Mögliche Erklärungen für hohe Infektionszahlen

Aktuell hat der Landkreis Miesbach mit 444 die fünfthöchste Inzidenz in ganz Deutschland. Doch woran liegt das? Das Landratsamt startet nun einen Erklärungsversuch für die hohen Infektionszahlen und spricht auch über Schulen, Mutwilligkeit und Corona-Partys.

Die Zahlen vom 26.10.2021. / Quelle: Landratsamt Miesbach

Lag die Inzidenz gestern noch bei 426 (siehe Grafik), ist sie heute mittlerweile auf 444 gestiegen. Nach Angaben des Landratsamts beschäftige sich die Koordinierungsgruppe nach wie vor intensiv mit der Frage, auf welche Ursachen die sehr hohe Zahl an Neuinfektionen im Landkreis zurückzuführen ist – „und als Folge daraus, wie man entgegensteuern könnte“, so eine Sprecherin.

Es gebe im Vergleich zu früheren Phasen der Pandemie mit vergleichsweise hohen Zahlen nach wie vor keine größeren Ausbrüche in Einrichtungen oder Ähnliches, die zumindest für einen Anteil der Neuinfektionen verantwortlich gemacht werden könnten. „Viel eher ist das Infektionsgeschehen weit verbreitet und die meisten Infektionsketten lassen sich nicht mehr nachvollziehen.“

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Mögliche Erklärungen für hohe Inzidenz

Dass Miesbach – genauso wie die benachbarten Landkreise ganz im Süden und Südosten Oberbayerns – besonders betroffen ist, könnte laut Landratsamt folgende Ursachen haben:

  • Das Ende der Sommerferien und damit die Welle der positiv getesteten Reiserückkehrer waren in Bayern sehr spät. Es habe keine „Erholungsphase“ vor dem Herbst mit dem typischen nasskalten Grippe-Wetter gegeben.
  • Schulen sind nach Angaben des Landratsamts keine Infektionstreiber. Es gebe so gut wie keine Übertragungen in der Schule, sondern fast ausschließlich bei privaten Treffen von Schülern. Aber: „An den Schulen wird sehr viel getestet, was dazu führt, dass auch viele Fälle aufgedeckt werden und Eingang in die Statistik finden.“ Derzeit seien 90 Schüler (von insgesamt 12.000 im Landkreis) positiv getestet. Die Hälfte davon verteilt sich auf 19 Schulklassen, die komplett in Quarantäne sind, weil jeweils mehr als zwei Mitschüler positiv sind. Die andere Hälfte sind Einzelfälle. „Besonders betroffen sind derzeit die Schulstandorte in den Kommunen Miesbach, Holzkirchen, Rottach-Egern und Fischbachau. Kitas sind momentan nicht betroffen.“
  • Das Gesundheitsamt stellt zudem fest, dass sich inzwischen bis auf handverlesene Ausnahmen alle Familien-/Haushaltsmitglieder infizieren, wenn ein Mitglied positiv getestet wurde. Bisher haben sich im Schnitt etwa zwei Drittel der Familien-/Haushaltsmitglieder angesteckt. Bei ungeimpften Familien liege die Ansteckungsrate inzwischen bei 100 Prozent.
  • Asymptomatische Kontaktpersonen können sich nach Gesetzeslage am fünften Tag aus der Quarantäne heraustesten. Das ist nach den Erkenntnissen des Gesundheitsamtes zu kurz: „Viele testen sich frei und sind dann einige wenige Tage später doch positiv. In der Zwischenzeit verbreiten sie unwissentlich das Virus.“
  • Leichte Krankheitssymptome werden oftmals falsch gedeutet und auf eine beginnende Grippe geschoben. Auch hier werde das Virus unwissentlich verbreitet.
  • Betrachtet man die Deutschland-Karte, so gebe es laut Landratsamt ein West-Ost-Gefälle bei der Impfquote und gleichzeitig tendenziell steigende Infektionszahlen in die entgegengesetzte Richtung. „Zwar hat der Landkreis Miesbach augenscheinlich eine um etwa zehn Prozentpunkte höhere Impfquote als umliegende Landkreise, aber da die regionalen Impfangebote allen Bundesbürgern ohne regionale Begrenzung offenstehen, ist diese Zahl nur bedingt aussagekräftig.“
  • Die Nähe zu immer wieder besonders betroffenen Landkreisen wie etwa Rosenheim führe auch dazu, dass Infektionen über Landkreisgrenzen hinweg getragen werden.
  • Ein weiterer möglicher Grund laut Landratsamt:

