Es müssen ihnen die Augen übergegangen sein, als sie Ende November vergangenen Jahres die neugebaute Bade- und Wellnessanlage „Atoll“ im tirolerischen Maurach besuchten. Alle Tal-Bürgermeister sowie TTT-Chef Christian Kausch und Projektentwickler Helmut Karg informierten sich, ob die moderne Freizeiteinrichtung mit etwa gleichem Leistungsspektrum, aber größeren Ausmaßen, auf Wiessee übertragbar wäre. Der Mauracher Bürgermeister nannte der Tal-Delegation Gesamtkosten von 22 Millionen Euro mit Parkplätzen und Außenanlagen.
Damit wäre man in Wiessee nicht weit weg von den Summen einer Generalsanierung. Diese wurden vom Haushamer Ingenieurbüro Herbert Wagenpfeil mit 19 Millionen Euro veranschlagt. Vor diesem Hintergrund scheint es der Verwaltung überprüfenswert, „für den Badepark eine komplette Neuplanung mit Kostenschätzung zu beauftragen und zwar auf der Grundlage von Abriss und Neubau“, heißt es in der Mitteilung von Geschäftsleiter Hilmar Danzinger an die Presse. Da das geplante Nahwärmekraftwerk nicht mehr zu berücksichtigen sei, könne auch diese Fläche in das Konzept mit einbezogen werden. Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei es besser neu zu bauen, „anstatt auf einer bereits 50 Jahre bestehenden Bausubstanz aufzubauen“.
Beteiligen sich alle Talgemeinden am Badepark-Neubau?
Auch ein Gespräch mit Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn mache optimistisch, denn dieser habe sich „aufgeschlossen zu einer möglichen Defizitvereinbarung hinsichtlich einer zukunftssicheren Indoor-Schwimmmöglichkeit für das Tegernseer Tal geäußert“. Da auch die Gespräche mit den anderen Tal-Kollegen ähnlich verlaufen könnten, ist ein „gewisser Optimismus an den Tag zu legen“.
In dem Sinne, dass von allen Tal-Gemeinden ein Hallenbad am Tegernseer gewünscht und klar sei, dass nicht eine Gemeinde allein die auch weiterhin hohen Defizite eines Hallenbadbetriebs tragen kann. Auch Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak habe signalisiert, den angedachten Umbau mit höheren Mitteln unterstützen zu wollen. Es dürfe daher eine zusätzliche Summe „x“ an jährlichen Zuschussmitteln vom Landkreis in die Finanzierung miteingerechnet werden.
Neubau würde Betriebskosten reduzieren
Dafür wurde folgende Rechnung aufgemacht, denn die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Kurtaxe von 2 auf 3,30 Euro würden den „größten Teil der Finanzierung entweder einer Generalsanierung oder den Neubau darstellen“. Auch die erhöhte Zweitwohnungssteuer soll bei der Finanzierung helfen. Aus beiden Abgaben erhofft sich die Gemeinde „rein rechnerisch“ Mehreinnahmen von gut einer Million Euro. Vorsichtiger rechnet hier Kämmerer Franz Ströbel. Er kommt auf Mehreinnahmen von nur 650.000 Euro.
Nicht mit eingerechnet seien hier jeweils die „bekannten Einsparungspotenziale durch die Schließung des Badeparks: die erhebliche Reduktion von Betriebskosten und der jährlichen Erhaltungsinvestitionen, eine moderate Senkung der Personalkosten und die Synergieeffekte durch die Anbindung des Badehauses an den neu gebautem Badepark, die sich „erheblich positiv auf die Umsätze auswirken werden“.
Jährlich 1,7 Millionen Verluste durch den Badepark
Noch aber ist die Lage alles andere als rosig, denn Kämmerer Ströbel mahnte zuletzt angesichts einer Verschuldung von gut 24 Millionen Euro zur Sparsamkeit, da Bad Wiessee das Geld für „größere Investitionen knapp“ werde. In seinem Vorbericht zum Haushalt 2019 werde der Badepark „voraussichtlich mit einem negativen Betriebsergebnis von etwa 1,7 Millionen Euro abschließen. Ohne weitere grundlegende Maßnahmen wird sich dieser Betrag in den nächsten Jahren sogar sukzessiv erhöhen“, so die Pressemeldung.
In der Summe ergebe sich so ein jährliches Finanzierungspotential für den Neubau des Badeparks in Höhe von etwa 1,25 Millionen Euro pro Jahr. Da aus Sicht der Verwaltung eine endgültige Betriebsschließung ausgeschlossen werde, sei die Sanierung des Badeparks zur „Pflichtaufgabe“ der Gemeinde geworden. Da aber die Kosten für den Betrieb inzwischen bei einer Millionen Euro pro Jahr angelangt seien, würde die Finanzierung anderer wichtiger Pflichtaufgaben inzwischen „empfindlich darunter leiden“.
Generalsanierung oder Neubau?
Vor diesem Hintergrund hatte der Gemeinderat zu entscheiden, ob der Arbeitskreis „Badepark“ unter der Leitung von Karg wieder aufgenommen wird, ob ein Fachbüro für Bäderbau beauftragt wird, das mit einer Machbarkeitsstudie eine klare Empfehlung ausspricht, „ob eine Generalsanierung oder ein Neubau die wirtschaftlichste Lösung darstellt“. Ziel sei es, dem Gemeinderat eine „klare Handlungsempfehlung mit einem vollständigen Finanzierungskonzept an die Hand“ zugeben, welche Alternativen die Gemeinde für die wirtschaftlichste Lösung habe. Mit 13:2 Stimmen entschied sich eine deutliche Mehrheit für die Zukunft des Badeparks.
Einer Meinung war man, dass die „gesellschaftsrechtliche Ausgliederung des Badepark-Betriebes aus dem gemeindlichen Umfeld geprüft“ werden soll. Hier ging es um die von Karg vorgeschlagenen Restrukturierungsempfehlungen. Fachanwälte sollen die arbeitsrechtlichen Konsequenzen prüfen, die sich durch die Ausgliederung ergeben würden. Die so „rechtlich wie steuerlich abgesicherte Version“ soll dann dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt werden. Da beide Beschlüsse eindeutige Mehrheiten fanden, darf vermutet werden, dass es diesmal hinter verschlossenen Türen kein großes Hauen und Stechen gab.
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