Sind mutterlose Rotwildkälber, die im Laufe des Winters an Erschöpfung und Hunger eingehen, einfach Natur? Oder sind sie ein Zeichen dafür, dass im Nationalpark Berchtesgaden gegen Natur und Gesetz gearbeitet wird? Um diese Fragen dreht sich der Streit, seit am Karsamstag am Ufer des Königssees acht verendete Rotwildkälber von Vertretern des Naturschutzvereins „Wildes Bayern“ gefunden wurden.
Entdeckt hatte sie die renommierte Rottacher Wildbiologin und Vorsitzende des Vereins „Wildes Bayern“, Christine Miller. Der Presse teilt sie nun mit, dass sie zusammen mit dem Deutschen Tierschutzbund, Landesverband Bayern, bei der Staatsanwaltschaft Traunstein zwei Anzeigen gegen das Jagdmanagement des Nationalparks Traunstein erstattet habe.
Millers Verdacht: Verstöße gegen den Tierschutz und jagdgesetzliche Regelungen. Ebenso seien die Ermittler gebeten worden, zu prüfen, „ob der Leiter des Nationalparks sich möglicherweise der Strafvereitelung im Amt und der Vernichtung von Beweismitteln schuldig gemacht haben könnte“.
„Causa Kälber“ für den Umweltminister
Denn die Diskussion um den Umgang mit Rotwild werde seit dem Auffinden der Kälber nicht nur von den Einheimischen rund um den Nationalpark intensiv geführt. „Auch der oberste Dienstherr, der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber, musste sich inzwischen mehrmals mit der Causa Kälber befassen“, so Miller. Aufklärung sei ihr zwar versprochen, aber bisher nicht eingehalten worden. „Eine Anfrage nach den Zahlen, die zur Klärung der offenen Fragen um die Bejagung des Rotwildes und das Überleben von Hirschkühen geführt hätte, wurde bis heute vom der Nationalparkleitung nicht beantwortet“, beklagt Miller.
„Irgendwann muss Schluss sein mit Zuwarten, Hinhalten und Ankündigen. Genug ist Genug!“, so Miller. Denn als Staatsbeamter hätte der Leiter des Nationalparks, Roland Baier, schon bei einem Anfangsverdacht auf Straftaten die Polizei einschalten müssen. „Nachdem das Erlegen von Hirschkühen ohne ihre Jungen eine Straftat darstellt, hätten sofort die Alarmglocken läuten müssen“, erklärt Miller weiter. „Stattdessen scheint es, dass die Beweismittel als Wildpret verkauft wurden“ argwöhnt Miller. „Transparenz und Krisenmanagement geht anders“. Unterstützung bekommt Miller auch von der „Allianz für Wildtiere“. Sie beklagt die Jagdmethoden im Nationalpark:
Mit Quad und Schalldämpfer zieht man gegen das Rotwild in den Krieg. Naturwissenschaft schaut anders aus, überall auf dieser Welt. Bayern muss sich schämen, ob solcher Handlungen, ob solcher Menschen in seinem öffentlichen Dienst.
Den von Miller beklagten Wildfrevel bestreitet die Nationalparkverwaltung. Hier würde es sich um „Fallwild“ des strengen Winters handeln. Die toten Hirschkälber seien Teil des Ökosystems. Rechtliche Schritte gegen Millers Verein „Wildes Bayern e.V.“ würden “wegen übler Nachrede” nun geprüft. Möglicherweise kommt dem nun die Staatsanwaltschaft Traunstein zuvor.
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