Seit 46 Jahren steht Mosers Feinkostwagen einmal die Woche in Bad Wiessee – bei Wind und Wetter. Und in letzter Zeit bei ständig wechselnden Bedingungen. Ein Lied davon kann die 75-jährige Verkäuferin Priewe singen, die sich von der Gemeinde „im Stich gelassen fühlt“. Nach dem Neustart des Wochenmarkts im Juni 2015 hätten alle Standbetreiber geglaubt, dass es etwas Dauerhaftes hier am Dourdan-Platz werde.
Doch bereits ein Jahr später seien sie vertrieben worden, weil die Gemeinde den Platz für den Bautrupp gebraucht hatte, der den Lindenplatz neu gestaltete. Nach der Fertigstellung im vergangenen Jahr sollte der Wochenmarkt wiederbelebt werden. Doch außer Feinkost Moser kam am Mittwochnachmittag niemand mehr.
Nachdem der Platz fertiggestellt war, hat die Gemeinde mir für den Wagen ein paar Parkplätze reserviert, doch seit Wochen ist dies schon nicht mehr geschehen. Jetzt stelle ich mich halt irgendwo hin, nachdem der neue Wochenmarkt nun freitags stattfindet.
Dabei habe ihr Bürgermeister Peter Höß noch versichert, so Priewe, die Gemeinde würde sich mit ihrem Wochenmarkt nach Feinkost Moser richten, denn der sei das Zugpferd. „Aber wir machten ihm immer klar, dass wir schon seit 40 Jahren am Freitag Vormittag mit unserem Wagen in Bayrischzell stehen. Die Kunden dort können wir nicht im Stich lassen“.
Dadurch, dass in Wiessee immer so ein Chaos geherrscht habe, „mal hat man den Markt wieder gestartet, dann hat man uns wieder verscheucht, daher wisse sie nicht, wie stabil der Wochenmarkt am Freitag Vormittag ist, ergänzt Moser. Sie könne deswegen nicht irgendwo etwas aufhören und anderswo etwas anfangen.
Sechs Wochen Pause
Seit Ende Mai gibt es nun den Wochenmarkt am Freitagvormittag auf dem Zentralparkplatz. Dort reicht der Platz für zehn Stände. Die geänderten Marktzeiten begründet Wiessees Geschäftsleiter Hilmar Danzinger damit, dass ein Markt vormittags sein müsse, entweder donnerstags oder freitags. „Dies ist ein Schmarrn“, entgegnet Moser. Aus ihrer Erfahrung wisse sie, da sie auf vielen Märkten unterwegs sei, von Ingolstadt bis Miesbach, dass Berufstätige nur nachmittags für einen Einkauf Zeit hätten.
„Einst hatte Herr Höß uns zugesagt, der Markt richtet sich nach uns“. Doch wie und „was da gelaufen“ sei, wisse sie nicht. Jetzt mache ihr Feinkostwagen in den kommenden sechs Wochen der heißen Ferienzeit erst einmal Pause. Da sei sowieso nicht viel los ist. „Dann starten wir wieder ganz normal“. Dann aber ohne Sieglinde Priewe. „Ich kann aus privaten und gesundheitlichen Gründen nicht mehr, was mir sehr leid tut“.
Nach 46 Jahren ist Schluss
Nun müsse sie sich verstärkt auch um ihre drei Enkel kümmern. „Ich war nun 46 Jahre hier, wir hatten immer unsere Stammkundschaft“. Auf die sie ein Loblied singt: „Ich hatte mit keinem Menschen Schwierigkeiten“. Doch verändert habe sich das Kaufverhalten. Die Nachfrage sei nicht mehr so groß wie früher, „aber immer noch sehr gut“. In ihrem Feinkostwagen gehe alles, ob Feinkostsalate, Fisch, auch in der Semmel oder Käse.
Nachdem sich rumgesprochen hat, dass sie Ende Juli aufhört, seien schon etliche Stammkunden mit Blumensträußen vorbeigekommen. Auf die Frage, warum es so schwierig sei, Nachwuchskräfte zu finden, meint Priewe, niemand wolle sich die Arbeit mit Fisch machen, weil man eben auch danach riechen würde. „Das ist nun mal so“.
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