Wegebau im Zeichen des Klimawandels

Bagger reißen tiefe Wunden in den Gassler Berg. Die Haut der Berge wird der Forstwirtschaft geopfert. Diese beruft sich darauf, die Erschließung sei Voraussetzung zur notwendigen Pflege der Bergwälder am Tegernsee. Entsetzt sind dagegen Naturschützer über die Schneisen am Nachbargipfel der Neureuth.

Massive Eingriffe in den Gassler-Berg für den Forststraßenbau / Quelle: Markus Staudacher

Bei seiner Biketour zum Gassler Berg (1.180 Meter) sei er zuletzt „furchtbar erschrocken“, beklagt der Tegernseer Markus Staudacher. Dort finde ein „massivster Eingriff in die Natur statt“. Für eine Kurve von 20 Metern und der Forststraße von mehr als 3 Metern Breite werde der Fels abgetragen. Auch die bekannte Autorin vom Tegernsee, Susanne Heim, prangerte zuletzt die Folgen von Eingriffen in den Tegernseer Bergen mit irreversiblen Schäden an.

Nach ihren Beobachtungen führe die gewinnorientierte Bewirtschaftung der Tegernseer Bergwälder in den letzten zehn Jahren zu einer „großflächigen Zerstörung der Humusschicht“, die eine „enorme Wasserspeicherkapazität“ liefere. Auf der anderen Seite würden „für Millionen Euro Steuergelder“ die letzten naturnahen Bergwälder klimatolerant umgebaut, um Humusflächen vor dem Klimawandel zu schützen.

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Geschädigte Fichtenbestände

Der Sommer zeigte es den Wäldern Bayerns wieder: eine ökologische Katastrophe bahnt sich an. Dürre, Hitze und Borkenkäfer. Mit der Klimakrise sind auch hierzulande immer mehr Wälder in Gefahr, sagt Norbert Schäfer vom Landesamt für Vogelschutz. „Vielerorts geht es inzwischen darum, dass dort auch in 100 Jahren noch Wald wächst“. Damit man dies erreiche könne, brauche es „eine bedarfsgerechte forstliche Erschließung unserer Wälder. „Sie ist Grundvoraussetzung für die notwendige Pflege der Bergwälder und die Nutzung des wertvollen Rohstoffes Holz“, teilt auf Anfrage Christian Webert vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Holzkirchen mit.

Quelle: Markus Staudacher

„Vor allem im oberen Bereich des Gassler Berges stehen instabile, geschädigte Fichtenbestände, die dringlich gepflegt werden müssen“, so Webert „In Zeiten des Klimawandels ist die Pflege sowie ein zukunftsorientierter Waldumbau eine große Herausforderung für unsere Waldbesitzer“.

Ein weiteres großes Thema für die Waldbewirtschaftung seien die stetig zunehmenden Schäden durch Borkenkäfer. Ein schnelles Entfernen von befallenen Bäumen könne nur durch eine funktionierende Erschließung wie im unteren Teil des Weges am Gassler Berg sichergestellt werden.

Lkw-taugliche Forststraßen

Der Wegebau findet an der Nordseite des Gassler Berges statt. Er erschließt laut Webert ausschließlich private Waldgrundstücke und wird an seinem Ende bewusst nicht an ein bestehendes Wegenetz angebunden, sondern diene rein der forstwirtschaftlichen Nutzung. „Er ist als LKW-befahrbarer Forstweg konzipiert und wird nach den Richtlinien für den ländlichen Wegebau gebaut“. Demnach sei eine Fahrbahnbreite von 3 Metern und eine Kronenbreite (Fahrbahn plus beiderseits 0,5 m Randstreifen) von 4 Metern vorgesehen. „Diese Breiten sind im steilen Gelände zwingende Voraussetzung für eine sichere Befahrbarkeit“.

Von dieser Regelbreite des Weges werde aus technischen Gründen an zwei geländebedingt notwendigen Spitzkehren (Radius ca. 10 Meter) abgewichen. Nach der Richtlinie für den ländlichen Wegebau sei bei einem Kurvenradius von 10 Metern eine Verbreiterung um 3,2 Meter vorgesehen.

Kampf gegen den Borkenkäfer

Auch an Ausweichstellen, Rückegasse-Anschlüssen und Holzlagerplätzen als Bestandteile eines funktionierenden Forstwegesystems seien solche Verbreiterungen notwendig. „Eine Wegebreite von 20 Metern ist aber an keiner Stelle gegeben“, versichert Webert. „Grundsätzlich achten wir bei Planung und Ausführung von forstlichen Wegen darauf, den unumgehbaren Eingriff so gering wie möglich zu halten“.

Quelle: Markus Staudacher

Jedoch werde während der Bauphase die Wegebreite temporär überschritten. Bei der abschließenden Profilierung des Wegekörpers „wird der Kies zusammengezogen und die endgültige Breite hergestellt“. Böschungen und dann nicht mehr nötige Randstreifen würden sich im Lauf der Zeit zum Teil begrünen und ebenso wie die Stellen, in denen Borkenkäferholz geschlagen wurde, auch wieder bewalden.

Unstrittig ist inzwischen, dass tote Bäume rasch gefällt und abtransportiert werden müssen, um das Einnisten der Borkenkäfer zu verhindern. Gelingt dies nicht, bahnt sich vor dem Hintergrund des Klimawandels ein Waldsterben sondergleichen an. Vielleicht führt daher doch kein Weg am Bau von Forststraßen vorbei. Vorausgesetzt, er findet mit Augenmaß im ohnehin schon strapazierten Bergwald statt.

 

 

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