Kreuth mag es kuschelig
Rathaus Kreuth will auch: Fernziel Barrierefreiheit?

Nach und nach nehmen die Planungen für den Umzug des Kreuther Rathauses Formen an. Chef Bierschneider will in die Ortsmitte.

kreuth rathaus 2024
Entschuldigung, hat hier noch ein Rathaus Platz? Foto: Martin Calsow

Fährt man schnell am Rathaus Kreuth vorbei, wirkt es ganz gemütlich. Aber kaum betritt man es, spürt man: Hier muss viel gemacht werden. Es ist sanierungsbedürftig und schon gar nicht barrierefrei. Mit seinen zwei Eingängen und dazugehörigen Stufen, den steilen Treppen, einem fehlenden Fahrstuhl, ist der Bau nicht mehr zeitgemäß. Aber lohnt sich noch eine Sanierung?

“Die Kosten wären immens”, fürchtet Sepp Bierschneider, Bürgermeister der Gemeinde im Süden des Tals. Nun ist seit dem Streit um den Rathaus-Neubau in Rottach-Egern eine Diskussion immer mit einem Risiko verbunden. Zumal der Haushalt der Gemeinde anders als beim Nachbarn Onkel Dagobert keine Traumbauten mit Hochzeitskutschen-Vorfahrt zulässt. Der Bau, in den 30er Jahren erbaut und in den 60ern erweitert, ist Arbeitsplatz für zwölf Mitarbeiter. Grundstück und Haus gehört der Kommune. 

Der Gemeinderat beauftragte vor Monaten eine Machbarkeitsstudie. Mitte Oktober dieses Jahres wurde sie hinter verschlossenen Türen dem Gemeinderat vorgestellt. Bietet es sich an, innerhalb des Ortes in ein bestehendes Gebäude umzuziehen? Im früheren Kurhaus soll Platz freiwerden, der ist zwar nicht annähernd so groß. Aber nebenan gibt es ja noch die Umkleideräume für das Warmbad, die nur selten genutzt werden. Auch die will Bierschneider für sein neues Domizil haben.

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Und wann soll es so weit sein? Weil das ein Kreuther Projekt ist, gelten damit normale Zeitabläufe nicht. Ob May-Klinik, Gewerbegebiet Weissach, Radweg in Glashütte oder Hotelträume in Wildbad – im Süden laufen die Projektuhren anders. Aber das sieht Bierschneider anders: „Ein solches Projekt muss gut geplant sein und muss dann vor allem auch finanziert werden können.”

Im Süden ticken die Uhren …

Und so ein Umzug von einem Dutzend gemeindlichen Mitarbeitern will wohlüberlegt sein. “Wir hatten im Gremium noch zahlreiche Fragen, die sich durch die Machbarkeitsstudie gestellt haben. Diese Fragen müssen erst geklärt werden, bevor eine endgültige Entscheidung ergeht”, erklärt Bierschneider. “

Und das hat auch keine Eile. Das ist ein mittelfristiges Projekt. Der Umbau des neuen Rathauses wird bestimmt einen siebenstelligen Betrag kosten. Das ist nicht so einfach zu stemmen.” 

Bisher nicht diskutiert wurde, ob die Gemeinde das alte Gebäude sanieren und zur Vermietung oder gänzlich zum Verkauf stellen wird. Das könnte nötig sein, um den Umbau zu finanzieren. Letztlich zeigt dieses Beispiel das Ungleichgewicht der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten im Tegernseer Tal. Während Bad Wiessee sich eine Gastwirtschaft für 23 Millionen Euro leistet, die Kleinststadt Tegernsee ein Feuerwehrhaus für 16 Millionen Euro und Rottach-Egern ein neues Rathaus für mindestens zwölf Millionen Euro bauen lässt, muss der arme Süden-Ort jeden Cent dreimal umdrehen.

Dabei steht immer mehr ein Elefant im Raum, über den keiner sprechen will: Wie lange kann sich ein geografisch kleines Tal so eine Kommune noch leisten? Wäre ein Zusammenschluss, in welcher Form auch immer, mit einer Nachbargemeinde langfristig für die Bewohner vorteilhafter? Bürgermeister Sepp Bierschneider kann nur müde lächeln. „Jede Gemeinde im Tegernseer Tal ist stolz auf ihre Eigenständigkeit, so auch wir Kreuther. Man kann sicher durch eine enge Zusammenarbeit Kosten sparen. Das wird ja schon jetzt in vielen Bereichen so gehandhabt. Aber die Beendigung der Eigenständigkeit unserer Gemeinde kann weder ich mir vorstellen, noch glaube ich, dass die Mitglieder unseres Gemeinderates bzw. der Großteil unserer Bürger sich das vorstellen können.”

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