Während im Waakirchner Ortsplanungsausschuss schon darüber diskutiert wird, wie die Fläche beim Kieswerk Krottenthal künftig genutzt werden soll (wir berichteten), ist die Stimmung am Kieswerk auf dem Nullpunkt. Darüber, dass das seit 1960 bestehende Werk tatsächlich geschlossen werde, davon wisse er ja noch gar nichts, sagt der als „Zwischenlösung“ fungierende Pächter, der das Kieswerk erst im vergangenen Jahr vom Insolvenzverwalter abgelöst hatte.
Soweit er informiert sei, prüfe das Landratsamt derzeit, ob die Betriebserlaubnis entzogen werde oder nicht. In die Insolvenz sei das Kieswerk aus Erbschaftsgründen gegangen, sagt er. Zwischen zehn bis 300 Tonnen Kies verkaufe er täglich hier in Krottenthal, wobei der Kies schon seit 1934 nicht mehr am Standort selbst abgebaut, sondern aus München geholt wird. Eine Tonne Kies – mit den kleinen rund gebrochenen Steinen – kostet zwischen 9 und 13 Euro, der kantige Splitt 14 Euro.
Kieswerk vor dem Aus?
Kies und Schotter sind in Deutschland knapp geworden. Die Bauwirtschaft boomt – und das Material für Haus und Grund ist unerlässlich. Große Mengen davon werden für Beton und Mörtel verwendet. Nach einem Bericht des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe, kurz MIRO, sind im Jahr 2016 deutschlandweit rund 247 Millionen Tonnen Bausand und -kies im Gesamtwert von 1,6 Milliarden Euro verkauft worden, etwa 9,9 Millionen Tonnen Quarzsand und -kies im Wert von 211,7 Millionen Euro.
Da der Bauboom anhält, wird der heimische Rohstoff knapp. Seit Jahren sinkt die Anzahl der Kiesgruben. Und aus ökologischen Gründen werden sie nur noch selten genehmigt. Auch in Krottenthal muss das Material schon seit Jahren aus München angekarrt werden. Sollte das ortsnahe Kieswerk trotzdem dicht gemacht werden, so der derzeitige Pächter, dann wären davon vor allem mittelständische Unternehmen betroffen. Sie wären nicht nur gezwungen, fürs benötigte Material weitere Wege in Kauf zu nehmen, sondern müssten zudem ihre Preise um mindestens das Doppelte anheben.
Was passiert also mit dem Kieswerk? Auf Nachfrage beim Landratsamt erklärt Pressesprecher Birger Nemitz:
In diese Angelegenheit sind von unserer Seite der Fachbereich Umwelt und Naturschutz und das Staatliche Bauamt involviert. Dem Kieswerk Krottenthal wird eine Betriebserlaubnis nicht entzogen.
Der frühere Geschäftsführer des Kieswerks, Herr Kretschmer, sei von der Unteren Immissionsschutzbehörde bereits vor Jahren zur Sanierung der alten Brecheranlage aufgefordert worden. Diese habe die Lärmschutz- und Lufreinhaltungsauflagen nicht mehr erfüllen können. Im Jahr 2012 habe Kretschmer der Behörde mitgeteilt, dass er eine Sanierung der Anlage nicht mehr durchführen wolle, und dass die Anlage nicht weiter betrieben werde.
Damit sei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erloschen, so Nemitz weiter, und eine neue Genehmigung sei seither nicht beantragt worden. Seither sei nur das Brechen von natürlichem Kies „immissionsschutzrechtlich genehmigungsfrei“ gewesen. Und das auch nur in einem maximalen Umfang von zehn Tagen pro Jahr. Baurechtlich sei das Problem dazugekommen, dass die Betriebsflächen des Kieswerks Krottenthal im Außenbereich liegen.
Brecheranlagen für Kies seien aber im Außenbereich nicht privilegiert, so Nemitz. Voraussetzung dafür sei ein genehmigter Kiesabbau auf dem Grundstück der Brecheranlage oder zumindest im unmittelbaren Umfeld. Doch genau diese genehmigten Kiesabbauflächen fehlen – und frühere seien ausgelaufen.
Insofern sei auch die gesamte Anlage nicht mehr privilegiert. „Auch das Brechen im oben genannten Bagatellumfang von bis zu zehn Tagen pro Kalenderjahr ist nicht mehr zulässig.“ Der derzeitige Betreiber sei vom Landratsamt bereits darüber informiert worden, dass er nun zwei Möglichkeiten habe:
1. Er kann sich um die Genehmigung für einen Kiesabbau im näheren Umfeld der Anlage bemühen. Dann könnte auch eine neue, immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Brechen von Kies beantragt werden – befristet, solange der Kiesabbau vor Ort laufe.
2. Da das Betriebsgelände unmittelbar an das Gewerbegebiet Krottenthal angrenzt, könnte sich der Betreiber bei der Gemeinde Waakirchen um eine Erweiterung des Gewerbegebietes bemühen.
Ein auf Müll aufgebautes Gewerbegebiet?
In einem ausgewiesenen Gewerbegebiet sei eine Kiesbrecheranlage grundsätzlich bauplanungsrechtlich zulässig, so Nemitz weiter. Die Erweiterung des seit 2011 bestehenden Gewerbegebietes wäre somit eine dauerhafte Lösung, die nicht vom Kiesabbau an Ort und Stelle abhängen würde, sagt er. Die Gemeinde könne eine derartige Lösung aber auch ausschließen. Hier habe sie volle Planungshoheit.
Doch die Schwierigkeiten bei einer Erweiterung des Gewerbegebietes lägen darin, dass das Krottenthaler Gebiet keinen öffentlichen Kanalanschluss hat und auf einer ehemaligen Mülldeponie liegt. Jeder neue Betrieb beziehungsweise Bauherr wäre dann zum einen selbst für eine Kleinkläranlage verantwortlich, zum anderen gebe es wegen der “Altlasten” bestimmte Auflagen zu erfüllen.
Außerdem gibt es laut Nemitz bei den Grundstückeigentümern, der Erbengemeinschaft Heckelsmüller, noch keine Einigung darüber, wie das Gelände überhaupt genutzt werden soll. Aus diesem Grund müssten bei einem eventuellen Aufstellungsverfahren alle Belange abgewogen werden, so der Pressesprecher. Und damit meint er sowohl die Lage im Landschaftsschutzgebiet als auch die kartierten Biotopflächen auf dem Betriebsgrundstück. „Vorab können wir dazu kein Urteil treffen“.
Was wäre die Alternative?
Das Fischbacher Entsorgungsunternehmen Grubmüller hingegen – einer der letzten Entsorger im Landkreis – würde die Pleite des Kieswerks gerne nutzen, um sowohl Sperrmüll, Bauschutt und Schrottautos zu entsorgen, als auch Container unterzustellen. „Wir halten den Landkreis sauber“, verteidigt Firmeninhaber Martin Grubmüller, der seit zehn Jahren einen geeigneten Standort sucht und immer wieder auf Widerstand stößt, sein Vorhaben.
„Müll will leider keiner sehen und hören, aber würden wir hier im Landkreis die Segel streichen, hätten viele ein Problem mit der Entsorgung.“ Er würde die Fläche am Kieswerk versiegeln, eine Halle hinbauen, um Lärm zu vermeiden, und mit dem „Abfall“ Strom erzeugen. „Und Lkws würden auch nicht mehr rein- und rausfahren als jetzt.“
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