Köcks Verlängerung

Als typisches Verlängerungsspiel könnte man die Rottacher Bürgerversammlung am gestrigen Donnerstagabend bezeichnen. Wenig Ballkontakte. Langwierige Pässe. Manchmal ein leichtes Stochern über die Linie. Nach Elfmeter kam man dann doch noch mit einem Unentschieden zum Ende.

“Das war Verlängerung mit Elfmeter”: Christian Köcks Kommentar zu seinem Zeitmanagement bei der Bürgerversammlung

„Wir sind Mannschaftsspieler.“ So beendete Christian Köck, der Bürgermeister von Rottach-Egern die Bürgerversammlung zu weit vorgerückter Stunde. In einem Miteinander solle man das ganze – die anstehenden Aufgaben – angehen. So wünscht es sich der Rathauschef. Indes war der Saal des Seeforums mit etwas mehr als 60 Gästen gerade einmal halb voll. Ein Großteil davon Gemeinderäte und Angestellte aus Verwaltung und Betriebshof.

Brennt den Rottachern so wenig unter den Nägeln? Oder wurde vieles schon diskutiert? Jedenfalls ging es recht ruhig zu bei der Bürgerversammlung. Zuerst konnte man in einem Vortrag von Polizeihauptkommissar Roman Hörfurter (Polizeiinspektion Bad Wiessee) erfahren, wie man sich vor Trickbetrügern schützen kann. Anschließend brachte der Rathauschef seinen ausführlichen Rechenschaftsbericht zum besten. Die Themen sind nicht neu:

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Wohnraum schaffen – aber wie?

„Thema Nummer 1 ist die Bautätigkeit bei uns im Ort, über die wir uns die letzten Jahre viele Gedanken gemacht haben“, so Köck. Wie wir berichteten, gehört Rottach zu den teuersten Wohngegenden Deutschlands.

Man wolle sich gegen die immer größer werdende Bauwut in Rottach wehren. Was ist machbar – was ist verträglich, das wolle man abwägen. Dabei sei die Ortssatzung die Bibel. Mit dem Instrument Bebauungsplan will man zusätzlich entgegensteuern und sich „gegen bloßes Spekulantentum schützen.“

Unter diesem Gesichtspunkt hätte man im vergangenen Jahr auch den Bebauungsplan Nr. 24 „Karl-Theodor-Straße/Dr.-Scheid-Straße/Baumgarten- und Risserkogelstraße“ veraschiedet. Ziel sei es, den Charakter des Ortes zu schützen und Rottach als lebenswert für Einheimische und Touristen zu schützen. Köck dazu:

Ich bekomme Bauchweh, wenn ich mir anschaue, wie andernorts damit umgegangen wird.

So wolle man beispielsweise verhindern, dass ein Einfamlienhaus einfach gegen zwei Mehrfamilienhäuser ausgetauscht werden dürfe. Das Landratsamt hätte hier jedoch noch ein Wörtchen mitzureden. Mit der Problematik rund um die Bauwut umzugehen, sei jedoch nicht immer ganz leicht, gab Köck zu. Vor allem weil die angeratenste Geldanlage derzeit Immobilien seien.

Viel Wohnraum gehe durch Zweitwohnsitze verloren, sprach Köck auch die bekannte Problematik an. Manchem Einheimischen sind die sogenannten “Rollladensiedlungen” ein Dorn im Auge. Allein dadurch, dass man den „Bürgern auf Zeit“ mittels Einführung einer Zweitwohnsteuer finanziell in die Tasche greift, kann den Run auf Immobilien nicht stoppen. Dem ausgelegten Datenblatt konnte man die gestiegene Zahl der Bürger mit Nebenwohnsitz entnehmen: 1.269 (Vorjahr: 1.247).

Weiteres Gemeindehaus soll Wohnraum bringen

Im Ortsteil Ellmösl will die Kommune zu den vorhandenen zwei Gemeindehäusern ein drittes Gebäude neu bauen. Die beiden vorhandenen sollen energetisch saniert werden. Neun Wohnungen sollen vor allem (jungen) Familien mit kleinerem Geldbeutel – weil Sozialer Wohnungsbau – ein neues Zuhause schaffen, wie Köck referierte:

Nicht jeder hat das Glück, Erbe zu sein.

