Was erwartet Rzehak, Bierschneider und Co.?

Die damaligen Verwaltungsräte der Kreissparkasse (KSK) dürften das Urteil in der Miesbacher Amigo-Affäre mit großem Interesse verfolgt haben. Schließlich nahmen sie ebenfalls an den luxuriösen Fahrten teil. Ihr Verfahren wurde vergangenes Jahr abgetrennt. Wird es jetzt aufgerollt?

Georg Bromme und Jakob Kreidl wurden gestern verurteilt. Doch was ist mit den anderen Verwaltungsräten der Kreissparkasse? / © Peter Kneffel, dpa

Das Urteil der Wirtschaftskammer gestern machte deutlich, dass es vor allem die sündteuren Reisen des Verwaltungsrats und der Bürgermeister waren, die dem Organisator, Ex-Sparkassenchef Georg Bromme, wie den Teilnehmern auf die Füße fielen. Vor allem Bromme und Jakob Kreidl als Ex-Vorsitzender des Verwaltungsrats bekamen für die Fahrten nach Wien, ins Stubai und nach Interlaken deutliche Einzelstrafen.

Auch der Richterspruch gegen den bis vor kurzem Mitangeklagten Roland Böck zeigte schon die Tendenz. Der kurzzeitige Ex-Vorstand nahm nur an der dreitägigen Fahrt des Verwaltungsrats mit Ehefrauen im April 2011 nach Wien teil. Da man an nichts sparte, entstanden Kosten von 46.000 Euro für die KSK. Böck erhielt Ende Januar wegen Beihilfe zur Untreue eine Verwarnung und eine Geldstrafe auf Bewährung von 6.000 Euro.

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Freiheitsstrafen auf Bewährung bekamen die, die nach Ansicht des Gerichts von Anfang an wussten, dass dabei mehr touristische Ziele im Programm waren als Kontrollaufgaben der Kreissparkasse. Für den „unangemessenen Aufwand“ bekam Bromme eine Einzelstrafe von acht Monaten Haft auf Bewährung. Er hatte bereits 2010 in Absprache mit dem damaligen Chef des Verwaltungsrats, Jakob Kreidl, die Reise geplant. Diesen bedachte das Gericht nun allein für Wien mit sechs Monaten Haft auf Bewährung.

„Italien ist als Reiseziel auch sehr schön“

Doch Kreidls gesamter sechsköpfiger Verwaltungsrat samt Ehefrauen fuhr nach Wien. Dies waren Andreas Auracher, Josef Bichler, Josef Bierschneider, Rainer Kathan, Michael Pelzer und Wolfgang Rzehak. Sie wussten, was sie erwartet. Denn das Programm hatte ihr Vorsitzender Kreidl mit Bromme bereits 2010 in einem Schreiben laut Gericht ausgearbeitet. Es sei nur um die Suche eines „lohnenden Reiseziels“ gegangen.

Auch Italien wurde erwogen, „wo es um die Jahreszeit auch sehr schön ist“. Für das Gericht war damit ersichtlich, dass es nicht um eine „sachliche Sitzung“ ging, die auch in Miesbach hätte stattfinden können, sondern ein touristischer Event im Vordergrund stand. Die dreitägige Fahrt sei eine grobe Pflichtverletzung der „Täter Bromme und Kreidl“ zu Lasten der Kreissparkasse gewesen. Deshalb komme hier für das Gericht die täterschaftliche Untreue in Betracht.

War Wien für die Wirtschaftskammer unter Vorsitz von Alexander Kalomiris der „eindeutigste Fall“, so ist die Bürgermeisterfahrt am 20. April 2012 ins Grand-Hotel von Interlaken der „schwerwiegendste“. Immerhin verursachten die Landkreisbürgermeister sowie der Vorstand und Verwaltungsrat der KSK Kosten von 85.000 Euro. Unbestreitbar sollte es laut mündlicher Urteilsbegründung von Kalomiris eine Abschiedsfahrt für Bromme mit einem luxuriösen Hotel und einem entsprechenden Programm sein. „Was man da macht, ist völlig egal“.

Daher habe die Reise „erhebliche touristische Teile gehabt“. Der Bezug zur KSK und deren Beteiligung am Skigebiet Sudelfeld als Begründung der Reise sei „allenfalls locker“ gewesen. Auch Zeugen, die mitfuhren, hätten angegeben, dass man die Vorträge genauso gut auch in Miesbach hätte halten können. „Weder Fahrt noch Kosten waren angemessen“.

„Das Kind war schon in den Brunnen gefallen“

Dies könnte auch den sechs Verwaltungsräten zum Nachteil gereichen. Denn weder ihr Vorsitzender noch sie als Kontrollgremium haben eingegriffen. So bekam Kreidl als Einzelstrafe dafür acht Monate Haft auf Bewährung, bei Bromme waren es elf Monate. Da Martin Mihalovits die Reise mit seinem Amtsantritt am 1. April 2012 nicht unterbunden habe, „da das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, so Kalomiris, verurteilte er Brommes Nachfolger zu einer Geldstrafe von 24.000 Euro auf Bewährung.

Abheben von den Reisen nach Wien und Interlaken würde sich die Fahrt des Verwaltungsrats 2011 ins Stubai, so Kalomiris. Denn grundsätzlich seien Sitzungen des Verwaltungsrats im Ausland nicht verboten, wenn es nicht „spektakuläre Ziele wie Wien und Interlaken sind“. Im Stubai hätte auch nicht das touristische Programm im Vordergrund gestanden, sondern ein „Arbeitsschwerpunkt“ mit einer ganztätigen Sitzung des Verwaltungsrats.

„Die Fahrt war zulässig, nicht aber die verursachten Kosten mit 42.000 Euro im 5-Sterne-Hotel“. Allein die Getränke beliefen sich auf 12.500 Euro. Zudem gab es auf jedes Zimmer noch auf Wunsch von Bromme Geschenkekörbe im Wert von 3.200 Euro. Mit Ausnahme von Rzehak reisten alle Teilnehmer in Begleitung ihrer Ehefrauen. Für sie gab es auf Wunsch noch Anwendungen in der „Beautywelt“. Und für Bromme wie Kreidl Geldstrafen mit 150 Tagessätzen.

Allein diese drei Reisen, an denen der Verwaltungsrat teilnahm, stufte das Gericht als Untreue-Handlungen ein. So ist nicht auszuschließen, dass die Kammer der Anklage folgt und das zweite Verfahren eröffnet. Möglich aber ist auch eine Erledigung per Strafbefehl. Sie erspart den Beschuldigten den öffentlichen Pranger.

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