Etwa 22 Millionen Euro soll der Umbau des “Gasthofs zur Post” in der Ortsmitte von Bad Wiessee kosten. Robert Kühn, Bürgermeister von Bad Wiessee, hat uns vorab dringende Fragen beantwortet.
Sie haben zwei große Bauprojekte in Bad Wiessee zu stemmen. Zum einen ist da das Hallenbad, zum anderen der “Gasthof zur Post”. Das eine ist als Wiessee-Hallenbad gestartet, nach einem kurzen Blick in die Kasse, verwandeln sie es in ein inter-kommunales Hallenbad. Jetzt versinkt das in Arbeitstreffen von über fünf Gemeinden, und sie kommen mit dem Gasthof zur Post. Kostenpunkt 22 Millionen Euro. Merken Sie was?
Sie verknüpfen Dinge, die nicht zu verknüpfen sind. Aber ich erkläre Ihnen das gern: Fangen wir mit dem Hallenbad an: 60 Millionen Euro für ein Spaßbad sind zu viel für die Gemeinde Bad Wiessee – wohl für jede Gemeinde im Tal. Grundsätzlich gilt: Ein Hallenbad, gleich welcher Größe, wird immer hochdefizitär für den Betreiber sein. Das gilt nicht für einen Gasthof mit einem professionellen Pächter wie bei unserem Gasthof zur Post. Hier werden die voraussichtlichen Pachtzahlungen dafür sorgen, dass es für die Gemeinde Bad Wiessee kein Zuschussgeschäft geben wird.
Das war Ihnen doch auch schon vor der Bürgerbefragung zum Abriss des Schwimmbads klar. Erst ist der Badepark ein Wiessee-Thema, und jetzt plötzlich wird es ein Tal-Thema. Mehr Taschenspieler-Trick geht wohl nicht.
Moment Mal, von Taschenspieler-Tricks halte ich nichts, aber Politik muss immer auf neue Situationen flexibel reagieren. Wir konnten eine Pandemie, einen Krieg und eine Energiekrise nicht vorhersehen. Das hat sich massiv auf die Beurteilung des Hallenbad-Projekts ausgewirkt. Konkret: Wir alle wollen, dass unsere Kinder und Enkel schwimmen lernen; von Gmund bis Kreuth-Glashütte. Ich bin mir mit meinen Bürgermeister-Kollegen einig, dass wir alle unseren Beitrag dazu leisten müssen. Das Hallenbad, ist, wenn Sie wollen, eine Form der Daseinsvorsorge. Wir haben den Badepark auf eigene Kosten abreißen lassen, das sehr werthaltige Grundstück steht auf Wiesseer Flur. Wir leisten bereits jetzt einen erheblichen Beitrag zur Realisierung des interkommunalen Hallenbads.
… und da meinen Sie, dass die anderen Kollegen den nicht unerheblichen Rest beisteuern sollen?
So einfach ist das nicht. Ich bin mir der unterschiedlichen Finanzsituation der Gemeinden im Tal durchaus bewusst. Insofern muss ein fairer und nachhaltiger Finanzierungsschlüssel im konstruktiven Miteinander erarbeitet werden.
Ja, aber “ihr konstruktives Miteinander” dauert ja schon eine Weile. Sie schnecken in mühsamen Arbeitsgruppen sehr vor sich hin.
Ich habe da wohl ein anderes Demokratie-Verständnis als Sie. Mir ist es wichtig, solche Prozesse talweit auf eine breite Zustimmungsbasis zu stellen, als hier den König vom Tegernsee mit Hauruck-Entscheidungen zu geben. Wer das Hallenbad mitfinanziert, hat jedes Recht, gehört zu werden. Nicht der mit dem größten Budget entscheidet, sondern der mit der besten Idee gewinnt.
Nun zum Gasthof zur Post, dem 22 Millionen Grab …
Davon kann keine Rede sein. Die Post war dringend zu renovieren. 35 Jahre alt, ein harter Sanierungsfall im Herzen unserer Gemeinde …
Puuh, etwas sehr lyrisch …
Mag für Sie so sein, aber der Gasthof ist für viele Menschen, vor allem Einheimische, ein wichtiger Mittelpunkt des kulturellen Ortslebens. Hier spielt der Trachtenverein seine Theatervorstellungen, gibt es die Stammtische, Vereine treffen sich. Es ist ein Bürgerzentrum im besten Sinne des Wortes. Hinzu kommt nun in Zukunft eine exzellente, aber dennoch bodenständige Gastronomie und Hotellerie, die sich sowohl Einheimische als auch Gäste so sehr wünschen und auch erwarten.
