Wird der „Kreuther Mordprozess“ neu aufgerollt?

Zwischen drei und sechs Jahren Haft – so lauteten die Urteile vor knapp drei Wochen im Fall Barbara „Betty“ Böck aus Kreuth. Einen Beweis für einen Mord an der Millionärin fand das Gericht nicht. Nun hat der Bundesgerichtshof das letzte Wort, nachdem Verteidiger und Staatsanwaltschaft das Urteil anfechten.

Was passierte wirklich mit Betty Böck?

Vom Vorwurf des Mordes an „Betty“ wurde Renate W. am 12. Juni vom Landgericht München II freigesprochen. Verurteilt wurde die 53-Jährige jedoch wegen Diebstahls zu einer Haftstrafe von sechs Jahren. Richter Thomas Bott sah es als erwiesen an, dass die Gesellschafterin die Villa der früheren Antiquitätenhändlerin als Drahtzieherin mit Hilfe von drei Männern Anfang des Jahres 2016 ausgeräumt hat.

Denn als buchstäbliche Schlüsselfigur habe sie den Schlüssel zur Villa besorgt und die Diebstähle wertvoller Antiquitäten organisiert. Die Staatsanwaltschaft hatte der 53-Jährigen zudem vorgeworfen, die 95-Jährige danach mit einem Kissen erstickt zu haben, um die Diebstähle in Millionenhöhe zu vertuschen. Die Anklagebehörde hatte deswegen lebenslange Haft wegen Mordes gefordert. Die Strafkammer argumentierte aber, es gebe keinen eindeutigen rechtsmedizinischen Beweis dafür, dass die demenzkranke Frau erstickt worden sei. Auch ein natürlicher Tod komme infrage.

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Alles hängt am Bundesgerichtshof

Zwei der drei Mitangeklagten – Hausmeister Georgiev Z. und der Rottacher Antiquitätenhändler Peter P. – wurden wegen Diebstahls zu Haftstrafen von vier Jahren und neun Monaten sowie von drei Jahren verurteilt. Der Ehemann der 53-Jährigen bekam eine Haftstrafe von einem Jahr zur Bewährung wegen Begünstigung. In allen vier Fällen ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da Rechtsmittel eingelegt wurden, auch von der Staatsanwaltschaft, wie die Tegernseer Stimme erfuhr.

Nachdem Peter P. gleich nach dem Urteilsspruch ankündigte, durch „die Instanzen zu gehen“, haben dies alle Verteidiger vor, wie dies exemplarisch Rechtsanwältin Annette Wunderlich auf Nachfrage erklärte. Ihr Mandant ist der bulgarische Hausmeister Z., der in Böcks Villa eine Einliegerwohnung hatte.

Natürlich haben wir Revision eingelegt, damit das Urteil von vier Jahren und neun Monaten vom BGH nochmals überprüft wird. Denn wir sind anderer Auffassung als das Gericht, vor allem bei der Strafzumessung.

Ob dies der BGH auch so sehe, „wird sich zeigen“. Das Urteil bedauere sie für ihren Mandanten, da Z. im Tegernseer Tal ziemlich bekannt und angesehen sei. Sie habe auf Freispruch plädiert, da sie nicht vom Vorwurf des Bandendiebstahls ausgegangen ist. „Eine Bande war es nicht“. Auch im Gegensatz zum Urteil, das von „unbenannten Regelbeispielen“ ausgehe, strafverschärfend besonders schwere Fälle, seien es für sie nur Einzeldiebstähle. Diese hätten eine ganz andere Strafzumessung ergeben.

Jetzt könne man nur auf die Revision hoffen, ob diese zugelassen werde. „Die Chancen dafür sind aber relativ gering“, räumt Wunderlich ein. Sie verweist darauf, dass „mein Mandant schon über zwei Jahre in U-Haft sitzt und hofft, dass ihm der Halbstrafenzeitpunkt eingeräumt wird“, eine vorzeitige Entlassung. Zunächst aber brauche die Verteidigung das schriftliche Urteil, was ein paar Wochen dauern dürfte. Wunderlich: „Dann müssen wir die Revision begründen“.

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