Verschlusssache Einzelhandels-Gutachten

Seit bald eineinhalb Jahren lässt die Gemeinde erforschen, welche Läden mit welchem Sortiment an welcher Stelle erfolgreich geführt werden können. Das Ergebnis liegt vor, doch veröffentlicht wurde es bisher nicht. Die TS hat Einzelheiten.

Statt des Hotels Ritter ein Vollsortimenter mit Drogeriemarkt?

Vor mehr als einem Jahr begann Rafael Stegen mit der Befragung von Wiesseer Gewerbetreibenden. Sein gleichnamiges Städteplaner-Institut Salm&Stegen in München erstellt im Auftrag der Gemeinde ein Einzelhandelsgutachten. Doch nichts daraus wird seitdem offiziell bekannt. Rathaus-Chef Peter Höß hält es unter Verschluss, obwohl das Ergebnis schon seit Monaten vorliegt und bereits in einer Klausur im vergangenen Februar behandelt wurde.

Nach Informationen der TS war die Studie als Entscheidungshilfe für weitere Planungen im Ort gedacht. Prämissen waren, wie viele Geschäfte sind im Eigentum, wie ist die Altersentwicklung, wann werden Geschäfte demnächst übergeben?Die Analyse des Gutachtens lag dem Gemeinderat auf einer Klausur im vergangenen Februar bereits vor.

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Das Ergebnis scheint ernüchternd zu sein. Denn während Stegen noch mit Umfragen bei Einzelhändlern bis hin zu Ärzten im Ort unterwegs war, machten wie zum Beweis über die prekäre Lage Wiessees weitere Läden dicht. Darunter war auch die Luitpold-Apotheke in der Adrian-Stoop-Straße. Einst gab es vier Apotheken im Ort, jetzt nur noch eine. Ein ähnliches Schicksal könnte laut Studie auch zwei der drei Supermärkte im Ort ereilen.

Nur ein Supermarkt sei eine „Katastrophe“

Damit sich ein Vollsortimenter rechne, brauche er eine bestimmte Größe. Doch diese Fläche biete nur der Edeka am Söllbach. Deshalb sei der Netto-Markt am Rathaus stark gefährdet, so das Gutachten, da der Ort mit 5.000 Einwohnern für das bisherige Angebot zu klein sei. Weniger dramatisch sei die Situation für Edeka im Norden von Wiessee. Sollten aber beide Märkte aufgeben, sei dies für den Ort eine „Katastrophe“, wie ein Kenner der Studie urteilt.

Ein Beispiel für die vielen Leerstände im Ortszentrum

Ihre Kernaussage sei, ins Ortszentrum einen Vollsortimenter mit Drogeriemarkt zu platzieren. Das geplante Wohn- und Geschäftshaus von Werner Wendler von der MW Eigenheimbau am Lindenplatz sei dafür keine Lösung. Es biete zu wenig Fläche, wie ein Kenner der Szenerie sagt, dort würden „unbezahlbare Einzelhandelsgeschäfte“ entstehen, wenn man die Preise für die Eigentumswohnungen als Orientierungshilfe nehme.

Die Hoffnungen ruhen auf dem Grühn-Areal

Das Augenmerk der Gemeinde richte sich daher auf das Areal der Familie Grühn an der Münchner Straße. Es beherbergt das Hotel Ritter und den Pavillon von Optik Riedel. Das Grundstück im Ortszentrum will die Erbengemeinschaft Grühn schon seit längerem verkaufen. Noch sei nicht entschieden, was dort geschehen soll, war zuletzt vom beauftragten Immobilienbüro in Neubiberg zu hören. Große Hoffnungen auf die Entwicklung des Areals aber setzt die umliegende Händlerschaft, wie einer von ihr sagt: „Damit steht und fällt die Entwicklung des Ortszentrums“.

Der Gemeinde sei empfohlen worden, mit dem Areal der Familie Grühn den Ort zwischen Rathaus und Hotel Rex als Herzstück des Handels zu entwickeln. Noch aber sei das Areal im Bebauungsplan als „Sondernutzung Hotel“ ausgewiesen. Dieser müsste geändert werden, sollte sich der Gemeinderat dort für einen Vollsortimenter entschließen. Dies sei möglich und „extrem empfehlenswert“, wie ein Insider sagt. Untere Mittelklassehotels gebe es genügend, aber keinen vernünftigen Vollsortimenter im Ortszentrum, wie es Gmund mit dem neuen Rewe-Markt vormache.

Strüngmann und seine Läden

Die Studie empfehle auch, keine weiteren Handelsflächen aufzumachen. Dies ziele laut einem Befragten auch auf die Läden im geplanten Hotel von Thomas Strüngmann ab. Hier müsse die Gemeinde ein Auge darauf haben, ob an der Seepromenade nochmals Verkaufsflächen entstehen sollen.

Zu den Recherchen der TS wollte sich Hilmar Danzinger auf Nachfrage nicht äußern. Der Geschäftsleiter der Gemeinde verwies auf die Vertraulichkeit der Klausur. Nur so viel offenbarte er: im Herbst werde wohl das Einzelhandels-Gutachten veröffentlicht. Dagegen können etliche Gewerbetreibenden nicht verstehen, warum die Ergebnisse nicht schon längst verkündet wurden, schließlich sei es doch „keine Operation am offenen Herzen“.

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