Gemeinderat hat erhebliche Bedenken
Kreuth lehnt TTT-Budget ab – erst einmal

Das ist kein schönes Weihnachtsgeschenk für Christian Kausch, dem TTT-Geschäftsführer: Das Bergsteiger-Dorf Kreuth hat in einer nicht-öffentlichen Sitzung das Budget der Tourismus-Gesellschaft abgelehnt. Was bedeutet das?

TTT-Chef Christian Kausch mit einem Perchten (kein Kreuther!). / Quelle: Nina Häußinger

Es hatte sich schon in Rottach-Egern vor wenigen Wochen angekündigt: In einigen Gemeinderäten um den See rumort es gewaltig. Immer wieder wird von Räten gegen die Arbeit der TTT geschossen. Nach sehr quälenden Diskussionen über die Einführung einer App stimmten dort sechs Räte gegen das Budget der TTT, waren aber letztlich in der Minderheit. Bürgermeister Christian Köck, der geduldig alle Vorwürfe versuchte, zu entkräften, wurde ermächtigt, dem TTT-Budget 2024 bei der Gesellschafterversammlung, heute am 19. Dezember, zuzustimmen. Rottach-Egern wird somit 963 000 Euro an die TTT zahlen.

Anderes gilt für seinen Kollegen Sepp Bierschneider aus Kreuth. Ihm wurde vom dortigen Gemeinderat in einer nicht-öffentlichen Sitzung mitgegeben, sich gegen das Budget auszusprechen. 

Das wirkt wie ein klares Misstrauensvotum gegen die TTT und in gewisser Weise auch gegen den Geschäftsführer Christian Kausch. Zu den Fakten:

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Das Budget der TTT soll, so Kauschs Planung, für 2024 ein Gesamtvolumen 5,186 Mio Euro haben. Damit enthält es zum Vorjahr eine Steigerung um 5 % bzw. 267 000 Euro. Die höchsten Steigerungen sind im Bereich Marketing und Kommunikation auszumachen. Hier gibt es eine Differenz zum Vorjahr von fast 131 000 Euro. 

In Kreuth hat man das nicht so toll gefunden. Josef Bierschneider auf Anfrage dazu, dass die Mehrheit seines Gemeinderats ihm die Weisung gegegen habe, “dass ich in der Gesellschafterversammlung dem vorgelegten Budgetentwurf (der eine Erhöhung der Umlage für die Gemeinde Kreuth im Vergleich zum Jahr 2023 vorsieht) nicht zustimmen darf, sondern eine Nachbesserung fordern muss.” Mit im Gepäck wurden ihm Vorschläge für eine Nachbesserung gelegt. Kreuth will nur nicht so viel Geld für die TTT hergeben? Bierschneider sagt: “Nachdem auch die Gemeinde im kommenden Jahr sparen muss (wir zahlen nächstes Jahr allein schon eine halbe Million mehr Kreisumlage und auch der Tarifabschluss lässt die gemeindlichen Personalkosten in die Höhe schießen), ist es dem Gemeinderat wichtig, dass die Zahlungen an die TTT nicht erheblich ansteigen. Ich denke, dass die Argumentation des Gemeinderates nachvollziehbar ist.”

Aber da ist noch etwas: Schon länger sind einigen Räten die Kosten für die in der Ortsmitte angesiedelten Tourist-Info (TI) zu hoch. Für Themenfremde: In einer TI können sich Interessierte über Unterkünfte, Loipen; Wanderwege etc. informieren. Zudem kann man dort auch sein E-Bike aufladen. Brauchts das noch?

Viele sehen den Nutzen der Einrichtung TI nicht mehr, möchten in der Kreuther Ortsmitte vielleicht ein völlig neues Konzept haben. Eine TI in den bettenstarken Orten Rottach-Egern und Bad Wiessee mag nachvollziehbar sein. Aber in Kreuth sei, so einige Kritiker, viel Leerlauf entstanden.

Nun geht also Sepp Bierschneider in eine Sitzung und verkündet das Ergebnis seines Rats. Wird sich etwas ändern? Bekommt Kreuth die Extrawurst? Die anderen vier Bürgermeister werden wohl für das Budget stimmen. In Bad Wiessee (zahlt zukünftig 1,46 Mio Euro an die TTT) stimmt der gesamte Gemeinderat für das Budget. Robert Kühn dazu: Wir sind die Kommune mit der höchsten Zahl an Übernachtungen. Uns ist die Arbeit der TTT sehr wichtig. Natürlich wünschen wir uns ein schnelleres Tempo bei der Digitalisierung. Da ist sicher noch mehr Potenzial.” Die Entscheidung der Kreuther Kollegen wollte Kühn nicht kommentieren. 

Nun muss dazu wissen, dass die TTT und damit auch deren Chef klassischerweise zwischen allen Stühlen sitzt. Ist man kein Gastgeber, fragt man sich immer, was die Aufgabe der Organisation ist.