Mag sein, aber 22 Millionen für Trachten-Aufführungen und Bridge-Runden? Klingt wieder wie “Sozis geben das Geld anderer Menschen gern aus.”
Ich sagte es schon: Wir wollen, dass die Trachtler auch in 30 Jahren ihre Aufführungen durchführen können. Dafür braucht es eine nachhaltige, den neuesten energetischen Vorgaben entsprechende, General-Sanierung. Sie dürfen nicht vergessen: Wir sanieren hier ein in Teilen denkmalgeschütztes Gebäude, modernisieren 42 Hotelzimmer, und schaffen perfekte Bedingungen für einen verlässlichen und professionellen Pächter, der beide Seiten, Gastronomie und Hotellerie beherrscht.
Warum machen Sie denn keine Teilsanierung, lassen den Gasthof geöffnet, um wenigstens weiter Einnahmen zu generieren?
Ich las es sogar kürzlich bei der Tegernseer Stimme: Wir haben einen äußerst ambitionierten Zeitplan, der bei einer Teilsanierung nicht im Ansatz eingehalten werden kann.
Moment? Äußerst ambitioniert? Heißt was? Wann soll denn nun eröffnet werden?
In der Saison 2025 werden wir beiden, so es die Tegernseer Stimme noch gibt, und Sie dort wirken dürfen, ein Helles im Gasthof zur Post miteinander trinken.
Danke, aber ich gehe ungern unter Leuten. Ernsthaft: Welches Bier trinken wir denn dann?
Sie versuchen auf billige Weise, den Pächternamen zu erfahren (lacht). Wir sind mit dem möglichen Pächter seit längerem in sehr konstruktiven und fortgeschrittenen Gesprächen …
Ach so, Sie bauen schon um, haben aber noch keine feste Zusage für einen Pächter. Etwas glücksspielig, oder?
Ich gehe fest davon aus, dass die bereits äußerst vertrauensvollen Gespräche mit unserem möglichen Partner für die Post zu unser aller Zufriedenheit kurzfristig abgeschlossen werden.
Noch einmal, es ist also nichts unterschrieben?
Nicht unüblich im Geschäftsleben, lieber Herr Calsow. Wir wollen einen Pächter für die nächsten Jahrzehnte, das bedingt kluge und detailgenaue Vorbereitungen.
Wie man hört, haben zwei Gemeinderäte auch deswegen dem Vorhaben jüngst nicht zugestimmt. Droht uns hier ein zweites SME-Debakel? Hier wurde ja auch Großes versprochen, und es endete in einer Brache.
Der Zusammenhang, so schön er für Ihr Blatt klingen mag, stimmt hier nicht. Wir als Gemeinde bauen, nicht ein Schweizer Bauentwickler … und glauben Sie mir, die Brache schmerzt mich massiv. Aber der Gasthof zur Post wird von einer Kommune saniert, die die Zukunft unseres Ortes im Blick und nicht eine kurzfristige Gewinnmaximierung zum Ziel hat.
Wann stehen denn die Kräne am Gasthof zur Post? Wann geht es los?
Ende August wird es ein Ramada geben. Im Anschluss beginnt die General-Sanierung. Versprochen.
Und der Biergarten muss in der Tat doppelt so groß wie der alte werden?
Sie mögen, weil Sie ja ungern unter Menschen gehen, es nicht wissen: Es gibt im ganzen Tegernseer Tal keinen vernünftigen Biergarten. Das gehört bei uns hier zur bayerischen Tradition und Lebensart. Es gibt somit per se keinen “zu großen” Biergarten …
Vielen Dank für Ihre Zeit!
Es sind noch Fragen offen? Am Mittwoch, um 19 Uhr, stellt die Gemeinde Bad Wiessee das Projekt der Öffentlichkeit vor.
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