In Sachen Straßenbau und -sanierung hatte die Gemeinde im vergangenen Jahr einiges zu tun. Die Suttenstraße konnte fertig saniert werden. Vom Tal bis zur Moni-Alm kann man sich seitdem auf neuer Fahrbahn fortbewegen. Doch Qualität hat auch seinen Preis. Im Zuge der Sanierung hat die Gemeinde die Mautgebühren erhöht. Nicht zuletzt, um die Sanierungskosten wieder hereinzubekommen. Bezahlen muss jeder, vom Almbauern, Gastronomen bis zum Bürgermeister.

Auch zum neuen Gewerbegebiet „An der Barthsäge“ wurde eine neue Straße gebaut. In dem Areal sieht Köck gewerbetechnisch Potenzial. Denn neben dem bestehenden Gebiet „Lori Feichta“ stehen nun endlich weitere Flächen für Gewerbe zur Verfügung. Man könne nicht allein vom Tourismus leben, so Köck in seinem Bericht.

Das Interesse an der Bürgerversammlung hielt sich in Grenzen – gerade einmal halb voll war das Rottacher Seeforum.

Eine weitere Sanierung betrifft den Weg zu den Rottachfällen. Diese wäre technisch eine ziemliche Herausforderung gewesen – wegen des unwegsamen, steilen Geländes. Dafür würde sich das Naturschauspiel rund um die in mehreren Kaskaden übereinander gereihten Wasserfälle nun in neuem Glanz zeigen. Mit dem Geländer an dem hölzernen Steg und dem Brotzeitplatz sicher ein schönes Ausflugsziel für Touristen, Einheimische und auch Schulklassen, wie Köck meint.

Weitere kleinere Aktivitäten hatte Köck in seinem Rechenschaftsbericht zu vermelden. In etwa, wie die Energiewende im Tal gelingt. Dieser Frage war man im Dezember im Rahmen einer talweiten Gemeinderatssitzung nachgegangen. Auch eine zweite E-Tankstelle konnte errichtet werden – an zwei Stellplätzen kann man nun am Wandinger-Parkplatz Strom für’s Auto zapfen. Schulhausbau, Hochwasserschutz, Tourismus, Toiletten, Hundekot… Köck berichtete über etliche Themen, bevor er schließlich zu den Finanzen kam.

In Rottach ist das Geld daheim

Rottach ist gut aufgestellt, was Finanzen angeht. Das zeigten Köcks Ausführungen zum Haushalt der Kommune. Man rechnet mit 3,5 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen sowie 1,7 Millionen Grundsteuer. Über die Zweitwohnsteuer sollen 960.000 Euro hereinkommen. „Wir stehen gut da in Rottach“, ist sich Köck sicher.

Untrügliches Zeichen dafür ist auch die Pro-Kopf-Verschuldung, die mit 344 Euro weit unter dem Landesdurchschnitt (784 Euro) liegt. Kleiner Wermutstropfen dabei: inklusive der anteiligen Schulden des Schulverbandes liegt sie bei 567 Euro. Dabei wuchtet die Gemeinde mit fast 19 Millionen im Verwaltungshaushalt und 3,1 Millionen im Vermögenshaushalt ein ganz schönes Volumen.

Wenig Anträge von Bürgern

Bei den Ausgaben ist wohl der Neubau an der Rottacher Schule der größte Posten. Der 50 Jahre alte Bungalow soll abgerissen und ein neues Schulhaus entstehen – Kostenpunkt an die 8 Millionen Euro abzüglich Förderung. Auch schlagen Personalkosten von 3,6 Millionen Euro zu Buche. Die Kreisumlage belastet mit fast 4,9 Millionen und die Baumaßnahmen rund um das Gemeindehaus in Ellmösl sollen 1,8 Millionen Euro kosten.

Wer Kritik hören wollte, wurde an diesem Abend enttäuscht. An Anträgen und Wünschen von Bürgern wurde nicht viel neues auf den Tisch gebracht. Was sicher auch an der fortgeschrittenen Uhrzeit gelegen haben mag. „Das war Verlängerung und Elfmeterschießen in einem“, nahm Köck sein Zeitmanagement selbst auf die Schippe.

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