Viele Bürger sind relativ sorglos und halten sich – mutwillig oder aus Nachlässigkeit – nicht oder nicht mehr an die Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Tragen einer Maske, Abstand, etc. Auch ans Landratsamt werden Gerüchte herangetragen, wonach es angeblich Corona-Partys geben würde, jedoch hat das Landratsamt keine Kenntnis zu konkreten Fällen. Fakt ist, dass jeder, der sich jetzt mutwillig ansteckt ebenso wie alle anderen Infizierten 14 Tage in Quarantäne muss und der Genesenen-Status nach sechs Monaten wieder entfällt.

Sicher sei keiner der genannten Gründe für sich genommen ausschlaggebend für die hohe Zahl an Neuinfektionen, so eine Sprecherin des Landratsamts. „In der Summe sollen diese möglichen Erklärungen Bürgern aber eine Handreichung geben, um das Infektionsgeschehen besser für sich selbst einschätzen zu können.“

Gratwanderung für den Landkreis

Auch Landrat Olaf von Löwis betrachtet die hohen Neuinfektionszahlen mit zunehmender Sorge. „Insbesondere wegen der angespannten Lage im Krankenhaus Agatharied und in den umliegenden Krankenhäusern in Oberbayern müssen wir die Lage neu bewerten“, so Löwis.

Rein rechtlich wäre es aufgrund der 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung möglich, „zusätzliche Schutzmaßnahmen insbesondere bei einem regional hohen Ausbruchsgeschehen“ zu treffen (§ 18 Abs. 1 S. 2 14. BayIfSM). Löwis würde allerdings grundsätzlich überregionale Lösungen bevorzugen (wir berichteten). Am wichtigsten sei allerdings die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger:

Ich bekomme viele Nachrichten von Bürgern, die sehr besorgt sind über die hohen Zahlen in unserem Landkreis. Die einen wünschen sich weitere Einschränkungen, um die Infektionswelle zu brechen. Andere lehnen alle Einschränkungen ab. Sie können versichert sein, dass wir alle unser Bestes geben, die bestmögliche Gratwanderung für unseren Landkreis hinzubekommen.

Aber letztlich gehe nichts ohne die Menschen selbst im Landkreis Miesbach: „Bitte lassen Sie sich testen, wenn Sie sich krank fühlen, bitte halten Sie sich an Quarantäne-Regeln, bitte informieren Sie selbstständig Ihre Kontaktpersonen, und bitte, bitte bringen Sie sich selbst und andere jetzt nicht in unnötige Gefahr“, so der Landrat.

Impfen: Nachfrage gleichbleibend

Doch wie sieht es aktuell bei den Impfungen aus? Laut Landratsamt wurden in der vergangenen Woche insgesamt 513 Impfungen über die Angebote des Impfzentrums durchgeführt. 125 Impfungen wurden im Impfbus getätigt, in der Happy-Hour des Impfzentrums waren es 247 Impfungen. Am Krankenhaus Agatharied wurden in der vergangenen Woche 141 Personen gegen das Coronavirus geimpft.

Ab November passt das Impfzentrum außerdem die stationären Angebote an. „Die Räumlichkeiten zur Impfung am Krankenhaus waren in den Sommermonaten ideal, sind aber nicht für herbstliche oder winterliche Temperaturen ausgelegt“, heißt es. Daher seien ab dem 01.11.2021 keine Impfungen von Bürgern am Krankenhaus mehr möglich. Um der Nachfrage weiterhin gerecht zu werden, werden die Öffnungszeiten des Impfzentrums wie folgt angepasst:

  • Montag: 14:00 – 20:00 Uhr
  • Dienstag: 14:00 – 16:30 Uhr
  • Mittwoch: 14:00 – 20:00 Uhr
  • Donnerstag: 14:00 – 16:30 Uhr
  • Freitag: 14:00 – 20:00 Uhr
  • Samstag: geschlossen
  • Sonntag: 14:00 – 20:00 Uhr

Der Landkreis-Impfbus ist weiterhin im Landkreis unterwegs. Den aktuellen Haltestellenplan gibt es hier. Fragen rund um die Impfungen gegen das Coronavirus können täglich von 09:00Uhr bis 13:00 Uhr an das Call-Center des Impfzentrums gerichtet werden (08025 / 704 7777).

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