Vom Riederstein ruft der Muezzin

In einem Land, das einst Bücher verbrannte, geht ein Gerüchte-Gespenst um: Undankbare Flüchtlinge sollen ihre Trainingsanzüge dem Feuer übergeben haben. Grund: Sie seien nicht von Adidas. Hirnverbranntes Gerücht? Wir haben das einmal weitergesponnen.

Bild Maler A. Paul Weber - "Das Gerücht"
Lithografie „Das Gerücht“ von A. Paul Weber (1943).

Unsere Redaktion erreichte eine sicher sehr wohlmeinende Information. „Flüchtlinge in Tegernsee verbrennen ihre Trainingsanzüge, weil sie nicht aus dem Hause Adidas stammen.“ Glauben Sie nicht? Ach was. Das ist längst nicht alles. Wir stellen da mal was klar:

  • Flüchtlinge in Tegernsee sollen einen Schatzmeister für ihren ISIS-Ortsverband suchen.
  • In Wiessee wollen Westafrikaner aus der Wandelhalle ein Voodoo-Wohnheim für Wanderprediger machen.
  • Im Lanserhof sollen während des Ramadan ältere Damen gemeinsam mit jungen Muslimen für Allah und Kleidergröße 38 diäten.
  • Das Landratsamt hat mehrere Flüchtlinge für den Bereich „interne Korruption“ als Berater eingestellt. Erste Aufgabe: Wie feiere ich möglichst prächtig meine runden Geburtstage?
  • Von September an soll vom Riederstein täglich fünf Mal ein Muezzin aus Mali das Gebet ausrufen. Ein namhafter Elektriker aus Egern soll den Auftrag für die Beschallungsanlage kostenfrei übernommen haben.
  • Wenn Sie von weiteren unerhörten Entwicklungen in unserem Tal hören, lassen Sie es uns wissen.

Hier endet die Sarkasmus-Ebene. Sie betreten wieder ernsthaften Boden:
Früher war es das Vergiften von Brunnen, das Schlachten kleiner Kinder. Heute streuen Menschen im Tal wieder aus schierer Boshaftigkeit Gerüchte. Mal geht es um Flüchtlinge, dann werden seltsame weiße Transporter gesehen, deren Fahrer Kinder verschleppen sollen.

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Es passiert nicht aus Achtlosigkeit. Es ist schlimme Hetze. Es bleibt uns nur eins: Tiefe Verachtung für Menschen zu zeigen, deren Sperre zwischen Hirn und Zunge völlig porös zu sein scheint.

Anmerkung der Redaktion

Dies ist eine neue Kolumne mit dem Titel „Da lacht der Luzifer”. Unser Autor Martin Calsow wurde ob eines kirchenkritischen Kommentars kürzlich am Telefon als „Antichrist” beschimpft. Daraus entstand die Idee für diese Kolumne. In loser Folge werden künftig Calsow und weitere Gastschreiber satirisch-ernst das Talleben kommentieren.

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