„Um Leute zu bewegen, brauche ich keine Profis“

So ganz ohne die Politik geht es dann wohl doch nicht. Die von Michael Futschik ins Leben gerufene Bürgerwerkstatt will selbst ein Konzept für die Fläche am Waakirchner Dorfanger auf die Beine stellen. Doch dafür braucht sie Geld – und Ideen.

Lange diskutierte der Waakirchner Gemeinderat über eine mögliche Anschubfinanzierung für die Bürgerwerkstatt. /Archivbild

In der jüngsten Waakirchner Bürgerversammlung hatte Michael Futschik, Mitglied der Aktiven Bürgervereinigung, angekündigt, eine Art Bürgerwerkstatt gründen zu wollen. Mit dem Ziel, ein Konzept für die Fläche am Dorfanger zu entwickeln. Genau dort, wo die Gemeinde mithilfe staatlicher Fördermittel bezahlbaren Wohnraum samt Geschäften schaffen will.

Ein entsprechendes Konzept hatte der Waakirchner Architekt Hans Hagleitner bereits entworfen. Die Gemeinde aber dazu verpflichtet, das Wohnbauprojekt EU-weit auszuschreiben, um überhaupt die Zuschüsse in Anspruch nehmen zu können. Solange will Futschik aber nicht warten. Er will den fertigen Entwurf präsentiert bekommen.

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Bürgerwerkstatt braucht Unterstützung der Gemeinde

Schon in der Bürgerversammlung hatte Futschik darauf hingewiesen, dass er für seine Bürgerwerkstatt die Unterstützung der Gemeinde bräuchte. „Dann ist ja wieder die Politik dabei“, meinte Bürgermeister Josef Hartl (FWG) damals. Zwar könne Futschik auf Rückenwind zählen und man würde einen Aufruf im Gemeindeboten veröffentlichen, aber den Rest müsse Futschik schon selbst machen.

Ein paar Tage später erhielt der Bürgermeister ein Schreiben von Futschik, in dem er alle Gemeinderäte dazu einlud, sich an der Bürgerwerkstatt zu beteiligen. Gleichzeitig bat er um Zusendung des Planungsentwurfs, den Architekt Hagleitner für das Wohnprojekt am Dorfanger entworfen hatte. Diese Bitte wiederum schlug Hartl in der jüngsten Gemeinderatssitzung sofort aus:

„Wie ich schon in der Bürgerversammlung gesagt habe: Das können wir nicht herausgeben. Das ist Hagleitners geistiges Eigentum.“ Außerdem würde man damit die EU-weite Ausschreibung ignorieren, sagte Hartl und fügte hinzu: „Ich hoffe, dass Herr Futschik das versteht.“

Als Leiter der Bürgerwerkstatt hätte er zudem keine Erfahrung, wie man das Ganze angehe, zitierte Hartl weiter aus dem Schreiben des Waakirchners. Aus diesem Grund hätte Futschik Kontakt zur Gemeinde Gmund aufgenommen. Auch dort gab es nämlich einst eine Bürgerwerkstatt. Zusammen mit Profis wurde so ein Konzept für die Traditionsgaststätte Maximilian ausgearbeitet.

Geld für Profis – eine sinnvolle Investition?

Diese Profis wolle sich Futschik nun auch an Bord holen. Kostenpunkt: 1500 Euro. Hartl schlug eine Anschubfinanzierung in Höhe von 500 Euro vor. „Wir reden hier von einem sozial geförderten Wohnbauprojekt, nicht von einer total umgestalteten Wohnfläche.“ Leisten könne man sich den Wohnungsbau nämlich nur durch staatliche Fördermittel, ergänzte er.

Rudi Reber (ABV) findet, die Dorfentwicklung sei ein wichtiges Thema und spricht sich dafür aus, der Bürgerwerkstatt das Geld zu zahlen. Wenig Sinn mache es seiner Ansicht nach, das geistige Eigentum von Hagleitner auszuhändigen. Die Bürgerwerkstatt hätte doch genügend Arbeit damit, herauszufinden, was die Bevölkerung will.

„So läuft’s in Bayern“

Die Bürgerwerkstatt solle ja nicht zum Kaffeekränzchen verkommen, meinte Norbert Kerkel (FWG). Über die Höhe der finanziellen Unterstützung könne man diskutieren, aber zunächst sollten dem Gemeinderat Konzepte präsentiert werden. Und zwar in einem bestimmten Zeitplan. „So läuft’s in Bayern“. Georg Rauch (CSU) sah das genauso. Erst sollten gewisse Vorschläge kommen, bevor man über eine Anschubfinanzierung sprechen könne.

