Technik, denkt man, kann der junge Kühn. Aber dann lief es doch nicht so rund. Hybridsitzungen mit zugeschalteten Gemeinderäten wie Florian Sareiter klappten nicht. Ein junger IT-Fuchs musste helfen. Bis es lief, war dann auch eine knappe Stunde vergangen.
In der Mitte hatten die Architekten ein Modell ihrer Ideen platziert. Aus der Euphorie im letzten Jahr war eine angespannte Genervtheit bei dem ein oder anderen Rat zu bemerken. Zu lange war nichts passiert, fanden einige, zu viele hatten sich über die Jahreswende unangenehmen Fragen von Bürgern beim Spaziergang anhören müssen, so einige Räte. Befeuert wurde die Stimmung nicht zuletzt durch eine harte Ansage des Bürgermeisters im Gemeindeboten. Es müsse jetzt einmal auf der Brache losgehen, hatte er dort gefordert. Die Leute in Bad Wiessee werden langsam nervös.
Thomas Maier, Geschäftsführer von Strüngmanns Firma Athos, war sichtlich bemüht, diese Bedenken zu zerstreuen, präsentierte einen detaillierten Zeitplan. Der sieht folgendes vor: Bis zum 25. Februar 2022! sollen mit den Baumfällungen im südlichen Teil die Erschließung des Grundstücks eingeleitet werden. Anfang September 2022 soll dann der Aushub und das Setzen der Bohrpfähle eingeleitet werden. Der Baubeginn bzw. der Aushub für das Hotel ist für Anfang Juni 2023 geplant, elf Monate veranschlagen die Architekten für den Rohbau des Hotels. Am 30. 06. 2026, so hofft Athos, könne das Hotel das seine Eröffnung feiern. Das schien einige Räte zu beruhigen. Nur jene, die mit Bauen vertraut waren, verzogen die Gesichter. Realistisch sei der Zeitplan nicht, so ein Gemeinderat, der sich aber dazu nicht öffentlich äußern wollte.
Und was sagt das Gremium?
Es folgten einige Plänkeleien über gestalterische Fragen. Recht schnell entstand der Eindruck, dass Athos mit seinen eigenen Planungen über Gestaltung und Zielsetzung noch nicht abschließende Urteile im Gepäck hatte. Seltsam konturlose Bilder wurden gezeigt, Stückwerk allenthalben. FW-Ratsmitglied Johann Zehetmair, Zimmerermeister und Mann vom Fach, monierte die starke Dachneigung von vier Hauskomplexen, wurde aber forsch von einer Architektin zurechtgewiesen. “Das sei hier im Oberland kein Einzelfall.
Prompt mischte sich der anwesende Kreisbaumeister Christian Boiger, ein Mann, der gern die Öffentlichkeit sucht, ein. “Postgebäude und andere Offizialbauten hätten auch mehr als 26 Grad Neigung aufzuweisen. Da spiegele das Modell der Athos-Architekten nur das hiesige Baubild wieder, so Boiger.
Eine Petitesse, aber sie wirft ein Schlaglicht auf die zukünftige Zusammenarbeit mit der Truppe um Maier. Zum Schluss wurden die Stellungnahmen der zuständigen Behörden und wie es im Beamtendeutsch so schön heißt, “sonstiger Träger öffentlicher Belange”, verlesen. Das Gremium stimmte Formalien wie den Billigungs- und Auslegungsbeschluss zu, die Athos-Mannschaft verließ zufrieden den Saal.
Es ist in der Tat ein Mammutprojekt, das die Athos-Gruppe am Seeufer Bad Wiessees plant. Umso klüger ist es, dass wirklich alle Ratsmitglieder vollumfängliche Informationen über Gestaltung, Funktionen und Prozesse bekommen. Zu oft, so schien es, waren Kommunalpolitiker im Tal von solchen Großprojekten überfordert. Da nicht jeder ein Bauexperte ist, dürfte das auch nicht verwundern.
Wenn dann mit bunten Bildchen aus der globalen Baubranche an die Wand geworfen, hübsche “Moods” über zu verwendende Baustoffe gezeigt werden, verstummt die eine aus Respekt, der andere aus schierer Müdigkeit. Dann wirkt es mitunter so, als sei die Mannschaft aus der Stadt mal eben aufs Land zu den dummen Bauern gefahren, um diese mit Budenzauber und Luftsätzen aus der Marketingkiste einzulullen. Zitat gefällig? Aus der Athos-Presserklärung: “Für uns hat die Qualität der Planung, haben die vielen Details eines solchen Spitzenhauses und hat vor allem der Dialog mit unseren Nachbarn Vorrang vor Geschwindigkeit”, wird Maier vom PR-Team zitiert.
Umso mehr müssen von Bauträgern wie Athos massiv proaktive, handfeste Informationen eingefordert werden. Die Bürgerversammlung muss kommen, und sollte auch von vielen Bürgern besucht werden. Das Strüngmann-Projekt ist nicht einfach ein Privatobjekt. Athos trägt die Verantwortung für einen Teil unserer Gemeinde-Zukunft. Denn Ergebnisse fehlerhafter oder überdimensionierter Projekte sind all überall am See zu besichtigen. Das bebaute Spielbank-Areal mit seiner Silhouette wird den Ort über Jahrzehnte prägen. Das sollte jedem Politiker aber auch Bürger Verpflichtung sein, sich frühzeitig zu informieren.
Die Athos-Gruppe versprach eine Bürgerversammlung, in der sie allen Interessierten ihre Pläne schildern wolle. Es wird Zeit. Kein Wiesseer dürfte einem braunen Riesenblock wie die “Bohne” von Tegernsee als Wahrzeichen haben wollen.
SOCIAL MEDIA SEITEN