„Warten auf den ersten Toten“

Es stand zwar nicht auf der Agenda der Sondersitzung des Gemeinderats, dem es eigentlich um Strüngmanns Hotelprojekt ging, doch es führte zur einer lebhaften Diskussion über Parteigrenzen hinweg: die Radl-Rüpel an der Seepromenade.

Das Radfahren an der Seepromenade nimmt stetig zu – der Gemeinderat sieht ein Problem / Quelle: Klaus Wiendl

Das Thema kochte bereits Ende Juli im Bauausschuss hoch. Denn die Konflikte zwischen rücksichtslosen Bikern und Fußgängern brachten ein Verbot für Radler wieder an den Ratstisch. Erst im Juni 2017 hatte der Gemeinderat das Radfahrverbot an der Seepromenade aufgehoben. Schon damals war die Entscheidung mit 9:6 Stimmen äußert knapp und umstritten.

Seitdem aber haben sich mit der rasanten Zunahme von E-Bikes die Beschwerden im Rathaus deutlich erhöht. Von rücksichtslosen Radl-Rüpeln, die Kinder und Senioren zackig umfahren und in Gefahr bringen, weiß man in der Verwaltung zu berichten. „Das Radfahren an der Seepromenade wird immer dramatischer“, sagte Höß gestern im Gemeinderat. Auch wenn er jetzt noch keinen Beschluss wolle, so sah er sich doch zum Handeln genötigt.

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Geänderte Beschilderung

Ab sofort sollen die Schilder mit Fußgängern, die das Radfahren erlauben, bei schmalen Wegen an der Seepromenade abgebaut werden. Damit tritt beispielsweise bei der Engstelle am Strandbad Grieblinger wieder die Bannmeile für Radfahrer in Kraft. Schon bis 2017 mussten Biker im Norden Wiessees über die Adrian-Stoop-Straße in Richtung Lindenplatz und von dort über die Seestraße nach Abwinkl strampeln. Diesmal will Höß zunächst an den Engstellen am See die Radler aussperren. Von dieser Maßnahme erhofft er sich, „dass hier etwas Entspannung einkehrt“. Der nächste Schritt sollte dann in aller Ruhe vorbereitet werden.

„Da die nächste Gemeinderatssitzung erst nach den Sommerferien stattfinden werde“, gab Klaudia Martini (SPD) zu bedenken, könnte man doch gleich einen Beschluss fassen. Doch Widerspruch kam auch von ihrem Fraktionskollegen und Tischnachbarn Bernd Kuntze-Fechner. „Wir sollten heute darüber nicht abstimmen“. Denn er erfinde die vorläufige Maßnahme von Höß, die Konfliktstellen zu entschärfen, „vorerst richtig“. Denn es gebe im Augenblick Tendenzen, das Radfahren um den See zu verbessern. Kuntze-Fechner fand „es schade“, wenn man die Radfahrer mit einem „ad hoc-Beschluss“ wieder vertreibe, „weil wir alle mal einen Radler gesehen haben“. (Lange Entrüstung am Ratstisch) Er plädiere dafür, dass die Radler am See bleiben sollten. Eine Kontrolle werde man ohnehin „nicht schaffen“. Es sei eine „Errungenschaft“, dass man mit dem Rad um den See komme.

Kommt die Wende für Biker an Wiessees Flaniermeile?

„Wir warten auf den ersten Toten, dann machen wir eine Sondersitzung“, erregte sich Ingrid Versen (CSU). „Wenn Sie, Frau Versen, nicht mehr radeln, ist es für alle besser“, konterte Kuntze-Fechner. Er sei derjenige gewesen, der das Problem in den letzten zehn Jahren immer wieder auf den Tisch gebracht habe, erinnerte Kurt Sareiter (CSU). Zwar sei die „provisorische Lösung“ von Höß in Ordnung, aber „endlich kommt die Wende“. Wenn auch womöglich erst in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen. „So wie jetzt kann es dort nicht mehr weitergehen“. Man könne doch nicht warten, „bis wirklich was passiert“.

Entschuldigend sagte Höß, die Zuständigen von Polizei und Landratsamt hätten die Gemeinde damals zur Fahrerlaubnis für Radler geraten. Da auch sie ihre Überlegungen weiterentwickeln würden, sollte man die Fachleute einbinden. „Ich war damals dafür“, räumte Brigit Trinkl (Wiesseer Block) ein. Doch inzwischen sehe auch sie, das „dort unten läuft nicht mehr“. Sie erinnerte daran, dass eigentlich eine bessere Beschilderung vereinbart worden sei. Doch ein Urlauber würde nicht dauernd auf Schilder achten, wusste sie aus eigener Erfahrung.

Fritz Niedermaier aus der eigenen Fraktion empfahl ein „Verkehrskonzept“ von Fachleuten, um Gefahrenpunkte zu entschärfen. Als Beispiel nannte er den Arbeitskreis in Gmund. Wenn „irgendjemand glaube, die Radler würden weniger“, so Niedermaier, „dann täuscht er sich gewaltig“. Auf den Zug müsse man „auf- und nicht abspringen“. Rolf Neresheimer (ranBW) hätte nichts dagegen, wenn das Rad als „Transportmittel zum See“ genutzt aber dann abgestellt werde. Das Fahren schneller als Schritttempo sollte „strafbewehrt“ werden. Beim Versuch von Höß, die von ihm losgetretene Diskussion wieder einzufangen, musste er sich sagen lassen, „das Konfliktpotenzial ist noch nicht beseitigt“. Man müsse die „nächsten Schritte genau vorbereiten“, beendete Höß den Streit.

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