Auch Robert Englmann (CSU) zeigte sich mit der Auszahlung eines Startkapitals zurückhaltend. Würde man das Geld von vornherein auszahlen, wäre das doch kontraproduktiv. Sollten allerdings im Laufe der Zeit finanzielle Belastungen auf die Bürgerwerkstatt zukommen, könne man immer noch unterstützend zur Seite stehen.

Diskussion um Anschubfinanzierung

Kerkel schlug vor, ein gewisses Startkapital zur Verfügung zu stellen, dass nur dann abrufbar ist, wenn der Bürgermeister dieses freigibt. Reber überlegte: „Eigentlich müsste man sagen, das Geld wird ausgegeben, weil sich die Bürgerwerkstatt nicht in der Lage sieht, das Ganze professionell umzusetzen, und die erste Veranstaltung selbst auf die Beine zu stellen.“

„Wir haben eine EU-weite Ausschreibung für ein Wohnprojekt laufen“, so Hartl. „Und hier braucht jemand Profis, um ein Konzept auf die Beine zu stellen. Ich brauch‘ doch erstmal Butter bei die Fische.“ Jetzt mischte sich Balthasar Brandhofer (ABV) ein. „Wir geben 8.000 Euro für ein Energiekonzept aus und hier haben wir etwas, was wir schon lange wollten. Wenn man sowas richtig aufziehen will, braucht man eben Profis. Das sollte uns die Veranstaltung wert sein.“

Wollen die Bürger überhaupt eine Bürgerwerkstatt?

Das wiederum wollte Alfred Finger (CSU) nicht einsehen. „Nur, damit die Leute hergebracht werden? Dafür brauche ich keine Profis. Das muss der Futschik als Bürgerbeweger schon selbst machen.“ Martin Weingärtner (ABV) sah das anders. Er plädierte dafür, die 1500 Euro zu investieren, um die „richtigen Leute“ an den Tisch zu holen. Es gebe gute Ideen in der Gemeinde, so Weingärtner. „Wir haben doch immer gesagt, wir brauchen sowas.“

Noch wisse man doch gar nicht, ob das Projekt überhaupt von den Bürgern angenommen wird, warf Georg Bachhuber (ABV) ein. „Und wenn wir den Zuschuss nicht kriegen, stirbt es sowieso“, ergänzte Monika Marstaller (FWG). Dem stimmte auch Hartl zu: Bevor man nichts in den Händen habe, könne man auch nicht die Bürger informieren. Es gehe sowieso nur über den Wohnungsbau, so Hartl, anders könne man sich das Ganze nicht leisten.

Thema „Wohnprojekt“ soll Gemeinderat nicht auseinander dividieren

Man spreche hier vom größten kommunalen Wohnungsbauprogramm, das für das Wohnprojekt in Anspruch genommen werden soll, warf Gisela Hölscher (FWG) ein. „Da tickt die Uhr, um an die Förderung zu kommen.“ Georg Rausch (CSU) wurde die Diskussion zu bunt: „Man verunsichert die Leute. Das Wohnprojekt ist doch eine gute Sache. Es war ein Fehler, dass wir das Projekt einem elitären Kreis vorgestellt haben. Es sieht ja so aus als hätten wir etwas nicht richtig gemacht.“

Das Wohnprojekt sei doch für alle Bürger gedacht, führte er weiter aus, nicht nur für Vereinsleute. Wenn behauptet werde, man vertusche etwas, sei das falsch. „Wir spielen mit offenen Karten.“ Rudi Reber pflichtete ihm bei. Und auch Hartl betonte, man hätte zehn Jahre einen guten Gemeinderat gehabt. Man müsse verhindern, dass sich dieser auseinander dividiere. Wenn man nichts zum Vorzeigen habe, könne man damit eben auch nicht nach außen gehen.

Er schlug vor, der Bürgerwerkstatt 500 Euro als Anschubfinanzierung zu zahlen. So endete die etwas länger andauernde Diskussion mit einem knappen Ergebnis. Mit 9:8 Stimmen wurde Hartls Vorschlag angenommen. Die Bürgerwerkstatt trifft sich übrigens am Mittwoch, den 9. Mai, um 19 Uhr im Sportheim Am Kray.

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