Die Tagesordnungspunkte der gestrigen Kreistag-Sitzung waren bereits abgehakt, als Norbert Kerkel (FWG) das Wort ergriff. Das Bild, das der Landkreis beim Erörterungsverfahren zur Wasserschutzzone abgegeben habe, sei „nicht in Ordnung“ gewesen, begann Kerkel seine Kritik an Landrat und Verwaltung.
Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne) wollte zunächst abwiegeln, gestattete Kerkel dann aber doch eine Kurzdarstellung seines Anliegens und machte klar, dass man „keine Debatte“ führen werde. Der Kreistag sei der falsche Platz für einen „Nebenerörterungstermin“, so Rzehak vehement.
Der Vorwurf: Landratsamt hatte “vorgefestigte” Meinung
Bei dem Erörterungstermin sei der Eindruck enstanden, fuhr Kerkel fort, die Meinung des Landratsamts stehe fest. „Was da organisatorisch abgelaufen ist, war nicht okay“. Die Stadtwerke seien hofiert worden, während die Einwender in eng bestuhlten Räumen hätten sitzen müssen. Daran habe man gesehen, so Kerkel an Rzehak gewandt, welchen „Stellenwert dieser Termin in Deiner Wahrnehmung hat“. Das hätten schon die drei Tage gezeigt, die für die Zahl der Einwender keinesfalls ausreichend gewesen sei.
Es sei der Eindruck entstanden, dass bei der Thematik bewusst „nicht in die Tiefe gegangen werden sollte“. „Gerade einmal 18 Minuten standen jedem Einwender zur Verfügung“, so der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. Das zeuge nicht von „großem Erörterungswillen“. Es sei vielmehr eine „Watschn am Bürger“.
Vor allem, wenn der Landrat behaupte, es sei ihm egal, ob 10 oder 1000 Menschen gegen die Wasserschutzzone unterschreiben. Rzehak widerspricht: „Ich habe gesagt, es sei für das Verfahren gleich, ob es 50 oder 5000 Unterschriften sind“. Kerkel räumt ein, dass der dritte Verhandlungstag „ein guter Tag“ gewesen sei. Er hoffe nun darauf, die nächste Runde werde so ablaufen, dass „man ausreden darf“. Kerkel bat die Verwaltung darum, das Protokoll des Erörterungstermins zeitnah weiterzuleiten.
Es geht um viel. Für manche geht es um die Existenz. Was bei diesen Verhandlungen passiert, ist zukunftsprägend für den Landkreis.
Zustimmendes Klatschen und „Auf-die-Tische-Klopfen“ der anderen Kreisräte. Rzehak stellt sich hinter die Verwaltung: „Wir haben das gut gemacht beim Eröterungstermin.“ Jeder habe ausreden dürfen. Wie bei jeder Verhandlung sei eben „der dran, der dran ist“. Und die Zeit hätte gereicht, wenn es nicht eineinhalb Tage lang Verfahrensanträge gegeben hätte. Ein Raunen geht durch den Raum, als er hinzufügt:
Jeder, der objektiv ist, weiß, dass Du nicht die Wahrheit gesagt hast.
Die Aktion der Waakirchner FW-Landtagskandidatin Gisela Hölscher bezeichnete er als „reinen Wahlkampf“. Scharfe Kritik musste gestern auch Miesbachs Bürgermeisterin und Vize-Landrätin Ingrid Pongratz (CSU) einstecken. In der Öffentlichkeit hatte auch sie Zweifel an der fehlenden Objektivität des Landratsamts an den Erörterungstagen geäußert.
„Du bist stellvertretende Landrätin und die Chefin, wenn ich krank oder im Urlaub bin“, rügte Rzehak sie. Ein solches Misstrauen zu äußern, sei gegenüber den Mitarbeitern „alles andere als fair.“ Mit diesen Worten beendete Rzehak die Debatte. Der nächste Erörterungstermin findet am Montag, 19. November im Rottacher Seeforum statt. Die Verhandlung ist auf sechs Tage festgesetzt.
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