Gespräch mit dem Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer
Neue Wege in Schliersee: Bürgerentscheid gibt Richtung vor

Im Gespräch mit dem Schlierseer Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer über den Ausgang des Bürgerentscheids und welche Fragen sich für den Tourismus stellen.

Franz Schnitzenbaumer in seinem Büro. Foto: Redaktion

TS: Wie geht es Ihnen mit dem Ausgang des Bürgerentscheids. Was sind die nächsten Schritte?

Franz Schnitzenbaumer: Das liegt jetzt in den Händen der Familie de Alwis. Wir können im Moment nichts anderes tun, als Gespräche zu führen und zu schauen, was möglich ist. Die endgültige Entscheidung trifft der Grundstückseigentümer. Was die Bürgerinitiative betrifft, so ist diese bereit, mitzuarbeiten. Wir werden sehen, wie das funktionieren kann.

TS: Die Familie de Alwis hat uns in einem Interview erzählt, dass sie das Hotel aufgeben müssen, wenn der Entscheid gegen den Hotel-Neubau geht. Gibt es neue Signale?

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Franz Schnitzenbaumer: Ich glaube, die Entscheidung hängt jetzt am Junior. Der Senior wird bald 70 Jahre alt und hat gesagt, er würde sich jetzt nicht mehr in große Investitionen stürzen, wenn nicht der Junior die Leitung übernehmen würde. Sie betreiben das Hotel aktuell so weiter, es war ja immer in Betrieb, das ist ja keine Ruine. Im Augenblick schaut es so aus, als würden sie weitermachen.

TS: Wie ernst nehmen sie die Aussage, die im Merkur stand, dass das Siebzehnrübl zu einer Unterkunft für Geflüchtete werden könnte?

Franz Schnitzenbaumer: Ja, das ist möglich, weil das Siebzehnrübl in einem allgemeinen Wohngebiet steht, das ist planungsrechtlich zulässig. Das heißt, natürlich hätten wir die Möglichkeit, das gemeindliche Einvernehmen zu verweigern, wenn es um eine Nutzungsänderung eines Wohn- und Geschäftshauses in eine Flüchtlingsunterkunft geht. Das macht aber keinen Sinn. Das Landratsamt würde das gemeindliche Einvernehmen ersetzen, und wir müssen auch unsere Verpflichtungen im Landkreis erfüllen.

TS: Das gilt aber nicht für den Schlierseer Hof?

Franz Schnitzenbaumer: Nein. Der Schlierseer Hof selbst steht als Flüchtlingsunterkunft nicht zur Verfügung. Hier steht die Hotelnutzung im Vordergrund. Da gilt die Planungshoheit der Gemeinde. Da wollen wir Übernachtungsgäste.

TS: Sie planen seit über drei Jahre den Schlierseer Hof, was ist das schiefgelaufen?

Ich bin mir nicht ganz sicher, was falsch gelaufen ist. Ich habe den Vorwurf gehört, die Gemeinde war nicht transparent genug. Wir hätten Bürgerinnen und Bürger nicht mitgenommen. Aber was kann man anderes machen, als über drei Jahre das Thema immer wieder in öffentlichen Sitzungen und Bürgerversammlungen zu bearbeiten? Es war auch immer in der Presse. Wir waren transparent, aber wer sich nicht informiert, noch nie in einer Gemeinderatssitzung war oder keine Zeitung liest, wie soll ich die erreichen?

TS: Jetzt ist der Schlierseer Hof nur ein Beispiel, wenn ich hier so durchfahre, dann denke ich mir, es gibt viel Leerstand. Der Gasthof zur Post etwa …

Franz Schnitzenbaumer: Ja, das ist das einzige, was wirklich wehtut, dass der Gasthof zur Post leer steht. Das ist wirklich schmerzhaft. Ansonsten sehe ich das nicht so dramatisch. Eigentlich wird es schlechter dargestellt, als es ist. Wir sind sehr kleinteilig aufgestellt, wir haben viele Privatvermieter, viele kleinere Häuser, Pensionen, die super laufen. Um ein Beispiel herauszuheben, das Gästehaus am Kurpark, da gab es auch die Diskussion, ob es eine Flüchtlingsunterkunft wird. Die Vermieterin hat dann aber für viel Geld saniert und das läuft richtig gut. Oder das Gästehaus Elisabeth am See. Das sind Häuser mit zwanzig, dreißig Zimmer. Also, sehr klein, privat geführte Häuser; die funktionieren wunderbar.

TS: Wohin will Schliersee in Richtung Tourismus? Was sind die Ziele?

Franz Schnitzenbaumer: Unser Ziel ist es, nicht noch mehr Ankünfte (Anmerkung der Redaktion: Als Ankunft ist der Besuch eines Gastes zu zählen, unabhängig davon, wie lange die Person bleibt) zu haben, sondern man muss schauen, dass die, die kommen, auch ein bisschen länger bleiben. Wir wollen die Aufenthaltsdauer verlängern und dass die Qualität höher wird. Was kann die Gemeinde mache? Zum Privatvermieter sagen, du musst mehr investieren, du musst schauen, dass das auf den neuesten Stand bringst? Das ist halt nicht mehr zeitgemäß. Ein Badezimmer mit gefliesten Boden, das geht aber auch nicht mehr.

TS: Aber die Gemeinde kann natürlich steuern, was für Hotels hier entstehen?

Franz Schnitzenbaumer: Genau. Es heißt immer, der Neubau vom Schlierseer Hof wäre dann der Präzedenzfall geworden. Das wäre ja gut gewesen, wenn es einer geworden wäre. Weil, wir wollen schon in die Richtung. Dieses Kleinteilige und das bissel Ruhigere und das Gemütlichere – wenn das auch nicht unbedingt für das Wochenende gilt – das wollen wir, das unterscheidet uns schon von anderen Destinationen. Wir wollen nicht das höchste Luxussegment bedienen, aber mehr Qualität würden wir schon gern anbieten.

TS: Was verstehen Sie darunter?

Franz Schnitzenbaumer: So Häuser in dem Bereich mit mehr als Drei-Sterne. Die lassen sich nicht mehr alle qualifizieren, das ist ja klar. Aber dieses billig, wenn ich sage, ich kann nicht mehr als über 100 Euro verlangen … Erstens verdienst du nichts und zweitens hast du einen Gast, der nur aufs Geld schaut und spart. Das ist eigentlich nicht das Ziel, sondern das darf schon was kosten, es soll qualitativ hochwertig sein, der Vermieter soll entsprechend daran verdienen, damit er wieder investieren kann und uns damit langfristig erhalten bleibt.

TS: Gibt es denn eine Vision für den Schlierseer Tourismus?

Franz Schnitzenbaumer: Das werden wir immer gefragt, welche Gruppen wollt ihr denn bedienen? Das ist eine klassische Marketing-Frage. Aber das ist der völlig falsche Ansatz. Bei uns ist das so; was bieten wir an? Wir gehen mit dem, was wir haben in das Marketing.  Ob das die junge 25-jährige Studentin ist, die zum Mountainbiken geht oder das ältere Ehepaar zum Wandern; wir haben keine klassische Zielgruppe. Es sind die Menschen, die Natur, Kultur, Lebensart erleben wollen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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