Erich Vad zu Gast im Korbinian-Kolleg
Umstrittener Gast bei Korbinian Kohler

Der Gmunder Unternehmer Korbinian Kohler lädt in seine Kreuther Eventreihe Korbinians-Kolleg regelmäßig “Experten” zu Diskussionen über die großen Themen der Welt ein. Zuletzt war der Ex-Merkel-Berater, Ex-General Erich Vad, zu Gast. Muss das sein?

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Macht von sich Reden: Korbinian Kohler. Quelle: Bachmair Weissach / Foto: Michael Tinnefeld

Promis unterliegen in Deutschland einem Lebenszyklus: Erst präsentieren sich Künstler, TV-Sternchen oder Experten in Talkshows, legen hier und da wirre Auftritte hin, müssen mehr auffallen, werden als abseitig aus dem nationalen Mainstream geschoben und enden bei einer Autogrammstunde in einem Provinz-Möbelhaus – oder bei Korbinian Kohler.

Der hat einen Event geschaffen, der seinen eigenen Namen trägt. Klar, ist ja gerade Mode, den eigenen Namen zur Marke oder Partei werde zu lassen, könnte man kleinlich feststellen. Im Korbinians-Kolleg durfte jüngst Erich Vad, der Ex-Bundeswehr-General und Ex-Berater von Ex-Kanzlerin, Angela Merkel, seine Gedanken zum Überfall Russlands auf die Ukraine kundtun. 200 Zuhörer waren gekommen, um zu hören, warum die Mächtigen alles falsch machen. Er, Vad, habe die Lösung für Frieden und man solle generell viel mehr Verständnis für Autokraten haben. Chinesen greifen nach Taiwan? Muss man irgendwie akzeptieren, wenn man keinen Krieg mit denen haben wolle. Die Krim gehört halt zu Russland, lehne man das ab, wäre Schrobenhausen von einem Atomschlag nicht weit entfernt (so schreibt er es in seinem jüngsten Buch).

Vadismen im Zeitalter des Kriegs

Schauen wir uns Kamerad Vad einmal näher an: Der Vortragsreisende beriet lange Zeit militärisch Angela Merkel. Kurz vor dem mörderischen Einmarsch der Russen in die Ukraine fiel Vad durch zum großen Teil völlig falsche Prophezeiungen in der Öffentlichkeit auf: “Militärisch gesehen ist die Sache gelaufen. Und meine Bewertung ist, dass es nur um ein paar Tage gehen wird und nicht mehr”, orakelte der Brigadegeneral am 24. Februar 2022.

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Odessa sah er Anfang März bald unter russischer Kontrolle. Das ist bis heute nicht passiert, und die Beispiele ließen sich lange fortführen. Vad lag meist daneben, und das machte ihn zum Internet-Star. In Berlin sind Vadismen ein geflügeltes Wort. Sie stehen für völlig falsche Prognosen. Memes feierten das. Etwa so: “‘Das Pferd können Sie reinlassen. Das ist ungefährlich.’ Erich Vad, Bronzezeit, Troja”. Binnen weniger Monate wurde der Experte zum Paria, den kein ernstzunehmender Mensch mehr befragen wollte. Irgendwann tauchte er händchenhaltend mit Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer auf einer Berliner Demo-Bühne auf. Spätestens da hätte sein privates Umfeld den Mann schützen sollen und eine Dauerruhe im Experten-Abklingbecken verordnen sollen. Stattdessen schickt man den armen Mann über die Dörfer, wo er Lokalpolitiker des Bund Sarah Wagenknecht (BSW) trifft.

Events für die eigene Eitelkeit?

Bei Korbinian Kohler im Phantastisch fand Vad beim Publikum vielleicht noch Anklang. Wer will schon Krieg? Aber die Politik ist eben komplex und nicht im Sitzkreis mit dem Zuwerfen von Wollknäueln zu lösen. Man kann solche Auftritte von Ex-Experten belächeln, aber verdeutlichen sie nicht die fehlende Wertschätzung für unsere Region? Zynisch könnte man sagen: Für uns im Tal reicht’s nur fürs Abseitige? Man könnte auch fragen, wie das geflüchtete Ukrainer finden, wenn so ein Sofa-General die Heimat für die eigene Seelenruhe an die Russen verscherbelt? Oder warum ein Unternehmer aus dem Tal nicht ein wenig Zeit in die Google-Recherche steckt, um bei der Auswahl der zukünftigen Gäste mehr Fachwissen zu demonstrieren? Denn was dürfen wir sonst so an Experten erwarten? Jan Marsalek mit “Corporate Governance im 21. Jahrhundert”, Björn Höcke mit “Buntes Deutschland-Vielfalt im Laufe der Jahrhunderte”?

Kohlers Verdienste sind dennoch offensichtlich

Nun ist gegen solche Veranstaltungen überhaupt nichts einzuwenden – im Gegenteil: Korbinian Kohler bemüht sich seit Jahren darum, im idyllischen, aber zuweilen recht konformen Tal neue Akzente zu setzen, Diskussionen anzustoßen. Der Unternehmer verbreitet bei vielen, die in den Entscheider-Positionen sitzen, auch Unruhe. Ob es deswegen ein philosophisches Kolleg braucht, sei dahingestellt. Es kann der Horizont-Erweiterung dienen.

Selbst eine tragische Figur wie Erich Vad kann, wenn man sich vorbereitet und die notwendige Distanz schafft, hilf- und lehrreich sein. Aber es läuft eben schwer an einer ethischen Geschmacksgrenze, wenn ein Gegenpart fehlt. Gegen den Strich bürsten, einem Publikum auch einmal schwer verdauliche Gegenpositionen vorsetzen – das hat kürzlich die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee in derselben Location vorgemacht: Key Notes von sehr unterschiedlichen, auch umstrittenen Personen jenseits des Tals, trafen auf ein eher kritisches Publikum. Es kann, setzt man nicht nur auf Provokation, auch sehr gut funktionieren: Das Tal braucht keine Fanboys einer Putin-Unterstützerin wie Sahra Wagenknecht.

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