„Salamitaktik“ bei Strüngmanns Hotel?

Mit breiter Zustimmung des Gemeinderats starteten im August die Entwürfe für das Stüngmann-Hotel. „Total gelungen“ hieß es damals. Doch nun überwiegt die Ernüchterung, denn die Skizzen aus Mexico irritieren das Gremium, das vor „falschen Eindrücken“ warnt.

Die Umrisse der Hotelgebäude anhand einer alten Luftbildaufnahme. / Skizze: Athos

Die Familie Strüngmann setzt bei ihrem Hotelprojekt auf internationale Kompetenz. Das Architekturbüro Manuel Cervantes plant im fernen Mexico, der Landschaftsplaner von „Enea“ in der Schweiz. Für Markus Trinkl (Wiesseer Block) ist es jedenfalls „für Oberbayern eine ganz neue Welt“, die man hier gezeigt bekomme. Athos Architekt Urs Friedrich hatte überarbeitete Entwürfe mit großflächigen Verglasungen, viel Holz und „hohe Mauern“ an den 17 Suitenhäusern präsentiert. Letztere gefielen nicht allen. Kurt Sareiter (CSU): „Wenn die Mexikaner auch hohe und massive Wände mögen, wir sind aber keine Mexikaner“. Sareiter kritisierte auch den „Wandverhau“. Dieser sei zwar im Inneren der Anlage, erwiderte Friedrich, doch den „Verhau“ müsse er einräumen, den man aber nicht so gewollt habe.

Für Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block) ist moderne Architektur, mit der man sich eben „vertraut machen“ müsse. Dennoch sei er aber froh über „die Einwände“, damit Athos sehe, „wie der Gemeinderat denkt“. Doch von da gab es weitere Einwände. Kurt Sareiter störte sich auch am sogenannten Biergarten, der „nicht besonders bayerisch“ sei, obwohl man hier im tiefsten Oberbayern lebe. Man habe eine moderne Antwort darauf gesucht, entgegnete Friedrich. Es sei ein Wirtsgarten ohne Kastanie. Oder besser gesagt, eine Freischankfläche. „Architektur hin oder her“, Ingrid Versen (CSU) stieß auch die Bezeichnung Dorfplatz bitter auf. „Das ist irreführend“. Der Dorfplatz sei in Altwiessee und nicht in der Hotelanlage.

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Anbau zur Kinderbetreuung

„Kritisch“ sah Klaudia Martini (SPD), dass das Verwaltungsgebäude, das es in der ursprünglichen Planung nicht gegeben habe, nun auch noch um sechs Meter verlängert werde, um die Kinderbetreuung der Gäste dort unterzubringen. Ursprünglich war in der Seeuferzone noch ein „Tiny-Club“ geplant. Stattdessen ist der Kinderclub für Hotelgäste nun in einem sechs Meter und zweigeschoßigem Anbau am Verwaltungsgebäude geplant. Martini missfiel dies. Ihr dränge sich hier „das Gefühl einer Salamitaktik auf. Irgendwie wird es dann doch immer wieder mehr“, auch mit einem dreigeschoßigem Wohngebäude. Dieses sei schon seit Monaten in Planung, entgegnete Fridrich, „das ist nicht Salami, das ist ein Prozess“. Das Volumen insgesamt sei „belassen“ worden.

Thomas Maier von Strüngmanns Athos Service GmbH verwahrte sich gegen die „Unterstellung“, man wolle immer mehr. Schließlich sei man bei der Geschoßfläche „auf ihren Wunsch hin“ von 20.000 Quadratmetern auf 16.000 „runtergegangen“. Das Verwaltungsgebäude für etwa 16 Mitarbeiter sei ein reiner Zweckbau und ein Maximum, das auch wieder kleiner werden könne.

Mehr „Klarheit in den Skizzen“ gefordert

Doch Klaudia Martini (SPD) ließ nicht locker. Sie störte sich auch an den Plänen mit viel Hochgebirge, das am Tegernsee nicht existiere. „Damit entstehen völlig falsche Eindrücke“. Dies gelte auch für die Visualisierungen des Landschaftsarchitekten. „Man denkt, man ist in der Tundra mit viel Platz und Schilf“. Wenn die Bürgerschaft schon einen Eindruck gewinnen soll, „sollte man nicht mit solchen Bildern daherkommen, die nicht ganz zutreffend sind“. Martini schlug vor, etwas „aufmerksamer“ mit den Details umzugehen. Sonst sage jeder nach der Fertigstellung, „so habe ich mir das nicht vorgestellt“. Deutlicher wurde Martini bei den kritisierten Mauern: „Der Architekt kann ihnen nicht einfach Mauern reinzeichnen, wenn sie eine Präsentation für den Gemeinderat machen“. Hier sollte man etwas „sensibler“ sein, mit „mehr Klarheit in den Zeichnungen“.

Maier versicherte, dass dies „noch nicht das Endprodukt ist“. Man berichte hier über „Entwicklungsstudien“. Wenn später bei der Bürgerversammlung die Präsentation erfolge, „muss diese Hand und Fuß haben“. Rolf Neresheimer (ranBW) vermisste ein Kinderbetreuungsangebot für Mitarbeiter im ehemaligen Haus Kureck. Zumal auch in den drei neuen Wohngebäuden im Hotelbereich eine Nachfrage entstehen könnte. „Bei den 35 bis 40 Wohnungen sind auch Zwei-Zimmer-Wohnungen ohne Kinder“, so Fridrich darauf, daher sehe er „keinen auslösenden Bedarf für eine Kita oder Kindergarten“. Man habe daher nichts vorgesehen.

Lob für das Einbinden des Gemeinderats

Für Markus Trinkl entsteht hier ein komplett neuer Ortsteil. Mit dem Mexikaner Cervantes sei man nach Matteo Thun schon in der Weltarchitektur angekommen. „Aber ist das ganze Ensemble schlüssig?“ Nur renommierte Betreiber würden „auf so etwas abfahren“. Er frage sich, ob dies der Zeitgeist der nächsten 20 Jahre sei. Man sei „natürlich“ in Kontakt „mit sehr hochwertigen Anbietern von Hotels“, erwiderte Fridrich. „Es sind Mini-Ketten, klein aber fein“. Dieses Hotel könne man so „40 oder 50 Jahre fahren“, da es nicht dem Zeitgeist entspreche.

Robert Huber (SPD) lobte die „Kleinteiligkeit“ der Hotelanlage. Sie sei dem Zeitgeist geschuldet. „Das ist Weltarchitektur, die wollen wir haben“. Was Wiessee künftig an Architektur bekommen würde, so Höß, „darüber können wir wirklich stolz sein“. Von diesem „Alleinstellungsmerkmal“ könne „man lange zehren“. Bernd Kuntze-Fechner (SPD) fand es gut, dass der Gemeinderat in diesen Entstehungsprozess „eingebunden“ und der Kurpark gestärkt werde. „Den Mexikaner bekommen wir schon noch hin“. Florian Sareiter (CSU) meinte, dass „der Prozess gut läuft, denn sie sind oft da“.

Bebauungsplan und Flächennutzungsplan werden nun erneut öffentlich ausgelegt. Ein Satzungsbeschluss wird für März erwartet. Läuft alles nach Plan, könnte noch im Herbst der Spatenstich für das Luxushotel mit 90 Zimmern und den Wohngebäuden erfolgen.

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