Zum Bürgerentscheid Schlierseer Hof
Schliersees Zukunft: Chance oder ökonomisches Desaster?

Der Schliersee-Bürgerentscheid kann Diskussionen ins Rollen bringen oder Angst verbreiten. Martin Calsow kommentiert die Folgen der Abstimmung.

Idylle? Schliersee muss sich wieder finden oder neu erfinden nach dem Bürgerentscheid. Foto: Redaktion.

Das Bürgerbegehren gegen die Neubaupläne der Familie de Alwis hat mit 56 Prozent der Stimmen gewonnen. 2115 Menschen haben sich gegen die zukünftigen Ausmaße des Projekts ausgesprochen – das ist auch eine Ablehnung des Gemeinderats und Bürgermeisters Schnitzenbaumer. Von den 5752 Wahlberechtigten haben sich 3780 an der Abstimmung beteiligt, was einer Wahlbeteiligung von 66,7 Prozent entspricht. Das ist zwar der Durchschnitt bei Bürgerentscheidungen in der Region, aber angesichts des Aufruhrs der letzten Wochen in Schliersee, doch enttäuschend. Beide Seiten haben viel Lärm gemacht und einander angegriffen. Aus einem normalen Bauprojekt wurde eine Abstimmung über die Zukunft des Ortes.

Welche Folgen hat das?

Wenn man Walter de Alwis, den Hotelbetreiber des Schlierseerhofs, beim Wort nimmt, wird er seine Neubaupläne nun aufgeben. Da er und sein Sohn keine Zukunft für das jetzige Hotel sehen, müssen sie nach anderen Optionen suchen. Ein Verkauf ist möglich. Vielleicht findet sich ein größerer Investor mit einem überzeugenden Konzept? Wer will sich nach diesen Wochen noch darauf einlassen?

Die Familie de Alwis hat viel Geld in Planung und Kommunikation investiert. Banken mögen solche Niederlagen nicht. Für die Familie stellen sich existenzielle Fragen. Aber eine Verkleinerung, wie von der Bürgerinitiative gefordert, würde alles, was die Hoteliersfamilie zur Wirtschaftlichkeit gesagt hat, obsolet machen. Eine Umwidmung des Gebäudes ist schwierig und muss erst genehmigt werden. Auch hier könnte eine Bürgerinitiative wieder blockieren. Droht also Leerstand? Das wäre der schlimmste Fall in einem Ort, in dem bereits viele Gebäude leer stehen, von der Schule bis zu verschiedenen Geschäften.

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Lokalpolitik

Von außen betrachtet scheint es, als hätte die lokale Politik in den letzten Monaten nicht klug, sachlich und nachhaltig für das Hotelprojekt argumentiert und es bei der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger vertreten können. In solchen Zeiten reicht es nicht aus, nur Wurfsendungen zu verteilen und Anzeigen zu schalten. Es soll Bürgermeister geben, die moderieren und nicht nur Partei ergreifen.

Macht Schliersee Investoren Angst?

Schon vor einigen Jahren hat ein Bürgerentscheid eine Gemeinderatsentscheidung gekippt. 2016 ging es um den Neubau für die Firma Sixtus. Schliersee erweist sich als heikles Pflaster für jeden Investor. Egal, ob Hotel oder Firma für Fußsalben – wer will sich an diesem Ort wirtschaftlich engagieren. Das ist die ökonomische Seite der Entscheidung vom Sonntag.

Doch der Erfolg der Bürgerinitiative kann auch viel Positives in die Bürgergesellschaft bringen Trotzige “Wir machen das jetzt so”-Entscheidungen eines Gemeinderats lassen sich Bürgerinnen nicht immer gefallen. Sie setzen sich in ihrer Freizeit für ihren Ort ein. Kluge Politik nutzt diese Energie, bindet sie in eigene Entscheidungen für die Zukunft mit ein, statt sie als plumpe Störer mit Eigeninteresse abzutun.

Tatsächlich müssen ein aktiver Gemeinderat und der derzeitige Bürgermeister beide Seiten wieder an einen Tisch bringen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Denn, wie eine Initiatorin der Bürgerinitiative so schön gesagt hat: “Wir leben hier an einem der schönsten Plätze Deutschlands”. Da muss doch mehr möglich sein als Neid, Intrigen und Missgunst.

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