Technisch machbar, moralisch vertretbar?

Der Trend im Tal geht zu Tiefgaragen im Uferbereich des Tegernsees. Ausbaden müssen die verdrängten Unterwasserläufe meist die Nachbarn. Vor einer „emotionalen Entscheidung“ stand nun der Ortplanungsausschuss in Rottach-Egern.

Mit der geplanten Höhe anhand des Schaugerüsts gab es keine Probleme mehr, wohl aber mit der Tiefgarage in Seenähe. / Quelle: Klaus Wiendl

Vorrangig stand der „Antrag auf Vorbescheid zum Neubau eines Einfamilienhauses“ mit oder ohne Tiefgarage in der Fromundstr.1 wiederholt auf der Tagesordnung. Denn die Rampf & Spisak Vermögensverwaltungs KG aus Gmund hatte bereits für die Sitzung im Oktober einen Antrag gestellt. Dieser scheiterte jedoch, weil die genaue Höhenentwicklung auf dem 1.800 Quadratmeter Grundstück nicht auszumachen war.

Gefordert wurde ein Schaugerüst mit einer Ortsbesichtigung, um die „Wandhöhe von 6,40 Metern an dieser exponierten Stelle zu prüfen“. Vor Ort waren nun auch zwei Vertreter des Landratsamts, so Bauamtsleiterin Christine Obermüller. Denn das Grundstück befinde sich zum Teil im Überschwemmungsgebiet des Tegernsees. Das Baulos mit Altbestand und geplantem Neubau jedoch sei oberhalb der Hochwasserlinie.

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Des Weiteren sei über die geplante Tiefgarage beraten worden. Solche gebe es in diesem Gebiet Fromund- und Ganghoferstraße bislang nicht. Tiefgaragen würden dort und in der Werinherstraße zur Verdrängung unterirdischer Wasserläufe führen, die dann meist Nachbarn auszubaden hätten. Das Landratsamt jedoch sehe damit keine Probleme. „Die Tiefgarage ist möglich“, zitierte Obermüller die beiden Beamten aus Miesbach. Während die Gemeinde der beantragten Doppelgarage zustimmen würde, sehe es bei der Tiefgarage Probleme. Rechtlich könne allerdings ein Verzicht nicht eingefordert werden, „das ist eine emotionale Entscheidung“, meinte Obermüller.

„Gestiegener Grundwasserspiegel“

Davon abraten möchte an dieser Stelle Bürgermeister Christian Köck (CSU). Er nannte dafür einige Vorkommnisse. Zum einen seien beim Hochwasser 2013 dort viele Keller geflutet worden, zum anderen den „gestiegenen Grundwasserspiegel“ in der Ganghoferstraße. Dies sei jüngst beim Baustopp über mehrere Wochen bei den Kanalbauarbeiten festgestellt worden.

Zumal auch der Weißach-Kanal unweit davon seinen Auslauf habe. „Man muss aus der Geschichte der Schadensereignisse lernen“, mahnte Köck, deshalb hätten die „Alteingesessenen“ in unmittelbarer Seenähe auch keine Tiefgaragen gebaut.

„U-Boot“ in Tegernsee

Bei entsprechendem Kleingeld ist dies technisch jedoch um den See bereits gang und gäbe, ob in Bad Wiessee oder Tegernsee, wie immer wieder in den Gemeinde- und Stadtratssitzungen zu beobachten ist. In Tegernsee sprach man zuletzt von dem „U-Boot“ eines Promis, als es um die Errichtung einer doppelstöckigen Tiefgarage direkt am Seeufer ging. Machbar ist inzwischen alles, bei aufwändiger Armierung und Tonnen von wasserdichtem Beton. Das Risiko von unabwägbaren Grundwasserströmen, die sich immer ihren Weg suchen, bleibt.

Daher wollte Köck auch nur „der 1. Variante mit den Doppelgaragen zustimmen“ und von einer Tiefgarage in „unmittelbarer Seenähe abraten“. Ähnlich sah es auch Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG). Da sie selbst am See lebe, wisse sie, was Hochwasser bedeute. „Ich habe wenig Verständnis für Leute, die dort Tiefgaragen bauen“. Das Grundstück der Antragsteller sei groß genug für eine Doppelgarage.

Tiefgaragen am See nicht „zu verhindern“

„Tiefgaragen werden wir nicht verhindern können“ meinte Josef Lang (CSU). Er selbst würde allerdings dort keine bauen. Für seinen Fraktionskollegen Josef Kaiser ist eine Tiefgarage nichts anderes als ein Keller. „Sie sind wasserdicht machbar“. Allerdings sollte das Wasserwirtschaftsamt prüfen, ob die Grundwasserströme gestört werden. Köck verwies auf einen Juristen des Landratsamts. Dieser habe vor etwa zwei Jahren bei einem anderen Bauvorhaben, nicht weit weg vom jetzigen Projekt entfernt, geraten, die „Gemeinde sollte in diesem Gebiet keine Tiefgaragen zulassen“. Dafür bekomme Rottach auch “die Rückendeckung“ des Landratsamts.

Diese „Aussage“ bezog Köck auf den vorliegenden Antrag. Er könne sich bei „einem gesunden Menschenverstand“ dort keine Tiefgarage vorstellen. „Wir sollten unsere Ortskenntnis mit ins Feld führen“, beschwor Köck das Gremium. Alles sei technisch machbar, doch die anderen „können dann schaun, wo´s bleim“. Und die würden dann in größter Sorge ins Rathaus kommen und die Verwaltung vor die Frage stellen, „habt ihr euch überlegt, was ihr da genehmigt habt“.

Andreas Eham (CSU) fand es dagegen „ungerecht, wenn man dort keine Tiefgarage genehmigen würde“, denn in der umliegenden Bebauung seien diese überall anzutreffen. Letztlich hatte der Ortsplanungsausschuss keine Probleme mehr mit der Höhenentwicklung, die ebenso wie die Doppelgarage einstimmig genehmigt wurde. Bei der Variante mit der Tiefgarage jedoch schieden sich die Geister. Sechs stimmten für eine Tiefgarage, vier dagegen.

 

 

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