„Larifari“ im Wiesseer Gemeinderat

Eigentlich hatte sich der Wiesseer Gemeinderat bereits für den Standort eines Biomasse-Heizkraftswerks entschieden. Es soll hinter dem Badepark entstehen. Doch ein Antrag von zwei CSU-Mitgliedern brachte gestern Abend die Gemüter wieder in Wallung.

Fotomontage des geplanten Heizwerks am Badepark / Quelle: Gemeinde Bad Wiessee

Die Idee mit den Hackschnitzeln als Brennstoff hat in Wiessee eine Vorgeschichte. So ließ die Gemeinde vom Miesbacher Ingenieurbüro EST (EnergieSystemTechnik) eine Machbarkeitsstudie anfertigen. In dieser kamen die Experten im vergangenen Jahr zu dem Schluss, dass ein Nahwärmenetz im Kurviertel rentabel wäre, sofern sich für den Start genügend Großkunden finden. Ideal als Standort, so der Tenor der Studie, wäre das Grundstück gleich hinter dem gemeindlichen Badepark.

So sah es auch eine große Mehrheit im Gemeinderat, zuletzt im Mai vergangenen Jahres und wohl auch auf einer Klausurtagung. Die Anwohner sehen dies allerdings anders und haben mittlerweile eine Interessengemeinschaft gegründet. Und auch Teile der Wiesseer CSU stellten sich gegen das Projekt. Deren Sprecher Kurt Sareiter und seine Fraktionskollegin Ingrid Versen fordern, das Projekt müsse nochmals auf den Prüfstand. Gestern Abend lag ihr Antrag auf dem Ratstisch.

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„Stundenlange Rauchwolken“

Doch bevor es um Inhalte ging, entspann sich ein Diskurs der beiden Chirstsozialen mit Wiessees Geschäftsleiter über die Gemeindeordnung. Hilmar Danzinger berief sich auf die Kommunalaufsicht und machte geltend, dass es für einen Antrag keine rechtliche Handhabe gebe, da neue Gesichtspunkte fehlen würden. Dem widersprach Sareiter vehement und bezeichnete Danzingers Wortmeldung als „Larifari“. Denn seit dem Votum des Gemeinderates für den Standort hätten die Diskussionen darüber erst richtig Fahrt aufgenommen, so Sareiters Begründung für den neuerlichen Antrag.

Wenn auch aus Sicht der Experten der Standort des Heizwerks am Badepark am geeignetsten erscheine, so sei dieser für ihn im Zentrum des Heilbades ungeeignet. Schließlich entstehe gegenüber das Vier-Sterne-Hotel von SME und der Standort des Heizwerks liege inmitten eines Wohngebiets. Auch in Achenkirch, das ebenfalls ein Biomasse-Kraftwerk betreibt, habe sich Sareiter nach eigener Aussage umgesehen und „stundenlange Rauchwolken“ beobachtet.

Das ist kein schöner Anblick in unserer wundervollen Bergkulisse.

Unverantwortlich sei es, die einzig verbleibende Fläche an der Nordseite des Badeparks für den Neubau des Herzwerkes zu verwenden. Denn es sei derzeit noch gar nicht absehbar, ob nicht in späteren Jahren ein Um- oder Anbau des Badeparks nötig werde.

„An dem Standort des Heizwerks führt kein Weg vorbei“

Mitstreiterin Versen ergänzte, sie habe kein Verständnis, diese Fläche für immer dem Tourismus zu entziehen. „Das sehe ich als dramatisch“. Zumal auch SME als möglicher Interessent für einen Anschluss an die geplante Ringleitung schon abgewunken habe. Versen berief sich auf eine neue Entwicklung, weil auch Unternehmer Thomas Strüngmann mit seinem Hotel an der Seepromenade nicht mehr zu den Abnehmern der Fernwärme gehöre. Dem widersprach Bürgermeister Peter Höß (FWG): „Strüngmann hat sich noch nicht entschieden“. Der Anschluss seines Hotels an das Heizwerk sei „nach wie vor möglich“.

Bernd Kuntze-Fechner (SPD): „Wir haben an dieser Stelle einen großen Energiebedarf festgestellt und alle sieben möglichen Standorte abgewogen“. Schließlich habe sich der Gemeinderat dann für die Fläche am Breitenbach entschieden, weil man von dort den Badepark und das neue Jodbad versorgen könne. „Das ist sinnvoll“.

Im Norden des Badeparks sollen Heizkraftwerk und Brennstofflager entstehen / Grafik: Ingenieurbüro EST

Als weiteres Mitglied des Arbeitskreises zur „Modernisierung des Badeparks“ meinte Rolf Neresheimer (ranBW), eine Erweiterung des Badeparks nach Norden sei „nicht sinnvoll, weil zu teuer“. Es sei das Gebot der Stunde, dass sich die Gemeinde mit ökologischer und nachhaltiger Wärme versorge. „An dem Standort führt kein Weg vorbei“. Fritz Niedermaier (FWG) erinnerte an die Klausurtagung des Gemeinderats. Dort habe eine Stellungnahme des Landratsamtes vorgelegen, dass der in Aussicht genommene Standort der beste sei. Dafür „beglückwünsche“ man die Gemeinde.

„Heizwerk könnte uns noch auf die Füße fallen“

Thomas Erler (CSU) machte für sich geltend, dass er erst im Herbst in den Gemeinderat nachgerückt sei, als die Diskussion über das Kraftwerk schon gelaufen war. Keine Frage für ihn sei aber, dass so ein „Heizkraftwerk gebaut wird“. Doch er hatte immer geglaubt, das neue Badviertel solle ein „Schmuckkästchen“ werden. Aber das Biomassewerk werde wohl nicht mehr als ein „Zweckbau“.

Aber da dieser Standort der wirtschaftlichste sei, werde er gegen den Vorschlag seiner beiden CSU-Kollegen stimmen. Dennoch sorge er sich, dass „uns das Projekt mangels Beteiligung noch auf die Füße fallen wird“. Wenn alle abspringen, „wird es schwer werden“. Somit war die Gefechtslage klar. Mit zwölf gegen zwei Stimmen wurde der CSU-Antrag abgeschmettert. Damit war zunächst nur die Standortfrage geklärt, nicht aber die Rentabilität der auf sechs Millionen Euro kalkulierten Investition.

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