Offiziell beschreibt sie es selbst so:

Die TTT übernimmt gegenüber den Talgemeinden neben dem Tourismusmarketing Aufgaben aus dem Integrationsvertrag: dazu zählen sie  den Gäste- und Gastgeberservice. Schwammiges wie die Angebotsentwicklung. Die TTT organisiert Veranstaltungen wie die Montgolfiade in der schwachen Saison Ende Januar. Hinzu kommen Kommunikation/Vertrieb, sowie das Meldescheinwesen mit Vorbereitung der Kurbeitragsrechnung.

Gerade für Bad Wiessee, die die tourismusstärkste Kommune im Landkreis ist, stellt die TT einen wichtigen Beitrag dar. Andere Gemeinden wie Gmund, die ihre Einnahmen aus tourismusfernen Branchen bekommen, ist die TTT eher ein Schulterzucken wert. Ja, hat man. Aber Tourismus ist, überspitzt gesagt, für Gmund in erster Linie der dichte Verkehr am Gmunder Berg. Kurz: Die TTT hat unterschiedlich starke Unterstützung bei den Bürgermeistern. Stellen diese in ihren Gremien dann Tätigkeiten oder gar das Budget der Gesellschaft zur Diskussion gibt es zwar viel Meinung, aber zu selten Fachwissen. Christian Kausch, der Geschäftsführer, hatte das erkannt, alle Gemeinderäte Anfang November zu einer Präsentation eingeladen. Es sollte erklärt, falsche Zahlen, die im Tal kursierten, ausgemerzt werden. Bei dieser Veranstaltung offenbarte sich ein mächtiger, aber recht opaker, weiterer Mitspieler im großen Tourismus-Monopoly des Tegernseer Tals: der Beirat.

Hier sitzen unter anderem zwei meinungsstarke Persönlichkeiten, Korbinian Kohler und Ludwig “Billy” Klitzsch. Kohler führt direkt oder indirekt nicht nur eine stattliche Anzahl an gastronomischen Einrichtungen und Übernachtungsformen. Er sitzt zudem auch noch im Gmunder Gemeinderat. Der 41-jährige Ludwig Klitzsch hat innerhalb von 16 Jahren die mittelständische Gesundheitsgruppe Ideamed geformt. Bekannt ist die Kirinus-Klinik am Ortsausgang von Bad Wiessee, auf Kreuther Flur. Neben drei Kliniken gehören zu Ideamed acht medizinische Versorgungszentren. Klitzsch führt das von seiner Großmutter gegründete Unternehmen seit 2007 in dritter Generation, ist im Tal eine Größe, die auch gern in der Lokalpolitik ein Wort mitsprechen möchte. Er soll auf der talweiten Gemeinderatssitzung recht prominent statt des TTT-Geschäftsführers Fragen aus dem Gremium beantwortet haben.  

Auch Kohler war nicht um eine deutliche Sprache verlegen. Er fände das Budget der TTT noch viel zu klein, würde für seine Unternehmungen ähnliche Budgetmittel, wie die TTT gesamt zur Verfügung stünden, ausgeben. Eigentlich müsse die TTT viel mehr Mittel haben. Wer nun glaubt, hier sei ein Retter der TTT am Werke, irrt sich. Viele Gastgeber sehen die TTT als verlängerte Marketingabteilung des eigenen Hotels oder Wirtshauses. Aber genau das soll sie nach dem Willen der Bürgermeister nicht sein. Spricht man mit einigen von ihnen, ist immer wie die Rede davon, dass die Hoteliers, speziell die großen Häuser, sich doch bitte selbst um das Marketing ihrer Angebote kümmern sollen.

Andererseits sehen sich die Touristiker einer ständigen Nörgelei örtlicher Bewohner und Funktionäre aus der Politik ausgesetzt. Zu wenig sei der wichtige Wirtschaftsfaktor, den der Tourismus im Tal bilde, in der Öffentlichkeit dargestellt. Mal geht es um den Verkehr, der so stark steige, mal die proppevollen Restaurants, die für Einheimischen keine Plätze mehr habe.Das alles sei zu klein gedacht, finden die Touristiker, die zudem mit vielen externen Problemen wie Pandemie, Krieg und Energiekrisen zu kämpfen hätten. Kurz: Es fehlt die Wertschätzung.

Und dann sind da noch die vielen kleinen Gastgeber mit ihren Ferienwohnungen und Pensionen. Auch einige von ihnen stimmen in das unbestimmte Gemurmel gegen die TTT ein. Es wird nicht einfacher im nächsten Jahr für Christian Kausch und sein Team. Der hatte 2017 das Amt übernommen. Kausch, einst der TTT-Prokurist, hatte wieder Ruhe in die Gesellschaft gebracht. Auch in der Pandemie hat er mit sorgfältiger Arbeit ein touristisches Debakel verhindert. Die aktuellen Vorwürfe sind sehr oft schwammig. Kausch versuchte in den letzten Wochen immer wieder für das Budget zu werben. Aber mit dem Nein der Kreuther wird das jetzt alles schwerer.

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