Ein Kommentar von Martin Calsow
Ein sich langsam bewegendes Tief, extrem starker Regen – Wassermengen treffen auf Hänge, auf eine enge Bebauung, die dank Oberflächenversiegelung, Tiefgaragen das Wasser statt versickern zu lassen, nur schneller werden lässt. Kleine Bäche werden zu großen Fluten, dringen in Häuser ein, reißen in wenigen Augenblicken alles mit. Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau, das waren die Katastrophen-Zutaten in NRW, Rheinland-Pfalz und am Sonntag im Berchtesgadner Land.
Und hier im Tal? Oben in den Wäldern wurden bundesstraßengroße Wege für den Forst- und Almbetrieb gezogen. Darunter eine exzessive Bebauung mit viel Versiegelung direkt neben kleinen Bächen. Die Häuser sind in die Hänge hineingedrückt worden, gern mit Pool und Garagenplatz für die Oldtimer. Hinzu kommen Tiefgaragen-Monster, ob privat oder betrieblich, tief Richtung Grundwasser gerammt.
Flächenversiegelung durch staatlich gewollte Innenverdichtung. Ging jahrelang gut. Aber jetzt kommt heftigere Zeiten: Über Tage heftiger Regen, der wenige noch freie Boden in der Besiedlung nimmt nichts mehr auf, Bäche werden zu Ströme, der Seepegel steigt… Nein, wenn etwas hier passiert, dann geschieht das mit Ansage, mit dem direkten politischen Willen der Akteure.
Hier haben wir eine Politik und eine auffallend stille Bevölkerung, die das schnelle Geld für wichtiger erachtet, die Klimawandel-Einflüsse nur jenseits der A8 wähnt. Zu viele verdienen am Bau- und Versiegelungsboom. Glaube keiner, dass sich nach den Fluten im Westen einer der Bürgermeister hinstellt und ein Umdenken im Verbauen unserer Heimat fordert.
Politische Feigheit wird langfristig bestraft
Das Tal ist also von uns nachgerade perfekt für so eine Katastrophe ausgebaut worden. Sorgt unsere Gier, unsere kurzsichtige Baupolitik, unsere Verneigung vor jedem Bauprojekt dafür, dass wir zukünftig bei jeder Starkregen-Wetterlage mit Angst in den Himmel schauen? Werden unsere Bäche die Mengen halten können, werden angrenzende Häuser und damit Menschenleben gefährdet?
Panikmache? Ist nur Wetter? Schicksal? So einen Stuss kann man nur behaupten, wenn man Statistiken, Zahlenwerk und Wissenschaft ablehnt.
Die für Öko-Agitprop unverdächtige Staatsregierung beschreibt in ihrem aktuellen Klimareport sowohl eine Zunahme an Hitzetagen als auch an Starkregen bis 2050. Je nach Klimamodell und Szenario werden bis 2050 mindestens drei zusätzliche Hitzetage jenseits von 30 Grad erwartet oder sogar bis zu elf. Mehr trockene Phasen werden erwartet und eben: mehr Starkregen!
Was tun? Bürokraten wecken..
Wir können das Kommende schicksalsergeben erwarten. Wir könnten aber auch aufgrund einer veränderten Klimasituation radikal Projekte aussetzen. Welche Nutzung des Forstes wollen wir? Wie und wo soll gebaut werden? Sei es das Almdorf in Tegernsee, die Almdisney-Dystopie vom Beton-Haslberger in Bad Wiessee oder diverse Tiefgaragenpläne in den Orten rund um den See: alles kleine Bausteine, die aus einer Krise eine Katastrophe werden lassen können.
Sollten wir das Wasserwirtschaftsamt stärker fordern, die Beamten aus ihrem Tiefschlaf holen und sie auf Basis aktueller Daten aus dem Katastrophengebiet im Westen für unsere Region neue Lehren ziehen? Sind Kanalisationssysteme überhaupt noch auf diese Mengen ausgerichtet? Wie genau hat die Bebauung und damit die Versiegelung in den Gemeinden in den letzten zehn Jahren um den See zugenommen?
Mit welchen Szenarien müssen wir an gefährdeten Plätzen wie den zahlreichen Zuläufen zum See rechnen? Wann und auf Basis welcher Regenmengen wurden Hänge das letzte Mal überprüft? Wenn wir kommunale Verwaltungen und Gemeinderäte jetzt schon den öffentlichen Fokus auf diese Fragen richten, können zukünftigen Katastrophen gemildert, vielleicht Leben geschont werden.
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