Saurüsselalm: Todesstoß für Landschaftsschutzgebiete?

Mit einer Pressemitteilung aus dem Hause des Landratsamtes werden heute sechs Landschaftsschutzgebiete im Landkreis Miesbach quasi beerdigt. Einen überraschenden Schuldigen präsentiert die Behörde gleich mit. Wer wars denn?

Wie lange geniesst die Landschaft rund um den Tegernsee und in fünf anderen Gebieten des Landkreises noch den Schutz der Landschaftsschutzverordnung?

1955 wurden im Landkreis elf Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Der Schutz der „Haglandschaft“ war das erklärte Ziel. Immer wieder hat es in den letzten Jahrzehnten Streit um die besondere Art des „Naturschutzes“ durch die Landschaftsschutzverordnung (LSG) gegeben.

Als dann im Jahr 2019 ein Richter für die Urteilsfindung in einem Verfahren die Karten eines der Landschaftsschutzgebiete einsehen wollte, kam heraus, dass diese im Landratsamt „verloren“ gegangen seien, wie es hieß. Damit standen mit einem Mal die so kritisierten Landschaftsschutzgebiete auf der Kippe.

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Bergschutzverein Schuld an der Unwirksamkeit der Landschaftsschutzgebiete

Soweit zur Vorgeschichte, die ihr auch hier nachlesen könnt. Die ist wichtig, um zu verstehen, warum das Landratsamt heute bekannt gibt: Der Verein zum Schutz der Bergwelt e.V. habe den sechs LSG-Gebieten „Tegernsee und Umgebung“, „Egartenlandschaft um Miesbach“, „Schliersee und Umgebung“, „Spitzingsee und Umgebung“, „Oberstes Leitzachtal und Umgebung bei Bayrischzell“ und „Weissachtal“ den Todesstoß versetzt“.

Begründet wird diese Schuldzuweisung durch das Landratsamt im Miesbach mit einem Vorfall im Rahmen der Gerichtsverhandlung am vergangenen Mittwoch auf der Saurüsselalm. Verhandelt wurde die Klage des Vereins zum Schutz der Bergwelt e.V. gegen die Genehmigung des Umbaus und die Änderung der Nutzung der Alm im Gemeindegebiet von Bad Wiessee. Dabei ging es unter anderem auch um den von den Trägern vorgebrachten Einwand der unrechtmäßigen Befreiung von der LSG-Verordnung für den kleinen Versorgungsneubau neben der Saurüsselalm.

Trotz Warnung der Juristen besteht Verein auf Klage

Im Verlauf der Verhandlung haben alle Juristen und die Richterin, so informiert das Landratsamt in seiner Meldung, den Kläger mehrmalig und ausdrücklich darauf hingewiesen, welche Folgen ein Urteilsspruch in Bezug auf die LSGs im Landkreis haben werde. De facto führe dieser zu „einer richterlichen Bestätigung“ der Unwirksamkeit der Landschaftsschutzverordnung für sechs Gebiete. Weiter heißt es in der Pressemitteilung:

Der Verein zum Schutz der Bergwelt hat jedoch trotz der massiven Warnungen aller anwesenden Juristen an der Klage festgehalten.

Aufgrund der Weigerung des Vereins und des damit einhergegangenen Urteils der neunten Kammer des Verwaltungsgerichtes, sei ab der schriftlichen Urteilsbegründung in einigen Wochen die „Unwirksamkeit der Landschaftsschutzgebiete“ höchst richterlich bestätigt.

Aussagen des Landratsamtes stoßen auf kritisches Echo

Etwas anders sieht den aktuellen Sachverhalt rund um die Landschaftsschutzgebiete im Landkreis Thomas Tomaschek, der für die Grünen im Kreistag sitzt:

Ich bin nicht davon überzeugt, dass mit dem Urteil wirklich die Schutzgebiete wegfallen werden. Das muss erst einmal gründlich juristisch geklärt werden.

Seiner Meinung nach brauche es nun dringend einen Plan B für den Schutz der betroffenen Gebiete. Nicht nachvollziehen kann Tomaschek daher die heutige Reaktion des Landratsamtes sowie deren Schuldzuweisung an den Verein: „Das ist jetzt zwar zeitlich höchst unglücklich gelaufen, aber Schuld an der Ausgangssituation, die zur jetzigen Eskalation führt, war der Verein sicherlich nicht.“

“Eine Absurdität, ein Skandal!”

Drastischer reagiert da Angela Brogsitter-Finck von der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal e.V. in einer ersten Reaktion auf die Pressemitteilung des Landratsamtes. Sie nennt die Schuldzuweisung des Landratsamtes eine „Absurdität“ und einen „Skandal“.

Die Situation sei allein durch das Verschlampen der Landschaftsschutzgebietskarte des Landratsamt entstanden. Das, so macht Brogsitter-Finck deutlich, sei ein rechtliches Desaster. Ebenso wie auch die fehlerhafte Interpretation des Kreistagsbeschlusses und Protokolls von 2019 und ergänzt dann noch:

In anderen Worten: Das Landratsamt stellt die eigene Verordnung in Frage, anstatt sie zu heilen und schiebt den Schwarzen Peter dem Verein zum Schutz der Bergwelt zu. Eine Absurdität, ein Skandal!

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