals „überarbeiten“ und dann „wiederkommen“. Auch ein Personalhaus könne „anständig“ aussehen.
“15-Quadratmeter-Zellen”
Für Klaudia Martini (SPD) geht so ein Haus an der „Einfahrt zum neuen Kurzentrum gar nicht“. Hinten gebe es eine „wunderbare Architektur mit einem 5-Sterne Hotel von Matteo Thun und dann „steht vorne diese Kaserne mit 15-Quadratmeter-Zellen“. Das reiche nur für eine Pritsche. Das „geht gar nicht“. In dieser Deutlichkeit sollte man es auch vermitteln. Allen gefalle diese Bauunterbrechung nicht, doch Martini warnte davor, sich „aufgeregt“ durch die Berichterstattung „nach oben schaukeln zu lassen“. Schließlich habe der Gemeinderat einen „sauberen Entscheidungsprozess gemacht“, sagte Martini, die davon ausgeht, dass das Projekt „auch realisiert wird“. Es wäre nicht das erste Großprojekt, das mal „ins Stocken“ gerate.
Für Florian Sareiter (CSU) passte der Baustopp und der Bauantrag „nicht zusammen“. Einigkeit herrsche am Ratstisch, dass man ein solches Personalwohnheim nicht wolle. Er jedenfalls sehe die gegenwärtige Situation von SME nicht „mit einer rosaroten Brille“. Niedermaier stellte sich unter einer Wohnbebauung für Angestellte „etwas anders vor“. Denn diese kasernenartige Zimmer „tut man nicht einmal einen Flüchtling rein“. Darin würde man nur Mitarbeiter unterbringen, „die sonst keine berufliche Alternative haben“. Gute Leute würden eine „gscheite Wohnung“ wollen. „So etwas ist eine Frechheit“.
Der Bauausschuss verständigte sich einstimmig darauf, den Bauantrag so lange zurückzustellen, bis eine Klärung der Gesamtsituation von SME erfolgt sei. Ein Einvernehmen werde aus gestalterischen Gründen „nicht erteilt“.
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